1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer
Sheila hinab, die noch immer kniete, den Kopf gedreht hatte und zu mir hoch schaute. Ich sah den angespannten Ausdruck in ihrem Gesicht, aber auch die Angst in den Augen, wobei dieses Gefühl allmählich wich.
»Er ist tot, John, aber es ist nicht Bill.«
»Okay, sieh das als gutes Omen an.«
»Muss ich ja wohl.«
Ich schaute mich nach weiteren Angreifern um, aber da war keine Gefahr mehr zu entdecken. Deshalb wollte ich mir die Erschossenen ansehen. Dass im Hintergrund noch eine Frau im Sessel saß und leise weinte, registrierte ich mehr nebenbei. Im Moment war sie für mich noch nicht wichtig. Das würde sie erst später werden.
Beide Schädel waren zertrümmert worden, und als ich jetzt den Kopf senkte und mit meiner kleinen Lampe das Ziel anleuchtete, da krampfte sich für einen Moment mein Magen zusammen.
Die eine Hälfte des Kopfes war noch vorhanden. Oder sogar noch mehr. Aber es war ein normaler Kopf und kein Skelettschädel mehr.
Nach dem Schuss hatte er sich wieder verwandelt.
Bei der zweiten Gestalt sah ich das Gleiche, und nun stand für mich fest, dass in diesem Fall eine schwarze Magie ihre Hände im Spiel hatte.
Eine mörderische und gewaltige Kraft, der sich mein Freund Bill Conolly gestellt hatte. Mir rann es kalt den Rücken hinab. Ich merkte, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht zu stark zu zittern. Es war eben alles ein wenig plötzlich und unerwartet gekommen.
Dabei hatten Sheila und ich nur Bill finden wollen, weil sein plötzliches Verschwinden nicht zu erklären gewesen war.
Nach einigen Recherchen hatten wir herausgefunden, wo sich Bill aufhielt. Dabei geholfen hatte uns der schmierige Privatdetektiv Frank Jackson, der noch draußen im Rover hockte. Jackson hatte Bill den Tipp gegeben, sich hier im Haus umzuschauen, weil hier die Séancen der besonderen Art abliefen.
Das dem so war, wusste ich jetzt, aber ich hatte nicht mit dem Potenzial an Gewalt gerechnet, das uns hier erwartet hatte.
Auf der einen Seite musste man es als positiv ansehen. So konnten wir uns darauf einstellen.
Sheila war wieder aufgestanden, hielt sich aber noch neben der Leiche des älteren Mannes auf.
»Ich habe ihn noch nie gesehen, John. Du?«
»Ich auch nicht.« Ich drehte mich um und fuhr fort: »Wir haben eine Zeugin, und das wird einiges ändern.«
»Sicher.« Auch Sheila schaute sich jetzt die beiden Typen an, die sich während ihrer Vernichtung verändert hatten. Von der Kleidung und der Gestalt her sahen sie aus wie Leibwächter, und das waren sie wahrscheinlich auch gewesen. Aber nicht mit Knochenschädeln auf den Hälsen. Ich ging davon aus, dass sie in der Lage gewesen waren, ihren Zustand sehr schnell zu verändern.
»Lass mich erst mal mit ihr reden«, bat Sheila und wischte eine Haarsträhne aus ihrer Stirn.
»Gut.«
Ich wartete im Hintergrund. Es gab nicht nur den einen Sessel im Raum. Sheila schob einen zweiten heran und legte behutsam eine Hand auf die Schulter der Weinenden.
Sie sprach beruhigend auf sie ein, und ich als Beobachter merkte, dass die dunkelhaarige Frau sehr schnell Vertrauen zu Sheila Conolly fasste. Als sie nach ihren Namen gefragt wurde, sagte sie mit leiser Stimme: »Mona.«
»Ich bin Sheila, und ich bin hergekommen, um jemanden zu finden.«
Mona drehte den Kopf. »Wen wollten Sie finden?«
»Bill, meinen Mann.«
Mit einem Schrei als Reaktion hatten weder Sheila noch ich gerechnet, aber wir hatten ihn uns auch nicht eingebildet. Er war aus Monas Mund gedrungen und hatte den Schrecken transportiert, den die Frau mit den dunklen Haaren in diesem Moment fühlte.
Sheila warf mir einen Hilfe suchenden Blick zu. Ich löste mich aus dem Hintergrund und blieb bei den Frauen stehen.
Mona schaute mich an. Ich erklärte ihr, wer ich war. Sie nickte mit ausdruckslosem Gesicht. Möglicherweise hatte sie nicht richtig zugehört, aber das war jetzt egal.
Ich nahm auf der Lehne von Sheilas Sessel Platz und fragte: »Sie kennen Bill?«
»Ja, und ihn auch.« Dabei deutete sie mit ihrer zitternden Rechten auf den Toten. »Das ist Sir Walter.«
»Gehörte er auch zu Ihrem Kreis?«
»Ja.«
»Und wer noch?«
»Erskine und Bill.«
»Gut, Mona. Können Sie uns auch sagen, wo wir die beiden finden?«
»Nein, ich glaube nicht. Ich weiß nur, dass sie mitgenommen wurden.«
»Von wem?«
»Von dem Skelett.« Sie sprach jetzt schneller weiter, und die Antwort war für uns wie ein Hieb in den Magen. »Ich glaube, dass er sie mit in das Totenreich genommen hat. Oder ins
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