1484 - Der Tod eines Nakken
ihnen arg zusetzen mußte, und redeten miteinander.
Und Shingo Leddigg, der sehr neugierig war, hätte zu gerne gewußt, worüber sie wohl sprachen. Es ärgerte ihn gewaltig, daß er sich nicht näher an sie heranschleichen durfte, und er überlegte ernsthaft, ob er es nicht allen gegenteiligen Anweisungen zum Trotz wenigstens einmal versuchen sollte. Er war sicher, daß er es schaffen konnte. Und vor den Pflanzen und Tieren von Lokvorth hatte er sowieso keine Angst.
Gerade hatte er jenen Punkt erreicht, an dem seine Neugier über alle Vorsicht zu siegen drohte, als die drei Gestalten sich in Bewegung setzten.
Shingo tauchte blitzschnell hinter das Mäuerchen und huschte zwischen den Trümmerbrocken dahin, bis er eine Stelle fand, von der aus er die Straße überblicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Und während er dort wartete, bemerkte er plötzlich etwas, das sich in etwa hundert Metern Entfernung bewegte - und es war keiner der drei und auch keiner der beiden Kampfroboter.
Zuerst dachte er, er hätte einen Stadtbewohner entdeckt, der zu so ungewohnter Stunde irgendeiner Beschäftigung nachging, die er vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen halten wollte. Dann kam ihm die Idee, daß Balaam vielleicht ebenfalls auf seine kostbare Sicherheit bedacht war und seinerseits einen oder mehrere Aufpasser zwischen den Trümmern postiert hatte.
Wenn es so war, dann wollte Shingo das wissen - es konnte vielleicht noch wichtig werden. Behutsam schlich er sich an die Stelle heran. Und dann sah er den Nakken. Zuerst dachte er, es sei Varonzem, und er verfluchte in Gedanken den Eigensinn, mit dem dieses Wesen zu tun pflegte, was immer ihm gerade in den Sinn kommen mochte, ohne auf die Pläne der Galaktiker auch nur die geringste Rücksicht zu nehmen. Aber dann erwachten Zweifel in ihm.
Es war fast unmöglich, einen Nakken vom anderen zu unterscheiden. Die Nakken selbst sahen das sicher ganz anders, aber sie verfügten ja auch über ein ganz spezielles Sortiment von Sinnen, die sich von denen aller anderen bekannten Lebewesen unterschieden. Und eben deshalb war sich Shingo seiner Sache plötzlich nicht mehr so sicher.
Denn die Nakken brauchten technische Hilfsmittel, um sich in der „normalen" Welt zurechtzufinden, und sie trugen aus diesem Grund sogenannten Sichtsprech-Masken. Die Maske dieses Nakken, der da zwischen den Trümmern herumkroch, sah fremd aus - nicht wie die, die Shingo bei Varonzem gesehen hatte. Sie schien besser als das von Varonzem getragene Modell zu sein, einfacher, aber gleichzeitig auch komplexer.
Außerdem verhielt sich der Nakk auch recht sonderbar. Er legte offensichtlich großen Wert darauf, daß man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte, und er verhielt sich dabei durchaus nicht ungeschickt.
Andererseits verzichtete er darauf, sich durch technische Tricks unsichtbar zu machen - er versteckte sich nur.
Bezeichnenderweise bemerkte er Shingo nicht. Das lag sicher unter anderem daran, daß er sich ganz und gar auf die Vorgänge unten auf der Straße konzentrierte und nicht auf heimliche Beobachter gefaßt war. Es lag aber mit Sicherheit auch zu einem nicht unbeträchtlichen Teil an Shingo selbst. Was wollte dieser Nakk hier? Als Shingo sich noch über diese Frage den Kopf zerbrach, tat der Nakk irgend etwas.
Shingo hätte beim besten Willen nicht sagen können, warum er in diesem Augenblick Verdacht schöpfte.
Der Nakk hatte nichts bei sich, was man für eine Waffe hätte halten können, und natürlich wäre Shingo auch nicht vermessen genug gewesen, von sich zu behaupten, daß er die Körpersprache der Nakken verstand. Es war noch nicht einmal ganz sicher, ob es bei den Nakken so etwas wie eine Körpersprache überhaupt gab, oder ob sie sich untereinander nur auf dieser besonderen, nur den Nakken zugänglichen Ebene verständigten.
Aber was es auch war und woran es auch liegen mochte: Shingo hatte plötzlich das untrügliche Gefühl, daß Gefahr im Verzug war. Gleichzeitig wußte er, daß eine Warnung, die an Loydel Shvartz und seine Begleiter gerichtet war, in jedem Fall zu spät kommen würde. Er mußte selbst etwas unternehmen, und zwar jetzt gleich, ohne Rücksicht darauf, daß man ihn dann vielleicht doch bemerken würde.
Er sprang auf einen Mauerrest, stieß sich an den rauhen Betonbrocken ab und landete der Länge nach auf dem Nakken.
Das Wesen war für einen Augenblick so verblüfft, daß es sich überhaupt nicht rührte. Shingo nutzte diese Schrecksekunde, packte
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