1464 - Das Phantom von Phönix
CIMARRON und KARMINA: Da konnte nichts mehr schiefgehen. Der Angreifer würde vernichtet werden.
Sie ließ sich von der Automatik ein Glas Wein herrichten. Es war ein echtes Getränk, kein synthetisches: bereitet aus den Trauben, die am Südwesthang der Küstenberge von Bonin wuchsen. Sie nahm einen Schluck der golden schimmernden Flüssigkeit, empfand sie als zu sauer und setzte angewidert den Becher ab. Sie stand auf und ging unruhig im Raum auf und ab. Sie blieb am Fenster stehen und warf einen Blick hinauf in den hellen, sternenübersäten Himmel. Sie war mit sich selbst unzufrieden. Da draußen tobte ein Kampf ums Überleben, und sie tappte hier herum und hatte nichts anderes zu tun, als sich über einen Becher Wein aufzuregen, der gewiß ganz normal geschmeckt hätte, wenn er ihr unter normalen Umständen vorgesetzt worden wäre.
Sie überlegte sich, ob sie mit Ronald sprechen sollte, und verwarf den Gedanken wieder. Ronald war beschäftigt. Er hatte keine Zeit, sich mit seiner Frau zu unterhalten. Er trug seinen Teil dazu bei, daß die Cantaro Phönix nicht in Schutt und Asche legten. Gab es nichts, was sie zu dieser Anstrengung beitragen konnte?
Es fiel ihr plötzlich auf, daß sie Irmina Kotschistowa seit wenigstens einer halben Stunde nicht mehr gesehen hatte. Die Mutantin bewohnte eines der Gästezimmer des Hauses. Ihr Wohnraum war ebenfalls mit Kommunikationsgeräten ausgestattet. Wahrscheinlich verfolgte sie die Raumschlacht. Sie war in letzter Zeit schweigsam geworden und vermittelte den Eindruck, daß sie lieber allein als in Gesellschaft war.
Verständlich, wenn man bedachte, welches Schicksal ihr zuteil geworden war. Den Verlust eines Zellaktivators verwand so schnell niemand. Dennoch empfand Jennifer die Notwendigkeit, nach der Mutantin zu sehen. Vielleicht war es auch nur die Einsamkeit der Nacht, die in Wirklichkeit so ereignisvoll war, die sie dazu trieb, Gesellschaft zu suchen.
Sie war auf dem Weg zu Irminas Zimmer, als sie das Geräusch an der vorderen Eingangstür hörte. Sie blieb stehen. Es gab keinen Grund, etwas zu befürchten. Die Bürger von Mandalay waren friedlicher Gesinnung, und wenn irgend jemand sich dennoch gewaltsam Zutritt zu schaffen versuchte, würde der Alarm ansprechen.
Sie wartete. Jemand machte sich am Eingang zu schaffen; soviel war deutlich zu hören. Die Tür knirschte in den Angeln. „Wer ist da?" rief sie.
Daraufhin war ein paar Sekunden lang Ruhe. Dann begannen die Geräusche von neuem. Sie bedachte die Alternativen, die ihr zur Verfügung standen: Ronald alarmieren, aber Ronald war mit der Raumschlacht über Phönix beschäftigt. Sich eine Waffe besorgen. Das war's! Sie konnte sich wehren. Sie konnte überdies Irmina Bescheid sagen. Die Mutantin mit ihren metabiotischen Fähigkeiten war eine überaus wertvolle und nützliche Verbündete.
Jennifer stürmte davon.
Das war der Augenblick, in dem die vordere Eingangstür berstend und splitternd zusammenbrach.
Sie wandte sich um und blieb stehen, vor Entsetzen erstarrt. „Einer hin und noch zwei vor uns!" Roi Danton schrie's voller Begeisterung. Die Geschütze der ODIN spie aus allen Rohren. Die Einheiten der Freihändlerflotte und des Tarkan-Verbands stürzten sich auf den ohnehin verunsicherten Gegner. Die Transformkanonen der ODIN hatten eines der cantarischen Schiffe im ersten Anflug zerblasen. Die gegnerischen Bordcomputer waren noch zu sehr auf die Attacke der Raumjäger und das mörderische Abwehrfeuer der Raumforts konzentriert, als daß sie den Anflug der aus dem Ortungsschatten der Sonne hervorbrechenden Schiffe rechtzeitig hätten erfassen können. Und kaum waren die ODIN, die CIMARRON und die KARMINA über ihnen aufgetaucht, schossen von Phönix, Styx, Porta und Ultima 12 weitere Einheiten auf das dezimierte Häuflein der Angreifer zu.
Die cantarische Technik war denen der Verteidiger immer noch überlegen, obwohl auf galaktischer Seite in den vergangenen Monaten erhebliche Fortschritte erzielt worden waren. Unter normalen Umständen wären die Cantaro-Schiffe durchaus in der Lage gewesen, sich eines zahlenmäßig gleichen Gegners zu erwehren.
Aber Perry Rhodans Strategie zielte darauf ab, den Feind durch immer neue Vorstöße in Verwirrung zu stürzen.
Und sie war erfolgreich! Die Cantaro wußten nicht mehr, nach welcher Seite hin sie sich zuerst verteidigen sollten. Ihre Bordcomputer vergeudeten wertvolle, lebenswichtige Zeit, sich jeweils auf die neueste Situation einzustellen und das
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