1477 - Das steinerne Grauen
durchmachte. Die Botschaft wurde ihr von den Hunden übermittelt.
»Gut«, sprach sie vor sich hin. »Ja, das ist gut. Nicht mehr rühren. Nicht mehr bewegen…«
Sie meinte ihre Hunde oder einen Hund. Dann atmete sie auf. Sie schien also zufrieden zu sein.
Maxine traute sich, eine Frage zu stellen. »Was ist denn passiert?«
»Wir haben Besuch bekommen.«
»Ach? Sagen Sie nur?«
»Lass deinen Spott und freu dich nicht zu früh.«
»Wer ist es denn?«
»Ich weiß es nicht. Jedenfalls niemand, der meinen Tieren zugetan ist. Kein Freund.«
»Ich konnte jedenfalls keine Hilfe holen.«
»Das weiß ich. Wer hätte dir auch helfen können? Der Teenager, der bei dir wohnt?«
»Weiß ich nicht. Nein, bestimmt nicht. Kommen nicht mal Menschen hierher?«
»Was sollten sie denn hier? Sie…« Und dann passierte es.
Beide Frauen hörte die Schüsse!
Und Sekunden später erlitt Jolanda Gray einen Schreikrampf…
***
Mit einer derartigen Reaktion hatte Maxine Wells nicht gerechnet.
Sie erschrak bis ins Mark, als die Frau anfing zu schreien. Sie stand auf den Hacken, hatte ihren Körper nach hinten gedrückt und eine eisige Starre angenommen. In ihren Augen irrlichterte es. Die Hände waren zu Fäusten geballt. Wie Trommelstöcke bei einem Drummer bewegten sich ihre Arme auf und ab.
Ihre Unruhe übertrug sich auch auf die beiden Hunde. Sie knurrten und bellten. Sie konnten nicht mehr ruhig bleiben und rannten im Kreis herum. Aber sie griffen nicht an, denn Jolanda hatte ihnen keinen Befehl gegeben.
Die Schreie wurden leiser und endeten in einem Wimmern. Es sah so aus, als wollte Jolanda zu Boden sinken, aber sie riss sich zusammen, presste nur für einige Sekunden die Hände gegen ihre Stirn und drehte sich dann zu Maxine um.
Auf keinen Fall wollte Maxine ihren Triumph zeigen und fragte deshalb: »Was ist passiert?«
Jolanda Gray schwieg.
»Bitte, was ist…«
»Tot!« kreischte sie los. »Verdammt noch mal, der Hund ist tot! Ich spüre es. Die Schüsse haben ihm gegolten, und die verfluchten Kugeln haben ihn auch getroffen.«
»Wer kann das getan haben?«
»Ich weiß es nicht.«
»Also, ich habe damit nichts…«
»Schnauze! Ich weiß, dass du nichts getan hast. Du bist ja hier, verflucht!«
Maxine hob die Schultern. Auch sie dachte darüber nach, wer die Schüsse abgegeben haben könnte. Das Vogelmädchen konnte es nicht sein, denn es besaß keine Waffe. Da musste irgendein anderer gekommen sein, der genau Bescheid wusste.
Nur wer?
Sie wusste keine Antwort auf diese Frage, doch tief in ihrem Innern regte sich eine Ahnung. Sie war fantastisch, sie war verrückt, aber vielleicht stimmte sie deshalb auch.
Ihre Gefangenschaft dauerte schon lange genug. In der Zeit konnte viel passieren. Da konnte auch jemand große Entfernungen zurücklegen. Zum Beispiel mit dem Flugzeug von London nach Dundee.
Und der Gedanke, dass John Sinclair in der Nähe sein konnte, wollte sie nicht mehr loslassen. Leider kannte sie sich nicht mit Waffen aus, sonst hätte sie möglicherweise am Echo der Schüsse erkannt, um welch ein Modell es sich handelte. John besaß eine Beretta und…
Jolanda heulte plötzlich wieder auf.
Zugleich wurden die beiden Hunde von einer wilden Unruhe erfasst. Sie warfen sich gegen die Tür und sprangen an ihr hoch. Ein heiseres und wütendes Gebell drang aus ihren Mäulern. Es war klar, was sie wollten, aber Jolanda öffnete die Tür nicht.
Sie trauerte. Sie schluchzte vor sich hin. Das Jammern war einfach schlimm.
Sie tat Maxine beinahe leid. Etwas musste sie dank ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten erfahren haben, und ihre Reaktion ließ darauf schließen, dass es auch den zweiten der draußen herumstreunenden Hunde nicht mehr gab.
Die Tierärztin stellte die Frage. »Ist auch der andere Hund tot?«
»Ja!« fauchte Jolanda. »Er ist auch tot!«
»Aber wie? Wir haben doch keine Schüsse gehört.«
»Ich weiß.«
»Man kann auch mit einem Messer töten«, murmelte Maxine.
Jolanda gefiel die Bemerkung nicht. Sie traf Anstalten, auf Maxine zuzuspringen und ihr an die Kehle zu gehen, doch sie hielt sich zurück. Sie fing sich wieder, fixierte Maxine mit einem scharfen Blick und zischelte ihr zu: »Freu dich nur nicht zu früh, Frau Doktor. Freu dich nur nicht zu früh!«
»Ich habe nichts gesagt.«
»Ich sehe es dir doch an. Noch habe ich nicht verloren, das sage ich dir. Und ich werde auch nicht verlieren.«
»Mag sein, aber da hat sich doch was verändert.«
»Sicher, es wird sich
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