1466 - Tödliche Küsse
Caines Apartment eine hündische Angst.
Der Nackte war kein Mensch mehr. Er war zu einem grauenhaften Wesen mutiert. Zu einem, das sonst nur in Horrorfilmen auftrat, für sie allerdings eine erschreckende Realität geworden war.
Mit jeder Sekunde, die verstrich, steigerte sich ihre Angst. Sie war nicht mal mehr in der Lage, einen Schrei auszustoßen, und es gelang ihr auch nicht, sich zu bewegen. Wie erstarrt hockte sie auf dem Diwan. Ihr Gesicht war nur noch eine Maske, auf der ein Film aus Schweiß lag.
Nora wusste auch nicht, an was sie das andere Gesicht erinnerte.
Sie fand keinen Vergleich, der gepasst hätte. Sie dachte an ein Tier und zugleich an die Fratze des Teufels wegen der Hörner auf der Stirn, die noch unter der Haut verborgen waren.
Was wollte er von ihr?
Bestimmt keinen Sex. Er hatte etwas anderes mit ihr vor, und allmählich kam ihr der Gedanke, dass sie in eine Falle gelaufen war.
Nicht nur in irgendeine, sondern in eine tödliche.
Sie wollte etwas sagen. Sie wollte wissen, ob er auf eine Frage antworten konnte.
Sie packte es nicht. Das Grauen war zu groß. Ihr Mund blieb verschlossen. Sie fühlte sich wie in einem engen Käfig. Ihr Herz schlug so schnell, als wollte es die Brust sprengen.
Attila tat noch nichts.
Er schaute sie an.
Als behaartes Wesen, in dem sie kaum mehr den Menschen sah. Er schien sich zurückentwickelt zu haben, als wollte er wieder zum Affen werden. Aber das war er nicht. Er hatte etwas anderes an sich, vielleicht sogar was Wölfisches.
Und er konnte sprechen.
»Ich habe dir eine Nacht versprochen oder einen Abend, den du nicht vergisst. Und jetzt ist es so weit. Ich hole mir das, was ich brauche, um weiterhin zu leben. Ich will das Menschsein genießen, und deshalb wirst du dich opfern, denn du bist lange genug ein Mensch gewesen.«
Opfern!
Dieses eine Wort brannte sich förmlich in ihre Gedanken hinein.
Opfern konnte auch sterben bedeuten, und als sie daran dachte, wurde ihre Angst übermächtig.
Eine Woge stieg in ihr hoch. Sie wusste nicht mehr, was mit ihr geschah. Gedanken an den Tod hatte sie nie verschwendet, dazu war sie zu jung, jetzt erwischten sie Nora mit einer brutalen Härte.
Vor ihr verschwamm die Umgebung. Nur schemenhaft sah sie die Gestalt vor sich und hörte wie aus weiter Ferne die Stimme.
»Es wird ein letzter Kuss werden. Dann wirst du mir deine Lebenskraft geben. Ich sauge dir das aus, was ihr Seele nennt, und ich werde weiterhin meine Existenz fortsetzen können und mich um die schönen Frauen kümmern, die mir so sehr zulaufen. Sie alle kommen freiwillig, sie wollen von mir befriedigt werden, um ihren Frust zu vergessen, und genau dafür bin ich der richtige Partner…«
Als er die letzten Worte sprach, spürte Nora Quinn bereits seine Nähe. Er musste zum Greifen nahe vor ihr stehen, und sie startete einen erneuten Versuch.
Was immer sich über ihre Augen gelegt hatte, sie wischte es einfach mit einer Handbewegung weg, sah klar und erkannte, dass sie sich nicht geirrt hatte.
Er war da und griff nach ihr!
Es war wieder dieses harte Zupacken, das Nora schon kannte. Sie setzte dem Druck auch nichts entgegen. Er drängte sie der Länge nach auf den Diwan, und sie setzte ihm keinen Widerstand entgegen. Dazu war sie einfach nicht mehr in der Lage.
Er kam über die.
Es war ein Fallen seines Körpers, der sie nicht mit seinem gesamten Gewicht traf, weil er sich zuvor abgestützt hatte. Aber er lag trotzdem auf ihr, und Nora Quinn wusste, was kam. Sie wusste auch, dass sie zu schwach war, um ihn länger hinzuhalten oder auch nur abzulenken. Es half nichts, wenn sie um ihr Leben bettelte, denn von einem Tier wie ihm konnte sie keine Gnade erwarten.
Sie hörte ihn keuchen. Etwas drang aus seinem Mund, das wie eine übel riechende Wolke sein Gesicht umhüllte. Sie war starr geworden. Keine Bewegung mehr, nur der ausdrucklose Blick in die Höhe, der genau sein verändertes Gesicht traf.
Er öffnete den Mund, schürzte dabei die Lippen, und Nora Quinn sah sein Gebiss.
Auch das hatte sich verändert. Die Zähne schienen doppelt so groß geworden zu sein. Oder es waren noch welche hinzu gekommen. So genau konnte sie es nicht sagen.
»Der Kuss!« flüsterte er mit rauer Stimme. »Der Seelenkuss. Er wird mich leben lassen. Er wird mir das geben, was in dir steckte.«
Jetzt gab Nora eine Antwort. Die allerdings bestand nur aus einem Krächzen.
Eine Hand schob sich von der linken Seite her unter ihren Körper.
Sie wurde angehoben und in
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