1460 - Lockruf des Trolls
gefährlich.«
»Ja, das stimmt. Und so denken die Menschen hier im Ort ebenfalls. Sie schützen sich. Sie sperren ihre Kinder ein, wenn die Trolle mal wieder auf Beutezug sind.«
»Okay, das habe ich verstanden. Aber sie können nicht einfach aus der Luft nach unten auf den Erdboden gefallen sein. Das kann ich einfach nicht glauben.«
»Klar, so ist das auch nicht.«
»Und welche Erklärung können Sie anbieten, Mr. Login?«
»Keine.«
Ich breitete die Arme aus. »Tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht glauben.«
Er zuckte zusammen. »Warum nicht?«
»Weil Sie sich mit den Trollen beschäftigt haben. Ihre Bilder sagen das aus.«
»Das stimmt. Ich habe sie ja gesehen. Ich bin nicht der Einzige hier aus dem Ort. Wenn die Trolle auf Beutezug sind, dann machen sie sich nicht unbedingt unsichtbar. So sind auch andere Menschen Zeugen geworden. Das alles ist schon richtig. Nur will man es nicht zugeben. Man ignoriert es. Man spricht nicht einmal mit dem Nachbarn darüber, wenn man Schutzmaßnahmen ergreift. Ich wohne schon einige Jahre hier im Ort und muss Ihnen sagen, dass es mit dem Nachwuchs nicht gut aussieht. Kinder sind hier lange nicht mehr geboren worden. Das kann man sich abschminken. Man hat eben seine Konsequenzen gezogen.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen. Die Trolle haben also keine Beute mehr zu erwarten.«
»So ist es.«
»Und trotzdem sind sie hier«, sagte ich.
»Leider.«
»Warum?«
»Sie geben nicht auf. Sie beobachten. Wir Menschen sind doch Feinde für sie. Es gibt nur wenige, die sich gegen sie aufgelehnt haben. Ich kann mir vorstellen, dass sie sich jetzt auf die Erwachsenen konzentrieren, die ihnen durch das Verschwinden der Kinder die Lebensgrundlage genommen haben.«
»Ja, das könnte stimmen.«
»Eben. Sie verstecken sich, aber sie beobachten. So haben sie gesehen, dass Judith Hill zu mir kam.« Login verdrehte die Augen. »Und sie brachte noch ihr Kind mit. Verständlich, denn sie erzieht den kleinen Timmy allein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht voraussehen können, bin aber trotzdem froh, dass Al McCormick es geschafft hat, Sie herzulotsen, und Sie jetzt hier sind, Mr. Sinclair.«
»Ja, das ist wohl wahr«, sagte ich.
Er hatte meinen anderen Tonfall bemerkt und fragte: »Stimmt da etwas nicht?«
Ich verzog die Lippen. »Leider, Mr. Login. Es hat bereits ein Opfer gegeben.«
»Wen? Sie reden nicht von Timmy – oder?«
»Nein.« Ich räusperte mich. Die Wahrheit auszusprechen fiel mir schwer. »Es ist Al McCormick.«
»Nein!«
»Leider doch.« Ich nickte.
Peter Login verlor auch den Rest seiner Gesichtsfarbe. »Aber das kann nicht sein! Ich bin noch vor Kurzem mit ihm zusammen gewesen, verdammt noch mal.«
»Das mag sein, aber ich habe Sie wirklich nicht angelogen. Dafür gibt es gar keinen Grund.«
Er sagte nichts mehr, rieb mit seinen Fingern über den Stoff der Hose und flüsterte schließlich: »Wo ist es denn geschehen?«
»Wir fanden ihn tot vor seinem Wohnmobil.«
»Wir?«
»Ja, ich bin nicht allein. Draußen hält noch eine Kollegin Wache.«
Peter Login schluckte. »Und Sie sind sicher, dass es die Trolle waren?«
»Verlassen Sie sich darauf.«
Er starrte mich an. »Wenn das so ist, muss ich auch damit rechnen, von ihnen angegriffen zu werden.«
»Ausschließen kann man es nicht. Sie müssen irgendwie gemerkt haben, wer ihre Feinde hier sind. Da haben sie entsprechend reagiert. So ist das nun mal.«
Er griff zur Flasche und trank sie leer. Dann schaute er wieder zu Boden. Er wischte über sein Gesicht, schüttelte den Kopf und blickte auf seine zittrigen Hände.
»Es ist alles verloren«, sagte er mit müder Stimme. »Es ist wirklich alles zusammengebrochen. Dabei habe ich gedacht, dass sich mit Ihrem Erscheinen die Dinge ändern würden.«
»So war es leider nicht. Aber wir werden die Flinte nicht ins Korn werfen. Es ist vor allen Dingen wichtig, dass wir den Jungen finden und zurückholen. Und deshalb frage ich Sie, Mr. Login, wo könnte Timmy sein? In welches Versteck werden die Trolle ihn bringen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Sie kennen sich also nicht aus?«
Er wiegte den Kopf. »Zumindest nicht so gut, wie man sich auskennen müsste, um etwas gegen sie zu unternehmen.«
»Aber wir können schon davon ausgehen, dass sie sich hier in der Nähe aufhalten?«
»Klar. Sie haben ihre Augen überall.«
»Und sie müssen ein Versteck haben, in das sie ihre Opfer schleppen.«
»Ja.«
Ich fühlte mich leicht frustriert, weil ich zu
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