1481 - Wenn alte Leichen lächeln ...
danach bat sie, dass das Gespräch bitte vertraulich bleiben sollte. »Es muss wirklich unter uns bleiben, Ellen.«
»Wenn du es so willst.«
»Es ist auch nicht privat, sondern dienstlich.«
»He, klar, du bist ja Polizistin.«
»Nein, nein, das ist zu hoch gegriffen. Also hör zu. Dir ist der Highgate Cemetery ein Begriff?«
»Ist er.«
»Umso besser. Auf diesem Friedhof haben Menschen ein Grab aufgebrochen. Ich weiß nicht, welchen Grund sie hatten, denn sie haben die Leiche nicht angerührt und sind sogar geflohen. Das ist aufgrund der hinterlassenen Spuren festgestellt worden. Außerdem lag die Tote nicht in einem Sarg, man hat sie in die kalte Erde gelegt.«
»Das ist ja schrecklich, Glenda!«
»Ja, und ungewöhnlich.«
»Kann ich mir denken.«
»Es war übrigens eine Frau.«
»Aha. Und warum rufst du mich an?«
»Es ist so: Ich habe mir gedacht, dass du den Namen vielleicht kennst. Du lebst in der Nähe dieses Friedhofs. Wer dort begraben wurde, stammt bestimmt aus der Gegend. Da habe ich mir gedacht, dass du uns weiterhelfen kannst, falls dir der Name etwas sagt.«
»Wie heißt die Frau denn?«
»Gale Hanson.«
Ellen Long schwieg. Das Schweigen dauerte sogar recht lang, und es fiel Glenda auf.
»Bist du noch dran?«
»Ja, ja…«
»Und?«
»Ich habe nachgedacht. Nur fällt mir momentan zu dem Namen nichts ein. Tut mir leid.«
»Dann weißt du nicht, ob die Frau mal in deiner Nähe gewohnt hat?«
»Auf keinen Fall. Wann ist sie denn gestorben?«
»Das ist uns leider unbekannt. Es gibt nur diesen Namen – und dass man ihr Grab aufgebrochen hat.«
»Habt ihr denn eine Spur, wer dahinter stecken könnte?«
»Leider nicht. Wie ich bereits sagte, diese Grabräuber sind Hals über Kopf verschwunden.«
»Es ist wirklich schade, Glenda, dass ich dir nicht weiterhelfen kann. Ich habe auch von dieser Grabschändung nichts gehört. Zumindest stand nichts in der Zeitung.«
»Das haben wir auch zurückgehalten.«
»Und was willst du jetzt tun?«
»Ich wohl weniger. Mehr meine Kollegen. Wir werden natürlich Nachforschungen betreiben.«
»Klar.« Ellen Long lachte etwas unecht. »Aber warum kümmert sich Scotland Yard um die Tote?«
»Gute Frage, Ellen.«
»Und wie gut ist deine Antwort?«
»Für dich leider nicht. Ich darf dir nichts sagen.«
»Schade.«
»Im Moment noch. Sollten sich neue Aspekte ergeben, lasse ich es dich wissen.«
»Aber du hast mich neugierig gemacht«, sagte Ellen. »Darf ich ein wenig Detektiv spielen?«
»Warum nicht? Und in welche Richtung würden deine Nachforschungen gehen?«
»Das kann ich dir sagen. Ich werde mich mal umhorchen, ob es jemanden gibt, der diese – wie hieß sie noch? – kennt…«
»Gale Hanson.«
»Richtig.«
»Es wird nicht einfach werden«, sagte Glenda. »Es kann sein, dass sie schon länger tot ist, und da wird man leicht vergessen.«
»Stimmt. Aber ich werde mal die Ohren offen halten. In meinem Job kommt man mit vielen Menschen zusammen. Kann sein, dass einer von ihnen diese Gale Hanson gekannt hat.«
»Das wäre super. Danke.«
»Keine Ursache. Für eine alte Schulfreundin tue ich doch alles. Bis bald, Glenda.«
»Ja, wir sehen uns.«
»Bestimmt.«
Glenda legte auf und rollte mit ihrem Schreibtischstuhl zurück.
Sehr zufrieden war sie nicht. Sie dachte darüber nach, ob sie sich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, aber daran wollte sie nicht glauben. Was hatte sie schon getan? Nur über einen Fund gesprochen, aber keine Geheimnisse verraten.
Wenn Ellen Long es schaffte, mehr über die Tote herauszufinden, war es das wert gewesen.
Sie überlegte, ob sie Sir James Bescheid geben sollte. Als sie seine Nummer wählte, öffnete sich die Bürotür, und der Superintendent betrat den Raum.
Glenda kannte ihn gut. Auch wenn er sich stets in der Gewalt hatte, so sah sie seinem Gesicht an, dass etwas passiert sein musste.
Er deutete ihren Gesichtsausdruck richtig.
»Ja, es hat sich eine Wendung ergeben, Glenda.«
»Und?«
»Sie betrifft die Nachforschungen von John und Suko. Es ist nicht so glatt gelaufen, wie wir es uns gedacht haben…«
***
Ich war nicht richtig weggetreten und hatte es auch geschafft, die Augen offen zu halten. Deshalb sah ich auch, dass vor mir etwas Helles schwamm, das sich wie ein Fleck leicht von einer Seite zur anderen bewegte und von mir aber nicht identifiziert werden konnte.
Aber es ging mir besser, je mehr Zeit verstrich, und als sich mein Blick etwas klärte, schaute ich in ein
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