1460 - Lockruf des Trolls
sprangen sie an. Judith riss noch ihre Arme hoch, doch das half ihr nicht. Die beiden Zwerge wuchteten gegen sie. Hässliche Köpfe, grüne Augen. Judith glaubte, sich in einem Albtraum zu befinden.
Hinter sich hörte sie das Poltern auf der Treppe und auch die wilden Schreie des Künstlers.
Judith schlug um sich. Sie glaubte auch, Schüsse zu hören, dann erhielt sie einen Schlag gegen die Stirn, der sie bis gegen die Wand schleuderte. Dort fing sie sich wieder. Ihr Atem war zu einem wilden Keuchen geworden. Sie sah nicht mehr, was mit ihrem Sohn geschah, sie schlug nur noch um sich, als sie die Krallen sah, die nach ihr griffen. Ihre Kleidung ging in Fetzen. Scharfe Nägel fügten ihr Wunden zu. Jemand riss ihren Kopf zurück. Zähne hackten in ihren Hals, und trotz der weit aufgerissenen Augen sah sie nur schattenhafte Bewegungen. Da tauchten Fratzen für einen Moment auf, sie glotzte in Mäuler hinein, die wieder verschwanden.
Judith riss in ihrer Verzweiflung die Hände vor ihr Gesicht, um wenigstens die schlimmsten Attacken abzuwehren.
Sie schaffte es.
Oder es waren andere, die ihr dieses Gefühl gnädiger Erlösung verschafften, denn niemand griff sie mehr an.
»Mrs. Hill! Verdammt, Mrs. Hill!«
Sie schüttelte den Kopf, als sie die Stimme des Malers hörte. Sie brachte sie zurück in die Wirklichkeit, und ihre Gedanken waren sofort wieder bei Timmy.
Sie schrie den Namen so laut, dass der vor ihr stehende Peter Login zurückzuckte.
»Timmy!«
Wieder dieser Schrei.
Sie sah die Kinderkarre. Sie stand nicht mehr an derselben Stelle, sondern war nach vorn bis zur Tür geschoben worden, wo sie den Ausgang versperrte.
Judith Hill schrie nicht mehr.
Sie sah dafür mit Schrecken, was passiert war, und ihre Lippen bebten. Sie sprach nicht laut aus, was sie dachte. Doch an ihren Lippen hätte ein Fachmann ablesen können, was sie sagte.
Timmy ist weg!
Darin brach sie zusammen…
***
Es waren einige dieser verdammten Trolle, und sie waren alles andere als langsam. Sie huschten durch die natürliche Deckung der Büsche, und sie bewegten sich dabei im Zickzack.
Neben mir stand Justine mit angeschlagenem Gewehr. Sie wollte jetzt nicht mehr aus der Hüfte schießen. Sie presste die Waffe gegen ihre Schulter und zielte genau.
Ich hielt längst meine Beretta in der Hand, feuerte allerdings noch nicht, denn es war verdammt schwer, wenn nicht gar unmöglich, einen der huschenden Trolle zu treffen.
Sie wussten genau, was sie taten. Ihr Zickzacklauf brachte auch die Cavallo in Schwierigkeiten. Ich hörte sie fluchen, dann feuerte sie zweimal, traf auch, allerdings nur den Boden, wo die beiden Kugeln Erdstücke in die Höhe schleuderten.
Wir hatten uns beide geirrt. Es hatte nur nach einem Angriff der Trolle ausgesehen. Tatsächlich hatten sie es gar nicht auf uns abgesehen. Sie drehten ab, noch bevor sie uns erreicht hatten, aber das wollte Justine nicht zulassen.
Ich hörte ihren Schrei. Dann schleuderte sie das Gewehr weg und rannte los. Sie hatte sich einen Troll ausgesucht, und sie war verdammt schnell. Ich hatte sie schon oft so erlebt. Sie lief schneller als der schnellste Mensch laufen konnte. Dass sie nicht flog, war fast ein Wunder.
Der Troll hatte keine Chance, auch wenn er sich bewegte wie ein Hase. So viele Haken konnte er gar nicht schlagen, und ich sah, wie sich Justine während des Laufens nach rechts bückte, den Arm ausstreckte und ihn sofort danach wieder anhob.
Diesmal war die Hand nicht leer. Sie hatte den Troll voll im Griff, der zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er schlug mit Armen und Beinen um sich, aber Justine ließ ihn nicht los. Ihr Griff war eisenhart. Da konnte sich der Troll noch so heftig wehren, wie er wollte. Er konnte sich aus dieser Klammer nicht befreien.
Justine drehte sich um und kam auf mich zu. Ihr Gesicht zeigte ein hartes Lächeln, als sie sich mir näherte und den gefangenen Troll mit ausgestrecktem Arm vor sich hielt.
Der wehrte sich immer noch. Ich hörte seine spitzen Schreie und sah den großen Kopf mit den grünen Augen, die aussahen wie geschliffene Smaragde.
Aber ich sah auch das Gebiss, in dem zwei spitze Zähne besonders auffielen. Eben wie bei einem Vampir, wenn der sein Maul zum Biss aufgerissen hatte.
Der Troll schüttelte sich. Er versuchte es immer wieder, nur bekam er keine Chance. Justine hielt ihn eisern fest.
»Da, schau ihn dir an, Geisterjäger. Wer ist er? Wo kommt er her? Kennst du ihn?«
»Nein!«
Sie lachte scharf. »Und er
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