1484 - Der Tod eines Nakken
noch?"
In ohnmächtigem Zorn drohten sie ihm eine Tracht Prügel mit dem heiligen Besen an, aber er zeigte sich auch davon nicht sehr beeindruckt. So zogen sie schließlich mit sauren Mienen von dannen
3.
Imrnerhin - die Statue und das Aufsehen, das die drei erregt hatten, sorgten schließlich doch dafür, daß sie etwas mehr Zulauf bekamen, und für einige Zeit ging es mit ihrem Kult bergauf.
Das ärgerte verschiedene Leute, besonders solche, die nicht geneigt waren, an übernatürliche Phänomene zu glauben. Diese Ungläubigen scheuten weder Arbeit noch Mühe, um den Kult ins Lächerliche zu ziehen.
So verstiegen sie sich beispielsweise zu der Behauptung, es handele sich bei den angeblichen „Geistern" um durch und durch körperliche Wesen, die hier in Lokvorth-Therm irgendwelchen undurchsichtigen Geschäften nachgingen. Einige Wochen lang herrschte daraufhin eine regelrechte Nakken-Manie. Angeblich wurden diese Wesen überall in der Stadt gesehen. Gesicherte Beweise dafür gab es jedoch nicht. Zumindest keine, die die Anhänger des Kultes anerkannt hätten.
Dafür hieß es - auch dies ein Gerücht, das sich nicht beweisen ließ -, es seien Menschen verschwunden, und die Nakken hätten dabei auf irgendeine Art und Weise ihre Fühler im Spiel.
Aber da es keine Behörden irgendwelcher Artmehr gab und niemand es für nötig hielt, die Bewohner von Lokvorth-Therm auch nur zu zählen, geschweige denn namentlich zu erfassen, konnte auch niemand stichhaltig nachweisen, daß wirklich jemand abhanden gekommen war. Außerdem schienen solche Gerüchte stets nur junge Erwachsene zu betreffen, die ohnehin im Begriff waren, sich selbständig zu machen und es unter den in Lokvorth-Therm gegebenen Umständen sehr häufig vorzogen, sich zu diesem Zweck eine eigene Bleibe in anderen, weit von ihrem bisherigen Wohnort entfernten Teil der Stadt zu suchen. Und wo wirklich jemand verschwunden war, dä ließ es sich auch auf andere Weise erklären.
Die nächste Attacke der Ungläubigen war vergleichsweise simpel, dafür aber auffallend erfolgreich. Sie galt auf den ersten Blick nicht den Geisteranbetern selbst, sondern einzig und allein dem Objekt ihrer Verehrung.
Irgend jemand - wahrscheinlich ein Plutokrat mit einschlägiger Sammlung - hatte sich mit den spärlichen Erkenntnissen über die Nakken im ailgemeinen und jene im Humanidrom im besonderen befaßt und war dem im Tempel aufgestellten Standbild darüber hinaus mit naturwissenschaftlich gestimmter Nüchternheit zu Leibe gerückt.
Das Ergebnis dieser Bemühungen bestand in einer zoologischen Zuordnung des „Geistes".
Natürlich war das reine Blasphemie - zumindest in den Augen derer, die den Geist so sehr verehrten.
Und abgesehen davon war es reiner Unsinn.
Denn erstens konnte man so nicht mit einem Geist umspringen, und zweitens war es eine glatte Unverschämtheit und eine krasse Mißachtung aller wissenschaftlichen Prinzipien, eine extraterrestrische Lebensform einfach mir nichts, dir nichts einer terrestrischen Tiergruppe zuzuordnen.
Aber Mißachtung hin, Unverschämtheit her - sie hatten es getan.
Nacktschnecken, sagten sie, und plötzlich waren die seltsamsten Wörter im Umlauf. Bauchfüßer. Gastropoden. „Und diese schleimigen Biester", behaupteten sie, „haben sich unser Humanidrom unter die Fühler gerissen und benutzen es, um sich dort zu erholen."
Und es fand sich auch tatsächlich jemand, der dies angeblich mit eigenen Augen gesehen hatte: Hunderte von Nakken, die dort oben herumsaßen und faulenzten und das ganze Humanidrom in etwas umgewandelt hatten, das kein normales Wesen verstehen konnte: eine Welt, in der sich Nakken - und nur Nakken - so richtig wohl fühlen konnten. Ohne diesen Augenzeugenbericht wäre es vielleicht wieder nur so ein Gerücht geworden, das niemand ernst nahm und das irgendwann in Vergessenheit geriet. Aber mit diesem Bericht wurde es in den Augen der Lokvorther zu einer Tatsache, der nur ausgemachte Dummköpfe und unverbesserliche Ignoranten sich verschließen konnten.
Wobei mit den Dummköpfen und Ignoranten natürlich die Leute um Masquam, Dreight und Hermyth gemeint waren.
Jepht dachte nicht gerne an diese Zeit zurück, aber zugleich war er auch ein bißchen stolz auf sich selbst und auf seine Standhaftigkeit, mit der er damals dem Kult die Treue gehalten hatte. Auf diese Weise war er in der Hierarchie ein gutes Stück nach oben geklettert und rangierte einige Jahre lang unmittelbar hinter den drei Begründern
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