149 - Haus der mordenden Schatten
Zifferblatt, das offensichtlich
handbemalt war und Szenen auf See zeigte, gischtige Wellen, die zerklüftete
Felsen umspülten, ein Viermaster in Seenot, eindrucksvolle, beinahe
dämonenähnliche Fischgesichter zwischen den einzelnen Szenen verteilt.
Das alles war schon auffallend. Aber
bemerkenswert war die Tatsache, daß diese Uhr - überhaupt keine Zeiger mehr
hatte.
Darauf angesprochen meinte der Portier: »Sie
schlägt schon lange die Stunden nicht mehr. Aber sie steht hier ohne Zeiger,
solange ich zurückdenken kann. Es ist ein Dekoration Stück, alt und selten. So
etwas mögen die Leute. Und so lassen wir sie hier stehen. Ebenso könnten wir
einen Gummibaum in die Ecke stellen oder eine alte Winchester dort aufhängen.
Aber die Uhr ist eben interessanter, finden Sie nicht auch ?«
»Doch.«
Larry hatte Zimmer vierzehn. Außer ihm, so
hatte er inzwischen erfahren, gab es keine weitere Gäste im Haus.
Keine Rede von der Bikini-Schönheit. Für den
Alten existierte sie überhaupt nicht. War sie auch für ihn, Brent, nur eine
Halluzination gewesen?
Er wollte den Merkwürdigkeiten im Beach-Hotel
auf den Grund gehen. Vor allen Dingen wollte er der PSA in New York einen
ausführlichen Bericht über seine Panne und die seltsamen Beobachtungen geben,
die er gemacht hatte.
Das nahm er sich vor, während er die
ächzenden Holzstufen hinauf ging.
Als Larry seine Zimmertür aufschloß, hatte er
dieses Vorhaben vollkommen vergessen...
*
Er bemerkte von diesem teilweisen
Gedächtnisschwund überhaupt nichts.
Larry inspizierte sein Zimmer, das sehr
einfach eingerichtet war. Badezimmer war keines vorhanden. Es gab ein
Waschbecken. Um zur Toilette zu gelangen, mußte er ans Ende des Korridors gehen.
Auf dem Weg dorthin kam er an mehr als einem
Drittel der hier auf den Gang mündenden Türen vorbei. Larry tat etwas, was ein
Gentleman normalerweise nicht tat, doch in Anbetracht der besonderen Umstände
hielt er sein Vorgehen für gerechtfertigt: er blieb vor jeder Tür kurz stehen,
um zu lauschen.
Er vernahm nicht das kleinste Geräusch und
sah auch nirgends Licht schein unter den Türritzen. Es mußte wohl so sein, wie
der Portier gesagt hatte: außer ihm gab es keine weiteren Gäste.
Zurückgekehrt in sein Zimmer klappte X-RAY-3
das Fenster weit auf und legte sich dann in sein Bett. Er lag noch eine ganze
Weile wach und nachdenklich da und starrte gegen die Holzdecke. Ganz tief in
seinem Bewußtsein regte sich etwas. Er wußte, daß er irgend etwas noch hatte
tun wollen. Aber was es war, darauf kam er nicht.
Er fiel schließlich in einen unruhigen und
nicht sehr tiefen Schlaf. Immer wieder zuckte er leicht zusammen, befand sich
ständig auf der Schwelle zwischen Traum und Wachzustand - und fuhr plötzlich
zusammen, als das Geräusch laut und dumpf durch die Wände drang.
Boooonggg - bummmm - booormggg - bummmm -
booooongggg - bu- uuummmm.
Larry Brent schreckte auf.
Eine große Uhr schlug.
Zweimal, dreimal, viermal...
Der PSA-Agent hielt den Atem an. Das Geräusch
kam von unten.
Aber das konnte nicht sein. Die alte Uhr mit
den Seefahrtsmotiven hatte ja kein Werk mehr, war überhaupt nicht
funktionsfähig und konnte demnach auch nicht schlagen.
Boooonggg - buuuummmm
Das gewaltige, dröhnende Geräusch strafte
seine Überlegungen Lüge.
Schlug die Uhr unten zum elften oder zwölften
Mal? Er wußte es nicht. Dumpf und hallend verebbten die gewaltigen Schläge.
Larry warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
Elf! Demnach hatte er erst eine halbe Stunde vor sich hingedämmert. Dabei kam
es ihm so vor, als wären schon Stunden vergangen.
Er warf die Decke zurück und stand auf. Er
fühlte sich wie gerädert.
X-RAY-3 stand mitten im Zimmer, starrte durch
das Fenster, und seine Augen wurden schmal. Im Sternenschimmer meinte er auf
der gegenüberliegenden Seite der kleinen Bucht ein metallisches Blitzen zu
sehen. Es kam von dem ovalen Platz her, wo die Büsche und Sträucher standen,
auf dem der schmale, ausgetretene Pfad mündete.
Neugierig trat X-RAY-3 an das Fenster und
starrte über die Bucht.
Das war ein Traum!
Da vorn auf dem freien Platz - standen
mehrere Autos, Caravans und ...
Das konnte nicht die Wirklichkeit sein.
Er schloß die Augen - und öffnete sie wieder.
Die Fahrzeuge dort drüben lagen wie unter einem dichten Nebelschleier, der sich
wabernd bewegte.
Die Caravans und Autos nahm er wahr, als ob
sie eine Vision aus Licht wären. Das Ganze tanzte vor seinen Augen auf und ab,
und im
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