1467 - Landhaus der Leiden
einfach etwas unternehmen, ob es ihr nun passte oder nicht.
Sie stand noch immer sehr wacklig auf den Beinen. Das würde sich geben, und so versuchte sie die ersten Schritte – nicht in Richtung ihres Golfs, sondern auf das Landhaus zu.
Es war kein normales Gehen, es war für sie eine Quälerei. Um sie herum standen die Bäume wie Gitter in einem Knast. Aber es war wichtig, dass es sie gab, denn sie brauchte den Halt, den sie ihr gaben.
Immer wieder hielt sie sich fest, stützte oder stemmte sich ab und kam so weiter. Auf ihren Gesicht lag der Schweiß wie eine kalte Schicht. Ihr Herz klopfte schneller als gewöhnlich, und das Blut rauschte in ihren Ohren.
Aber sie gab nicht auf, auch wenn sie manchmal den Eindruck hatte, im Boden zu versinken. Zum Glück war die Übelkeit verschwunden, und das tat ihr gut.
Nur die Schmerzen im Kopf bereiteten ihr Probleme. Wenn sie auftraten, hatte sie den Eindruck, dass sie sich an einer bestimmten Stelle im Kopf sammelten, um zu explodieren. Dann hörte sie sich jedes Mal tief stöhnen.
Egal, sie musste weiter.
Und sie schaffte es. Cindy Stone sah auch, dass die Bäume um sie herum nicht mehr do dicht beisammen standen. Die Lücken zwischen ihnen waren größer geworden. Wenn sie jetzt nach einem Baumstamm greifen wollte, musste sie schon die Arme ausstrecken, um Halt zu finden.
Genau das brauchte sie nicht mehr.
Sie konnte allein und ohne Stütze laufen. Zwar schwankte sie wie eine Betrunkene, aber es ging alles glatt. Trotz des unebenen Wegs geriet sie nicht ins Stolpern.
Es war für sie ein neues Erlebnis. Sie war stolz auf sich.
Dann sah Cindy die dunklen Mauern des Landhauses vor sich.
Auch den Volvo entdeckte sie. Er war normal geparkt. Die Insassen mussten sich im Haus befinden, dessen Tür sie sich nun näherte und erkannte, dass sie nicht geschlossen war.
Umso besser!
Cindy war zu sehr darauf fixiert, das Paar zu warnen, als dass sie daran gedacht hätte, dass sich der Unheimliche, der sie niedergeschlagen hatte, im Haus aufhalten könnte…
***
Es war keine Vogelscheuche, wie Ray Malik im ersten Moment geglaubt hatte, denn eine derartige Gestalt bewegte sich nicht, im Gegensatz zu dieser.
Sie stand zwar auf der Stelle, aber ihr rechter Arm zuckte, und das hatte einen Grund, denn mit den Fingern der Hand umklammerte sie den Griff eines Messers.
Woher die Gestalt die Waffe hatte, wusste Ray nicht. Aber sie erinnerte ihn an ein Küchenmesser mit breiter Klinge, die vorn spitz zulief. Das Messer zuckte leicht hin und her.
Der Mann glotzte Malik starr an.
Der wusste nicht, was er davon halten sollte. Ihm war auch die Farbe der Haut aufgefallen. Sie hatte einen grünlichen Schimmer, und so etwas hatte er bei einem normalen Menschen noch nie gesehen. Demnach war dieser Kerl nicht normal, aber er lebte trotzdem und er war ein Mensch, verdammt noch mal.
Er wusste nicht, was er unternehmen sollte. Weglaufen war nicht möglich. Er hätte schon durch das geschlossene Fenster klettern müssen, denn der Weg zur Tür war ihm durch die mächtige Gestalt versperrt.
Die Kehle war ihm trocken geworden. Der Speichel lag wie Sand in seinem Mund. Er wollte die Gestalt ansprechen und musste erkennen, dass er keinen vernünftigen Ton hervorbrachte. Hart riss er sich zusammen. Es durfte einfach nicht sein, dass er sich hier fertig machen ließ, aber das Messer war Sprache genug. Der Typ war nicht gekommen, um mit ihm eine Partie Schach zu spielen.
Er fasste sich ein Herz, räusperte sich die Kehle frei, während er bleich wurde wie ein altes Skelett. In seinem Kopf rauschte es, und als er die Frage endlich aussprach, da kam es ihm vor, als hätte ein Fremder gesprochen.
»Wer bist du?«
Die Gestalt mit dem grünen Betongesicht bewegte ihren Mund.
Und tatsächlich hörte er die Antwort.
»Das ist mein Haus!«
Mit jeder anderen Antwort hätte Malik gerechnet, nur damit nicht.
Er schüttelte den Kopf und konnte sich einfach nicht vorstellen, wie diese Unperson dazu kam, ihm so etwas zu erwidern.
»Nein, das glaube ich nicht. Es gehört der Firma, die es mir vermietet…«
»Es ist mein Haus!«
»Ja gut, dann ist es eben dein Haus«, flüsterte Malik und streckte ihm die Arme entgegen. »Alles kein Problem, wirklich nicht. Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Wir werden hier auch nicht lange wohnen, nur ein paar Tage. Wir ziehen schnell wieder aus. Meinetwegen sofort, wenn du willst. Das ist alles kein Problem, glaub mir.«
»Keiner soll es betreten…«
»Ich
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