1471 - Igors Zombietruppe
genug war.
Mein Bein schmerzte, und die Haut in meinem Gesicht brannte.
Der Schlag würde sicher eine Rötung hinterlassen, und allmählich stieg in mir die Wut hoch.
Ich war nicht zu Lady Alva gekommen, um mich fertig machen zu lassen. Auch nicht von dieser Angst einflößenden Gestalt, die in meiner Nähe stand und auf mich nieder schaute.
Durch den Lichtschein war das Gesicht deutlicher zu sehen. An der grauen Haut hatte sich nichts verändert. Aus der Nähe betrachtet stellte ich nur fest, dass sie einige schlecht verheilte Narben aufwies. Sie sah aus wie eine zweite Haut, die man nachträglich über das Gesicht gezogen hatte. Man konnte sie auch nicht als glatt bezeichnen. Der Begriff großporig passte besser.
Die kleine kompakte Nase, die leblosen Augen, Lippen, die sich kaum abhoben, dazu ein kräftiges Kinn.
Ich schaute ihm in die Augen und fragte mich, ob sie einem normalen Menschen gehörten oder nicht doch einem lebenden Toten, den man als Zombie bezeichnen konnte.
Igor trug eine Jacke mit zu kurzen Ärmeln. Dazu eine Hose, deren Beine ebenfalls zu kurz waren. Und als ich seine übergroßen Hände sah, musste ich daran denken, dass sie einem Menschen das Genick gebrochen hatten. In diese Lage wollte ich auf keinen Fall geraten.
»Dann kannst du ja mit der Befragung beginnen«, sagte Lady Alva. Als ich ihre Worte hörte, fragte ich mich, ob sie menschlicher war als ihr Großneffe. In diesen Augenblicken glaubte ich nicht daran.
Aber ich erhielt noch eine Galgenfrist. An der Tür waren Schrittgeräusche zu hören. Das lenkte Igor ab. Er drehte den Kopf, um zu sehen, wer dort kam.
Ich hätte jetzt Gelegenheit gehabt, einen Befreiungsversuch zu starten, doch ich fühlte mich einfach zu schwach, um gegen eine Gestalt wie diesen Igor anzukommen.
Auch Lady Alva war aufgefallen, dass etwas nicht stimmte. Sie drehte den Kopf zur Tür hin und stampfte wütend mit dem Stock auf. Bevor sie etwas sagen konnte, erschienen die beiden Männer, die auch ich sah. Ich erschrak, als ich sah, dass sie sich wie ferngelenkt bewegten. Sie blieben auf gleicher Höhe dicht nebeneinander stehen.
»Was wollt ihr?« fragte Igor.
Er hatte in seiner Heimatsprache gesprochen. Ich verstand so viel russisch.
Bei der Antwort musste ich allerdings raten. Sie redeten von zwei anderen, die nicht wieder ins Haus zurückgekehrt waren.
Lady Alva und Igor tauschten kurze Blicke. Dann übernahm die Frau erneut das Kommando und drosch mit dem Stock zweimal auf den Boden.
»Sag ihnen, dass sie weiter aufpassen sollen. Aber nicht hier im Zimmer.«
Das tat Igor, während Lady Alva mich nicht aus den Augen ließ.
Ihr Blick hatte für mich etwas Beunruhigendes. Sie konzentrierte sich voll und ganz auf mich.
Irgendwas stimmte da nicht. Ihr Verhalten war anders als vor dem Erscheinen der beiden Typen. Sie ging sogar noch einen Schritt auf mich zu. Einen zweiten verkniff sie sich, um nicht in meine Reichweite zu geraten. Sie blieb stehen und stieß scharf den Atem aus.
Igor wollte sich wieder an mich wenden. Das sah ich ihm an. Er hob seine Schultern und schien durch diese Bewegung Kraft tanken zu wollen. Wieder hatte ich Glück und erhielt die nächste Galgenfrist, denn Lady Alva war noch etwas eingefallen.
»Warte, mein Lieber. Ich will diesen Sinclair noch etwas fragen.«
»Gut.«
Die Alte reckte den Kopf vor wie ein Geier, der im nächsten Moment nach dem Aas hacken will. Dann spie sie mir ihre Frage ins Gesicht.
»Wer sind Sie wirklich, Sinclair?«
»Sie kennen doch meinen Namen.«
»Das reicht mir nicht.«
»Was wollen Sie denn noch wissen?«
»Verdammt noch mal, was hat Sie hierher zu uns getrieben? Das will ich wissen!«
Ich war froh, dass sie diese Frage gestellt hatte. So konnte ich die Dinge noch etwas hinauszögern.
»Okay, bleiben wir bei der Wahrheit. Ich habe Sie nicht angelogen, was meinen Namen angeht…«
»Weiter!«
»Ich bin Polizist.«
So redselig sie auch gewesen war, plötzlich stand ihr Mund offen und sie brachte keinen Ton mehr hervor. Doch es gab einen erneuten Austausch der Blicke zwischen Alva und Igor. Das musste für beide Seiten überraschend gewesen sein. Ich ließ ihnen Zeit, sich zu erholen, und wartete die nächsten Fragen in Ruhe ab.
»Welche Polizei?«
»Scotland Yard.«
Alva verzog die Lippen. »Warum sind Sie zu mir gekommen? Was habe ich mit Scotland Yard zu schaffen?«
Ich spielte weiterhin mit offenen Karten. »Es geht um einen Mordfall, bei dem die hiesigen Behörden nicht
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