147 - Hinter der Totenmaske
wollte der im karierten Hemd wissen. »Ist er immer noch
da ?« Ortez fingerte nach seiner Brusttasche und nahm
einen dicken Zigarillo heraus. Umständlich zündete er ihn an und paffte
genußvoll vor sich hin, ohne den Blick in die Richtung zu wenden, wo Larry
Brent sich versteckt hielt.
»Ja. Er
beobachtet unverändert das Lager«, antwortete der Junge, kaum merklich die
Lippen bewegend.
»Soll er
ruhig! Dann hat er wenigstens etwas zu tun .« Ortez
grinste und ließ seine fleischige Hand auf die Schultern des Halbwüchsigen
fallen. »Die letzten Stunden wollen wir ihm nicht noch versauern. Ob er von
sich aus bis zum Einbruch der Dunkelheit ausharrt oder über kurz oder lang das
Weite sucht - du bist mir mit deinen Freunden dafür verantwortlich, daß er
nicht mehr dorthin zurückkehren kann, woher er gekommen ist! Haben wir uns
verstanden ?«
Die Stimme
des Mannes klang plötzlich unangenehm.
»Alles klar,
Ortez! Ich weiß schon, wie der Hase läuft...«
»Umso
besser. Dann brauch’ ich mich ja um nichts zu kümmern. Heute ist ein besonderer
Tag. Und es scheint diesmal auch ein besonderes Fest zu geben. Wir werden
keinen aus unserer Mitte erwählen müssen. Diesmal ist einer dran, der von außen
auf uns stößt. Wir werden ihm die Totenmaske aufsetzen - und dann haben wir ihn
sowieso los...«
*
Der Schrank
hing voller Kleider. Unsichtbare Hände griffen eins nach dem anderen heraus,
legten es fein säuberlich auf dem Bett zusammen und verstauten es dann im
Koffer.
Iwan
Kunaritschew war einzige, gespannte Aufmerksamkeit! Er hatte nur Augen für
diese unheimliche, unglaubliche Szene.
Das wurde
ihm zum Verhängnis.
Die schmale
Balkontür wurde aufgerissen.
Doch da war
niemand, den man sehen konnte ... Es gab einen zweiten Unsichtbaren!
Schon spürte
Kunaritschew, wie sich ihm der Unerwartete entgegenwarf, noch ehe er aus der
Hocke emporschnellen konnte.
Doch das war
kein Schlag - das war ein Tritt mit eisenbeschlagenem Stiefel.
Iwan flog
gegen das Gitterwerk des kleinen Balkons und schüttelte benommen den Kopf, als
der zweite Angriff erfolgte.
Der
Unsichtbare packte ihn. Mit erstaunlicher Kraft riß er den schweren Mann in die
Höhe und versetzte ihm einen Kinnhaken:
Dieser
plötzliche Angriff warf Iwan nochmals zurück, noch ehe er den ersten verdaut
hatte. Der Unsichtbare war ihm überlegen, denn - X-RAY-7 konnte seinen Gegner
nicht sehen.
Es gelang
dem Russen, die Fallbewegung nach hinten abzubremsen und damit den Sturz über
den niedrigen Balkon zu verhindern. Nicht verhindern konnte er, daß sich durch
die Wucht des Aufpralls in seinem Rücken ein Blumenkasten aus der Halterung
löste und auf den holprigen Pflasterboden im Innenhof zwischen den Häuser fiel.
Kunaritschew
warf sich einfach nach vorn, ohne zu wissen, wo sich in diesem Augenblick sein
Gegner befand.
Doch der
kleine Balkon bot nicht viele Möglichkeiten.
X-RAY-7
vermutete, daß sein unsichtbarer Widersacher nur in Höhe der Eingangstür stehen
konnte und vielleicht dort seinen dritten Angriff einleitete.
Kunaritschews
Überlegungen stimmten mit der Wirklichkeit haargenau überein.
Die Reaktion
des Russen erfolgte für seinen Gegner unerwartet. Iwan fühlte den Widerstand.
Da war ein weicher Körper, gegen den er prallte, der zurückwich - und der
unsichtbar war.
Kunaritschew
packte zu. Er fühlte die Hüften seines Gegners: eine kräftige Person mit
Muskeln, ein Mann, der zu kämpfen verstand.
Kunaritschew
startete nochmal und nutzte das Überraschungsmoment voll aus.
Er rannte
einen weiteren Schritt nach vorn und hebelte den Unsichtbaren, der
augenblicklich die Situation begriff und den Angriff parieren wollte, über
seine Schulter hinweg.
Kunaritschews
Reaktion und der eigene Schwung des Unsichtbaren führten zu dem
Unabänderlichen.
Wie von
einem Katapult wurde der unsichtbare Gegner über Iwans Schultern gehoben, flog
über die Brüstung und hatte nicht mehr die Gelegenheit, sich festzuhalten.
Der zweite
Blumenkasten wurde aus der Halterung gerissen, als hätte ein Raketengeschoß ihn
getroffen.
Es gab einen
Knall, als Iwans Gegner mit Kopf und Schultern dagegenkrachte und den Kasten
mit in die Tiefe riß.
Ein langer,
schaurig hallender Entsetzensschrei erfüllte den düsteren Innenhof und brach
sich als vielstimmiges Echo zwischen den Häuserwänden.
X-RAY-7
drehte sich blitzschnell um seine eigene Achse und taumelte auf die niedrige
Eisenbrüstung des Balkons zu.
Er starrte
in die Tiefe und hörte den
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