1475 - Zombie-Katzen
gesagt, wie lange Sie hier im Krankenhaus bleiben müssen?«
»Gar nicht.«
»Ähm – wie?«
»Ich soll entlassen werden, und das so schnell wie möglich. Wenn es nach den Leuten hier geht, morgen Früh. Ich kann dann mit meinen Verletzungen zum Hausarzt gehen, und ich denke, dass ich dies auch tun werde.«
»Dann sagen Sie uns bitte, wo wir Sie finden können.«
»Ich wohne ganz in der Nähe.« Mrs. Higgins gab uns ihre Anschrift, die Shao und Suko sich nicht zu notieren brauchten. Sie konnten sie auch so behalten.
Danach fing Emma an zu weinen. Sie stand unter Schock und konnte es kaum fassen, dass es vorbei war. Aber sie erklärte noch, dass sie Shao und Suko als ihre Lebensretter ansah, was die beiden doch verlegen machte.
Den Pfleger holten sie nicht, sie schoben Mrs. Higgins selbst aus dem Raum.
»Viel Glück Ihnen beiden.«
»Danke.« Shao lächelte ihr zu. »Aber wir sehen uns noch, keine Sorge…«
***
Irina Zadok stand an der brüchigen Mauer. Vor knapp einer Minute war sie aus dem Wagen gestiegen, der nicht weit entfernt parkte und hinter dessen Steuer ihr Fahrer saß und auf sie wartete.
Nach dem Aussteigen war sie einige Meter an der niedrigen Mauer entlang gegangen und hatte hin und wieder einen Blick auf den dahinter liegenden Friedhof geworfen.
Dort lagen keine Menschen in der Erde, sondern Tiere. In der Regel waren es Hunde und Katzen, die entweder einen Gnadentod gestorben oder durch einen Unfall ums Leben gekommen waren.
Irina liebte den Friedhof. Er war für sie eine wahre Fundgrube. Allerdings interessierte sie sich nur für Katzen. Hunde mochte sie nicht, denen hätte sie mit Vergnügen den Hals umgedreht, und tatsächlich hatte sie auch schon einige Hunde getötet.
Über den Friedhof wusste sie gut Bescheid. Sie kannte jeden Quadratzentimeter der Fläche, und auch an diesem späten Abend wusste sie sehr genau, wo sie hingehen musste.
Noch wartete sie ab und stand im Schutz der Mauer, wobei sie eine Zigarette rauchte und die Glut mit der hohlen Hand abschirmte, damit das rote Glühen nicht auffiel.
In der Nähe des Tierfriedhofs gab es wenig Verkehr. In der Nacht flaute er sowieso ab. Für dieses Gelände interessierten sich nicht mal Grufties oder Teufelsanbeter, denn mit toten und begrabenen Tieren konnte niemand etwas anfangen.
Die Ausnahme war Irina.
Ihr Fahrer, der für sie den Friedhof beobachtete, hatte ihr die Meldung am späten Vormittag gebracht.
Es war wieder eine Katze begraben worden.
»Und wo?«
»Bei der großen Tanne. Direkt davor.«
»Wie sah das Tier aus?«
»Normal. Ich habe keine Verletzungen entdecken können. Sie ist etwas für dich.«
»Dann werde ich sie mir in der Nacht holen.«
Und jetzt war die Nacht angebrochen. Irina Zadek stand an der Mauer. Sie wartete auf einen Anruf ihres Vertrauten und freute sich, als sie die Vibration des Handys spürte.
»Ja…?«
»Du kannst gehen. Soviel ich weiß, hält sich niemand in der Nähe auf, der uns sehen könnte.«
»Ja, dann mache ich mich auf den Weg. Aber halte die Augen offen, Otto.«
»Du kannst dich auf mich verlassen.«
Irina steckte das flache Gerät wieder ein und bewegte sich noch ein paar Schritte an der Mauer entlang, bis sie den schmalen Zugang erreicht hatte, in dem sich ein nicht sehr hohes Gittertor befand, das angelehnt, aber nicht verschlossen war.
Dass es in den rostigen Angeln quietschte, ärgerte sie. Irgendwann würde sie das ändern.
Es gab kein Licht auf dem Friedhof. Nebenan war es zwar auch nicht besonders hell, doch hin und wieder gab es Laternen, die ihr kaltes Licht auf den Boden warfen.
Wer den Tierfriedhof betrat, der musste sich schon auskennen, um in der Dunkelheit nicht über irgendwelche Grabsteine zu stolpern, die überall im Weg standen.
Dieses Feld war längst nicht so gepflegt wie das nebenan, obwohl die Stadt auch hier Gebühren kassierte. Aber was war schon ein Tier im Vergleich zu einem Menschen?
Das sah Irina anders. Sie liebte die Tiere, und sie hatte ihnen nicht grundlos eine Heimat gegeben. Diese bot sie allerdings nur Katzen, alle anderen Geschöpfe waren ihr egal. Das galt auch für Menschen, denn die ehrlichsten Lebewesen waren nun mal die Tiere. Sie waren weder falsch noch heimtückisch, und die Sympathie, die sie einem Menschen entgegenbrachten, war echt und nicht gespielt.
Die Frau hatte sich der Umgebung angepasst. Sie trug einen dunklen Mantel, der ihr fast bis zu den Knöcheln reichte, und als sie über den Friedhof ging, erinnerte sie an
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