1482 - Clarissas Sündenfall
eine sehr optimistische Antwort gegeben, was den Herbst anging, denn ich war froh, dass der Sommer mit seinen heißen Temperaturen hinter uns lag und ich wieder durchatmen konnte. Da brauchte man in den Büros auch keine Klimaanlagen mehr, das Leben lief wieder seinen normalen Gang.
Ich war ins Büro gefahren. Suko würde erst am Nachmittag kommen. Er musste zu einer Beerdigung. Ein Bekannter war gestorben.
Jemand aus China Town, den er gut gekannt hatte. Shao hatte ihn begleitet.
So durfte ich mir mit Glenda Perkins allein die Zeit vertreiben, was sicherlich amüsant gewesen wäre. Nur war sie an diesem Tag zwar da, aber nicht anwesend. Sie hatte an einem Kursus teilnehmen müssen, in dem es darum ging, sich mit neuen Computerprogrammen zu beschäftigen. Ich dankte dem Himmel dafür, dass ich davon verschont blieb.
In einem stillen Büro zu sitzen war neu für mich. So musste ich mich schon mit mir selbst beschäftigen, was kein Problem war, denn ich ging die Meldungen durch, die immer auf meinem Schreibtisch landeten, sauber ausgedruckt und gut lesbar.
Dabei ging es um die mehr oder weniger schweren Gesetzesübertretungen der vergangenen beiden Nächte. Es waren Fälle, die mich zwar nichts angingen, aber hin und wieder entdeckte ich Hinweise oder Spuren, die mich zu einem Fall führten. Deshalb war es wichtig, dass ich mir alles gut durchlas.
Meldungen sind keine Romane und können durchaus langweilig werden, was ich wieder erlebte. So war ich deshalb auch froh, nach über einer Stunde eine Pause einlegen zu können.
Die Ruhe des Büros war wirklich einmalig. Und wer es gewohnt ist, Action am Tag zu erleben, der kommt mit dieser Stille schlecht zurecht.
So erging es auch mir irgendwie. Ich wurde träge, und dann tat ich etwas, was dem Vorurteil über Beamte entgegenkam. Ich legte meine Beine hoch, entspannte mich und schloss die Augen.
Nur ein paar Minuten so sitzen bleiben und relaxen.
Das war nicht möglich, denn mir fielen die Augen zu, und prompt schlief ich ein.
Bis sich das Telefon meldete und mich aus dem tiefen Schlummer riss. Ich schreckte hoch. Hätte sich dicht über mir eine Decke befunden, ich wäre bestimmt mit dem Kopf dagegen gestoßen. So aber schaute ich mich leicht verwirrt um, hörte dem störenden Geräusch weiterhin zu und wusste erst nach einigen Sekunden Bescheid, wo ich mich tatsächlich befand.
»Himmel!« flüsterte ich und schüttelte den Kopf. Erst dann griff ich zum Hörer.
»Ich dachte schon, du wärst gar nicht da«, sagte die Anruferin mit einem leicht drohenden Unterton in der Stimme.
»Für dich bin ich doch immer da, Jane!«
»Nana, nicht so dick.«
»Worum geht es?«
»Zum einen muss ich dir sagen, dass ich nicht aus London anrufe, sondern aus einem Ort, der Thorpe heißt.«
»Kenne ich nicht.«
»Habe ich mir gedacht. Er liegt nicht weit von London entfernt. Etwas südwestlich von Staines.«
Das war mir ein Begriff. Ich sagte es Jane Collins und fragte: »Hast du nur angerufen, um mir das zu sagen?«
»Bestimmt nicht. Das kannst du dir ja denken.«
»War nur eine Frage.«
»Ich bin auch nicht privat unterwegs, sondern habe einen Auftrag. Ich sollte einen Mann namens Curd Previne finden und habe ihn auch gefunden. Nur ist er tot. Er wurde ermordet. Bei den zuständigen Dienststellen bekam ich keine Antwort über ein Motiv oder über den eventuellen Täter. Man hat mich praktisch rausgeworfen.«
»Verstehe«, sagte ich, »und jetzt soll ich dir helfen, mehr über diesen Fall herauszufinden.«
»Das wäre super.«
»Wie hast du dir das vorgestellt?«
»Indem du recherchierst und mich danach wieder anrufst. Bei dieser Tat ist bestimmt nicht alles in Ordnung gewesen. Das habe ich einfach im Gefühl. Der Polizeiposten hier hat geblockt. Ich nehme an, dass deine Kollegen aus Staines den Fall untersucht haben. Du könntest dort ja mal anrufen.«
»Für dich tue ich doch alles. Aber ist der Fall damit für dich nicht erledigt? Warum willst du da nachhaken? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Auftraggeber dich noch weiterhin beschäftigen wird.«
»Stimmt, John, ich könnte wieder zurück nach London fahren. Aber ich habe einfach eine Ahnung, dass etwas nicht stimmt. Dieser Previne ist während eines Banküberfalls getötet worden. Er drang hier in eine kleine Filiale ein, und da passierte es dann.«
»Wurde er von einem Kollegen erschossen?«
»Nein. Es ist anders gewesen, aber niemand ist mit der Sprache heraus gerückt.« Sie atmete laut. »Und
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