1467 - Landhaus der Leiden
stehen. Dass Laurie vor dem Bad gemeckert hatte, störte ihn nicht mehr. Sie war zu einer anderen Person geworden, und auf die nächsten Stunden freute er sich. Er hatte zwar noch keine Potenzmittel nötig, um eine Frau zufrieden zu stellen, dennoch hatte er die blauen Pillen sicherheitshalber mitgenommen, weil erhoffte, dass Laurie ihm alles abverlangen würde.
Ray wollte sich erst ausziehen, dann den Bademantel überstreifen und anschließend die Flasche holen.
Im Schlafzimmer angekommen, atmete er tief durch. Er öffnete den Schrank, in den er den Bademantel gehängt hatte. Bevor er aus seinen Klamotten stieg, legte er ihn aufs Bett.
Dann zog er sich aus. Es ging alles schnell und routiniert. Er wollte Laurie nicht zu lange warten lassen. Als er die dunkle Unterhose abstreifte, zuckte er leicht zusammen, weil er ein Geräusch gehört hatte.
Nicht von Laurie.
Er hielt inne.
Sekunden vergingen, aber das Geräusch wiederholte sich nicht.
Auch von seiner Geliebten im Bad hörte er nichts, und so glaubte er, sich geirrt zu haben.
Er zog auch den Slip aus, griff nach seinem Bademantel und streifte ihn über. Nur locker knotete er den Gürtel vor dem Bauch fest.
Danach drehte er sich um, schaute zur Tür – und erstarrte zu Eis.
Vor der Schwelle und schon halb in seinem Schlafzimmer stand ein Monstrum!
***
Cindy Stone lag auf dem Boden und hatte trotzdem das Gefühl, in einer Mühle zu stecken, deren Rad sich drehte und an das man sie festgebunden hatte. Sie schlug die Augen auf, aber das Gefühl wurde nicht besser. Die Welt um sie herum drehte sich, und das waren in ihrem Fall die Kronen der Bäume, auf die sie blickte.
Alles war verrückt, die Drehungen, die Schmerzen in ihrem Kopf und auch die Übelkeit. Es war eine Situation, die sie nicht kannte.
Bisher war sie noch nie niedergeschlagen worden.
Jetzt aber schon.
Und wer hatte das getan?
Sie überlegte krampfhaft, was genau geschehen war.
Es war nicht einfach, und sie blieb zunächst auf dem Rücken liegen. Die Erinnerung kehrte allmählich zurück, und plötzlich stand alles klar vor ihren Augen.
Sie war ihrem Job nachgekommen und hatte das Paar verfolgt bis zu diesem einsamen Landhaus. Dann hatte sie vorgehabt, erste Fotos zu schießen, wozu sie jedoch nicht gekommen war, denn plötzlich war diese Gestalt aufgetaucht und hatte sie niedergeschlagen.
Die Gestalt!
Cindy Stone suchte in ihrer Erinnerung danach. Sie spürte das Kribbeln in ihrem Innern. Ihr wurde kalt und auch wieder heiß. Und ihr war klar, dass diese Gestalt äußerst wichtig war.
Oder doch nicht?
War das alles nur ein böser Traum gewesen?
Nein, das war es nicht. Und sie war auch nicht selbst gegen ein Hindernis gelaufen, das sie zu Boden gestreckt hatte. Man hatte sie niedergeschlagen.
An ihrem Hinterkopf spürte sie den Druck des Baumstamms. Es war ihr jetzt endgültig klar, dass diese Gestalt, an die sie sich erinnerte, nicht aus einem Traum stammte, sondern tatsächlich vorhanden gewesen war.
Länger auf dem Boden liegen bleiben wollte sie nicht. Sie wälzte sich zur Seite und wollte aufstehen. Es reichte nur zum Hinknien, da packte sie wieder der Schwindel. Diesmal drehten sich nicht die Bäume, sondern der Boden unter ihr. Er war plötzlich zu einem dunklen Meer geworden, dessen Wellen hoch und nieder schwappten.
Und auch die Übelkeit stieg in ihr hoch. Das Gefühl, sich übergeben zu müssen, verstärkte sich in ihr. Nur mit Mühe konnte sie es zurückhalten. An einem bestimmten Zeitpunkt war Schluss. Da konnte sie nicht mehr und erbrach sich.
Aber es tat ihr gut. Nachdem sich Cindy ausgewürgt und einige Male tief Luft geholt hatte, ging es ihr besser. Jetzt bin ich wieder voll da, dachte sie, musste aber einige Abstriche machen, als sie auf den Beinen stand. Da erwischte sie der Schwindel erneut, und sie war froh, sich am Baumstamm abstützen zu können, um nicht hinzufallen.
Die Übelkeit hatte sie hinter sich. Nur das Schwindelgefühl nicht.
Das musste sie noch schaffen, und sie dachte daran, dass sie so leicht nicht umzuwerfen war.
Sie ließ den Stamm los. Noch mal tief durchatmen. Die Augen weit geöffnet lassen, um die Umgebung im Blick zu behalten. Alles überstehen und dann losgehen.
Wohin?
Sie dachte daran, zu ihrem Auto zu laufen und wegzufahren. Aber das wäre eine Flucht gewesen, die sie vor ihrem Gewissen nicht verantworten konnte.
Nein, da gab es noch dieses Paar. Und es war zu vermuten, dass es auch überfallen worden war. Da musste sie
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