1481 - Wenn alte Leichen lächeln ...
Whittington Hospital gehörte auch ein gepflegter Parkplatz, der eine graue Fläche zwischen einem ansonsten grünen Rasen bildete, und auf dem wir uns den Stellplatz aussuchen konnten.
Das Krankenhaus sah aus wie eine Burg. Von außen ein Denkmal, von innen bestimmt modern eingerichtet. Der Friedhof lag direkt dahinter, und wer ein Krankenzimmer nach Westen hin hatte, der konnte sich schon mal seine Grabstelle aussuchen, wenn er aus dem Fenster schaute. Der Blick auf einen Friedhof war kein erhebender Anblick für einen Kranken.
Wir schlenderten auf den Eingang zu.
Ich brauchte keine Tür zu öffnen. Sie schwang vor uns automatisch zur Seite, und ich kam mir vor, als würde ich meine alte Schule betreten, die ebenfalls eine hohe Decke und sehr dicke Mauern gehabt hatte. Allerdings waren die Wände nicht so hell und freundlich gestrichen gewesen wie hier. Im blanken Boden konnte man sich beinahe spiegeln, und die große Hinweistafel mit silbrigem Untergrund war mit dunklen Buchstaben gefüllt.
Auch der typische Krankenhausgeruch fehlte hier, aber der würde uns sicherlich noch begegnen.
An der Anmeldung saßen zwei adrett aussehende junge Frauen in normaler Kleidung. Kittel trugen sie nicht. Aber wir waren bereits gesehen worden, und eine der beiden wandte sich uns zu.
»Sie wünschen?«
Wir zeigten unsere Ausweise und erlebten, dass die Kommunikation hier stimmte.
»Ja, Sie sind die Herren von Scotland Yard und werden bereits erwartet.«
»Das ist schön.«
»Moment noch. Sie werden gleich abgeholt.«
»Wir haben Zeit.«
Die junge Frau telefonierte kurz. Als sie auflegte, nickte sie uns lächelnd zu.
Der Moment dauerte knapp eine Minute. Ein blondhaariger Pfleger erschien. Weiße Hose, weißes Shirt, das eng an seinem muskulösen Körper lag. In seinen Sneakers konnte er sich lautlos bewegen.
»Sie sind bei Dr. Sandhurst angemeldet.«
»Sind wir«, bestätigte Suko.
»Mein Name ist Marc. Der Doktor erwartet Sie in seiner Abteilung.«
»Ho, so groß ist sie?«
Marc lachte mich an. »Nein, nein. Ich hätte auch Büro sagen können. Er ist jedenfalls dort, das weiß ich, obwohl ich in der letzten halben Stunde nicht bei ihm gewesen bin.«
Er ging vor uns her, und wir brauchten keinen Lift zu nehmen und mussten auch nicht in den Keller, womit wir eigentlich gerechnet hatten. Wir blieben in diesem Bereich des Erdgeschosses und gingen nur durch eine breite Tür in einen anderen Trakt.
Dahinter roch es schon mehr nach Krankenhaus. Es war auch kälter. So etwas kannten wir von der Pathologie. Hier waren die Wände mit gelben Kacheln bedeckt, und das Licht aus den Deckenlampen strahlte alles aus, nur keine Wärme.
Vor einer hellen Tür blieben wir stehen. Den Namen Sandhurst lasen wir auf einem Schild.
Marc erklärte uns, dass sein Chef hier auch privat arbeitete und von Menschen engagiert wurde, die etwas aufzuklären hatten, wenn sie am natürlichen Ableben eines Menschen zweifelten.
»Ich lasse Sie jetzt allein, weil ich noch Arbeit habe.«
»Ist schon recht.« Ich hatte bereits meinen rechten Mittelfinger gekrümmt, um anzuklopfen.
Eine Antwort hörten wir nicht. Auch nach dem zweiten Klopfen tat sich hinter der Tür nichts.
»Schläft der Mensch?« fragte Suko.
»Das werden wir gleich haben.«
Es entsprach zwar nicht den Regeln der Höflichkeit, als Fremde einfach irgendwo hineinzugehen, aber manchmal muss man diese Regeln eben umgehen. Ich drückte die Metallklinke nach unten und lächelte, als die Tür aufschwang. Es war alles okay. Uns erwartete ein Büro mit kleinen Fenstern aus Glasbausteinen. Ein Schreibtisch, ein PC, ein Regal mit Fachliteratur und Poster an den Wänden, die medizinische Motive zeigten.
Nur der Arzt fehlte.
»Dabei waren wir doch angemeldet«, beschwerte sich Suko.
»Du sagst es.«
»Ich frage mich, mit wem die Frau an der Anmeldung telefoniert hat.«
»Mit diesem Pfleger.«
»Kann sein. Aber warum ist Dr. Sandhurst verschwunden?« Suko schüttelte den Kopf. »Ich sehe einfach keinen Grund, denn wir waren schließlich angemeldet.«
Ich wusste auch keine Antwort. Aber es gab eine zweite Tür, die mir schon aufgefallen war. Sie befand sich uns gegenüber und war mit einer dünnen und silbrigen Aluschicht bedeckt.
»Dann schauen wir mal dort nach.«
Suko war schneller als ich. Er öffnete die Tür, ohne zuvor angeklopft zu haben, ging zwei Schritte über die Schwelle und blieb so abrupt stehen, dass ich gegen ihn stieß.
»Verdammt!«
Eine Sekunde später sah
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