1465 - Der Blutschwarm
ist zu klein, aber im Auto liegt noch ein anderes.«
Maxine überlegte einen Moment. »Stimmt. Wenn mich nicht alles täuscht, liegt ein Messer im Handschuhfach.«
An ihrem Plan hatte sich nichts geändert. Sie wollten zur Kirche, um das Rätsel dieses Blutschwarms zu lüften. Sie fühlten sich einfach verpflichtet, auch wenn kein John Sinclair in der Nähe war.
Aber sie hatten von ihm so viel gelernt, dass sie in der Lage waren, sich zu zweit dem Grauen zu stellen.
Carlotta konnte es kaum erwarten. Sie ging zur Tür und drängte:
»Dann lass uns gehen.«
»Ja, ja, keine unnötige Eile.«
Dass ihnen auf dem Flur jemand entgegen kam, damit war nicht zu rechnen. Sie waren die einzigen Gäste in diesem Haus, und auch auf dem Weg nach unten sahen sie keinen Menschen. Nur aus der Gastwirtschaft drang eine Welle von Stimmen, aber weder Maxine noch das Vogelmädchen verstanden, was dort alles gesprochen wurde.
Carlotta hatte die Führung übernommen. Maxine ging hinter ihr her. Nur wer genau hinschaute, der konnte die dicht angelegten Flügel unter dem weit geschnittenen Oberteil erkennen. Sie würde es mit einem Ruck abstreifen können, wenn sie fliegen wollte, denn darunter trug sie nur ein enges T-Shirt, das die Flügel nicht einklemmte.
Hoffentlich kam es nicht dazu, dass sie fliegen musste. Auch wenn sie eine Waffe besaß, es würde immer ein großes Risiko bleiben, wenn sie sich den Fledermäusen stellte.
Auf der Straße zeigte sich kein Mensch. Der Schock des Überfalls steckte den Bewohnern noch in den Knochen. Da war es besser, wenn man sich im Haus verkroch.
Da die Luft rein war, gingen sie zu ihrem Wagen, der noch immer an derselben Stelle stand.
Den beiden fiel wohl auf, dass man ihnen hinter Fensterscheiben nachschaute, und Carlotta lachte leise auf, bevor sie fragte: »Was denken die Leute wohl jetzt von uns?«
»Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt, ich möchte es auch gar nicht wissen.«
»Ich möchte gern wissen, woher diese Bestien kommen und weshalb sie angegriffen haben. Außerdem könnte es jemanden geben, der sie lenkt.«
Maxine nickte im Gehen. »Gratuliere. Du hast in der Zeit bei mir einiges gelernt.«
»Das bleibt nicht aus. Und ich will dir ehrlich sagen, dass mir mein Dasein sehr gefällt. Auch wenn es nach außen hin nicht so aussieht, aber wir heben uns schon von der Masse der Menschen ab, daran gibt es nichts zu rütteln.«
»Bestimmt.«
Sie blieben neben dem Wagen stehen und öffneten die Türen. Bevor sie einstiegen, schauten sich Carlotta und Maxine noch mal um, und sie vergaßen auch nicht, einen Blick zum Himmel zu werfen, der seine sommerliche Helle noch nicht ganz verloren hatte, aber im Begriff war, der einsetzenden Dämmerung zu weichen.
»Das könnte ihre Zeit sein«, sagte Carlotta beim Einsteigen. »Mal schauen.« Sie schnallte sich an. »Und wir stehen ganz allein, Max. Da müssen wir uns was einfallen lassen.«
Maxine öffnete das geräumige Handschuhfach und fand das Messer. Der Horngriff lag gut in ihrer Hand. Nur die lange Klinge war nicht zu sehen. Sie steckte in einer Scheide aus festem braunen Leder.
Sie klemmte es sich in den Gürtel.
»Zufrieden, Carlotta?«
»Ja, sehr.«
Maxine startete den Motor. »Ich will nur hoffen, dass wir es nicht brauchen.«
Das Vogelmädchen hob nur die Schultern. Es hatte Mühe, sich zusammenzureißen, um nicht zu zeigen, wie es in ihrem Innern aussah. Sie sah sich als diejenige Person an, die es den anderen zeigen konnte. In der Luft war sie ebenso beweglich wie sie, und sie war wild darauf, ihre selbst hergestellt Waffe einzusetzen. Fledermäuse, besonders in dieser Größenordnung, waren für sie nichts anderes als Vampire. Und Vampire musste man pfählen.
Maxine fuhr nicht schnell. Es war zudem nur ein kurzer Weg bis zur Kirche. Er führte sie durch einen Ort, der wirklich wie ausgestorben dalag und mehr an ein Freilichtmuseum erinnerte. Die abgestellten Autos, die sie sahen, schienen aus einer anderen Welt zu stammen.
Maxine warf ihrer Beifahrerin hin und wieder einen Seitenblick zu.
Sie wollte an Carlottas Gesicht ablesen, wie es in ihr aussah, aber das Vogelmädchen hatte sich gut in der Gewalt. Nicht ein Zucken durchlief das starre Gesicht.
Der Schwenk nach links. Es gab da den schmalen Weg, der zum Ziel führte. Er war leer. Kein Mensch bewegte sich auf dem rötlich schimmernden Pflaster.
An den Seiten wuchs Gras. Keine Bäumen versperrten die Sicht auf die Kirche.
Maxine war vom Gas gegangen. Der Wagen
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