148 - Die Satan GmbH
auf das Opferritual. Die schwarze Wolke hatte das Mädchen inzwischen völlig eingehüllt. Der Atem der Männer ging schnell und heftig; ihre Blicke wanderten immer zwischen dem Altar und den anderen Mädchen hin und her. Die Augen in den Öffnungen der Kapuzen sprachen von Gier und Leidenschaft.
Grohners Stimme wurde lauter und schriller.
Im Innern der Wolke begann es zu glühen. Etwas schimmerte grünlich, wurde stärker und stärker. Coco strengte ihre Sinne an.
Nein, keine Magie - eine perfekt inszenierte Illusion. An Grohner war ein erstklassiger Zauberkünstler verlorengegangen.
Das Glühen wurde noch heller. Konturen wurden erkennbar - die Umrisse eines menschlichen Skeletts. Fahl drang das grünliche Feuer durch die wabernden, düsteren Schwaden.
„Macht über Leben und Tod", schrie Grohner verzückt.
Das Skelett bewegte sich, hob einen Arm, drehte sich zur Seite. Ein grünleuchtender Totenschädel grinste die Teilnehmer an. Ein Ächzen ging durch die Reihen der Zuschauer. Coco konnte spüren, daß ihr Nachbar zur Linken am ganzen Leib zitterte.
„Unglaublich", stieß der Mann leise hervor. Die Vorführung hatte ihn sichtlich in ihren Bann geschlagen.
Das Gerippe bewegte sich noch einmal, stieg von dem Altar herab, noch immer umwabert von der bedrohlichen Schwärze. Die vordersten Zuschauer wichen einen halben Schritt zurück.
Einen Schritt noch machte das Phantom, dann sackte es in sich zusammen. Geräuschlos bildete sich auf dem Fußboden ein Knochenhaufen, dessen Glut sich verstärkte. Immer greller wurde das Strahlen, dazu wurde ein Wimmern hörbar, das sich ebenfalls steigerte.
Schließlich mußte Coco die Hände vor die Augen legen, um nicht geblendet zu werden. Aus dem Wimmern war ein grauenvolles Kreischen geworden, das abrupt endete.
Coco nahm die Hände herunter.
Die Wolke war verschwunden, desgleichen das Knochengerüst. Nur der Satanspriester war zu sehen, in den Augen ein triumphierender Ausdruck. Der Altar war leer.
„Und as Mädchen…?"
Es war Cocos Nachbar, der die Worte hervorgestoßen hatte; in seiner Stimme war Entsetzen zu hören.
Der triumphierende Ausdruck in Grohners Augen verstärkte sich. Er trat einen Schritt zur Seite und gab damit den Blick auf den Vorhang frei. Dort stand das Mädchen, äußerlich unverletzt.
Coco sah hinüber.
In den Augen der jungen Frau flackerte das Grauen; sie war dem Zusammenbruch nahe. Grohner schien das nicht zu entgehen, er schickte sie mit einer herrischen Handbewegung fort.
Jetzt war seine Stimme wieder tief und volltönend.
„Die Eingeweihten des mittleren Kreises mögen nun den Dienerinnen folgen", verkündete er. „Die Novizen muß ich auffordern, zurückzubleiben. Die Riten der inneren Kreise der Transzendenz sind nur für Eingeweihte bestimmt und erträglich."
Coco ließ einen Seufzer hören.
Die Kapuzenträger setzten sich in Bewegung. Zusammen mit den jungen Frauen verschwanden sie hinter dem Vorhang. Wie die „Riten" bei dieser Zusammenkunft aussahen, konnte sich Coco ohne Mühe vorstellen.
Grohner streifte die Maske ab und trat auf Cocos Nachbarn zu. Er war der einzige Mann, der den Raum nicht verlassen hatte. Grohner zog ihn ein Stück zur Seite und unterhielt sich flüsternd mit ihm. Coco sah, wie der Mann ab und zu zustimmend den Kopf bewegte.
Dann wurde er von Grohner verabschiedet.
„Sie werden verstehen, daß wir die Teilnehmer in Abständen aus dem Haus lassen. Es ist besser, wenn sie sich untereinander nicht kennen - das wird erst bei einer höheren Stufe der Transformation möglich sein. Wie hat Ihnen der Ritus gefallen."
„Ich bin beeindruckt", sagte Coco leise. Sie versuchte soviel Sinnlichkeit wie möglich in ihre Stimme zu legen, aber auch eine erkennbare Portion Widerstand. Grohner war von dem Kult völlig unabhängig an ihr interessiert, das ließ sich nicht übersehen - ebensowenig wie der Ausdruck der Verdrossenheit, der für einen kurzen Augenblick über das Gesicht seiner Assistentin huschte.
„Wenn Sie an einer dauernden Mitgliedschaft interessiert sind…"
Coco zeigte sich schwankend. Zu früh nachzugeben, war taktisch unklug. Wenn sich Grohners Gier nach ihr noch steigerte, machte er vielleicht Fehler, die Coco ausnutzen konnte.
„Es geht hier recht…“ Coco zögerte deutlich, „… recht freizügig zu, nicht wahr?"
Grohner lächelte. Es sah ekelhaft aus, fand Coco.
„Macht ist zuvorderst Macht über sich selbst. Wer seine Neigungen, Leidenschaften und Gefühle nicht auszuleben
Weitere Kostenlose Bücher