1468 - Tanz im Totenreich
nicht mehr weiter sprechen. Die Erinnerung war zu stark. Wieder senkte er den Kopf und presste die Hände gegen sein Gesicht.
Suko und ich sahen uns an. In unseren Augen lasen wir gegenseitig Bestürzung. Wir waren zu spät gekommen.
Aber wir wussten gleichzeitig, dass dieser Fall hier nicht sein Ende gefunden hatte. Es ging weiter. Es gab zwei Tote, die man wieder zurückgeschickt hatte und die sich nun bekämpften, wobei irdische Waffen wohl nichts taugten.
Ich wandte mich wieder an Tom Abel. »Bitte, wir wissen, was Sie durchgemacht haben, aber Sie müssen uns noch einige Fragen beantworten.«
Er hob mühsam den Kopf. »Ich weiß nicht viel. Ich lebe, das ist alles.«
»Das ist schon sehr viel«, sagte ich.
»Das sagen Sie.«
»Bitte, Tom, es bringt uns nicht weiter. Sie sind der einzige Zeuge. Ihre tote Schwester Marietta hat uns hergeschickt. Sie wollte, dass wir hier eingreifen.«
»Woher kennen Sie Marietta?«
»Das zu erklären ist ein wenig kompliziert, aber Sie müssen uns glauben, dass wir kein falsches Spiel treiben. Wir kennen uns in gewissen Dingen sehr gut aus, die für die meisten Menschen nicht zu akzeptieren sind. Wir wissen auch, dass Walcott noch nicht das Ende seines Weges erreicht hat, und wir wissen ferner, dass eine sehr starke Macht hinter ihm steht, die wir bekämpfen.«
Er hatte meine Rede gehört und runzelte die Stirn wie jemand, der über bestimmte Dinge nachdenkt, aber er rang nach Worten, um etwas zu erwidern.
»Wie heißen Sie denn?«
Suko stellte mich und sich vor.
»Diese Namen hat meine Schwester nie erwähnt. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann.«
»Wir kennen sie auch nur als Tote, und sie ist zu uns gekommen um uns um Hilfe zu bitten.«
»Sie?«
»Ja.«
»Das verstehe ich nicht. Und das kann ich auch nicht glauben. Wieso wenden sich Tote an Sie?«
»Bitte, Sie müssen uns glauben.«
Tom Abel nickte. Dann drehte er den Kopf. Dabei schaute er in eine bestimmte Richtung. Durch das breite Fenster hinaus in den Garten mit der wunderschönen Streublumenwiese.
»Zuerst ist Marietta gegangen«, murmelte er. »Sie schien Angst gehabt zu haben und wollte wohl flüchten. Ich weiß nicht, wohin, aber Walcott hat sie verfolgt. Er ging, und es war nichts zu hören. Beide schwebten weg und sind bisher nicht wieder zurückgekommen. Ich kann nichts weiter sagen.«
»Aber es hat keiner von ihnen den Kampf als Sieger beendet – oder?«
»Nein.«
»Dann wäre es möglich, dass sie ein gemeinsames Ziel haben«, sagte Suko.
Tom hob die Schultern.
Er wusste es sicherlich. Wäre er in einer anderen Verfassung gewesen, hätte er es uns gesagt, so aber mussten wir unsere Hirne anstrengen.
Die Idee kam uns in derselben Sekunde. Das las ich an Sukos Blick ab und er an meinem.
»Die Eltern«, sagte Suko leise. »Was ist mit Ihren Eltern?«
Tom zuckte zusammen. Er stieß sogar einen leisen Schrei aus und keuchte: »Himmel, sie wissen von nichts. Sie – sie wissen nicht, dass man Brian ermordet hat…«
»Das meinen wir nicht. Wo sind sie jetzt? In der Messe? Und wenn ja, wo finden wir die Kirche?«
Tom riss die Augen weit auf. »Meinen Sie denn, dass der Tote, der Mörder, der…«
»Wir meinen erst mal gar nichts«, sagte ich, »aber wir wissen, dass Eric Walcott nicht so leicht aufgibt und dass er verdammt starke Helfer hat. Er wird sich auch nicht scheuen, in eine Kirche einzudringen.«
Tom musste wieder schlucken. Er atmete auch heftiger.
»Das ist ein heiliger Ort!« sagte er.
»Ich weiß, aber es wird ihn nicht kümmern. Dämonische Wesen kennen keine Grenzen.«
»Ja, beide Eltern sind in der Kirche. Mein Bruder und ich wollten dort nicht hin. Wir haben es seit der Ermordung unserer Schwester nicht mehr mit der Religion. Wir waren der Meinung, dass Gott so etwas nicht hätte zulassen dürfen, und deshalb wollten wir an der Trauerfeier nicht teilnehmen.«
»Gut. Würden Sie uns denn jetzt folgen, wenn wir zur Kirche fahren?«
»Warum wollen Sie da hin?«
»Weil ich über etwas Bestimmtes nachgedacht habe und es durchaus sein kann, dass wir dort Ihre Schwester finden, weil sie nicht will, dass es noch weitere Tote gibt.«
Tom zweifelte noch immer. »Warum sollten denn meine Eltern getötet werden?«
»Warum wollte man Sie töten?«
Er schaute zu mir hoch und nickte. »Ja, da haben Sie Recht. Walcott will ihre Qualen erleben. Marietta soll zuschauen, wie er ihre Liebsten umbringt.«
»Das könnte man so sehen«, sagte ich. »Wir könnten Sie auch allein
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