1492 - Vampir-Attacke
Außenseite der Zahn der Zeit nagte und dafür sorgte, dass immer mehr Putz abbröckelte.
Es gab die Wohnungen an der Vorderseite und auch die an der Rückseite. Hier lebten Laura und ihre drei Mitbewohner. Vier kleine Zimmer, aber man hatte zumindest ein Dach über dem Kopf.
Sie musste durch eine Einfahrt gehen, die recht schmal war. Obwohl sie schon recht lange in dieser Gegend lebte, wurde sie das beklemmende Gefühl nicht los, als sie die Einfahrt durchlief. Es war düster wie in einem Tunnel, außerdem roch es eklig. Es war immer irgendwie feucht, da fand sie es auf dem Hinterhof noch besser.
Sie lief schnell, wenn auch mit kleinen Schritten. Die Arme hatte sie vor der Brust zusammengelegt. Die schützende Haltung hatte sie unbewusst eingenommen.
Hinter der Einfahrt erwischte sie die Stimme, und Laura hatte das Gefühl, vor Schreck zu erstarren.
»He, da bist du ja endlich. Wir haben verdammt lange auf dich warten müssen.«
»Scheiße«, sagte sie nur.
Der Sprecher lachte. »Das kommt darauf an. Es kann für dich verdammt beschissen werden, wenn wir uns nicht einigen. Die Rate für den Monat ist schon überfällig.«
»Ich weiß.«
»Dann wirst du uns doch zufrieden stellen können.«
Der Sprecher löste sich aus der Dunkelheit. Es war Keene, ein abgebrühter Hundesohn. Er sah sich als Boss des Reviers. Er war der große Schutzgelderpresser, und er kam nie allein. Im Hintergrund lauerte stets der Koreaner, einer, der zahlreiche Kampftechniken beherrschte, bis hin zu den berühmten Todesschlägen, die er zweimal schon angesetzt hatte, so erzählte man es sich.
Keene löste sich wie ein Gespenst aus dem Dunkel. Er grinste breit und funkelte Laura an.
»Ich kassiere gleich hier.«
»Ja, ja, aber…«
»Wieso aber?«
»Es war nichts. Ich habe nichts eingenommen. Die letzten Tage konnte ich vergessen.«
»Wie, du hast nichts eingenommen?«
»Nur wenig. Außerdem muss ich meine Miete bezahlen. Ihr bekommt das Geld, aber gebt mir eine Woche, dann…«
Keene wurde wütend. »Das ist doch mehr als Affenscheiße!« zischte er. »Ich habe dir schon Zeit genug gelassen. Auch wir haben unsere Unkosten, verstehst du?«
Laura ballte die Hände. »Ich habe das Geld doch nicht übrig, verdammt noch mal. Warum kannst du das nicht begreifen?«
»Du bist faul gewesen.«
»Nein, das bin nicht. Aber es wird immer schwieriger. Halb London wird überwacht.«
»Das weiß ich. Anderen ergeht es ebenso. Dann musst du eben deinen Job wechseln. Lass dich bumsen und nimm Geld dafür. Ich könnte dir da etwas besorgen.«
»Nein, nein, das mache ich nicht!«
Keene grinste. »Du wirst es machen müssen, solange du noch dein hübsches Gesicht hast. Solltest du dich weigern, werde ich dir einige Zeichen hineinschnitzen.«
»Das machst du nicht!«
Keene streckte seine Hand aus. »Ich will die Kohle sehen.«
»Und ich habe sie nicht!« schrie sie den Kerl an.
Keene runzelte die Stirn. Im Hintergrund räuspere sich der Koreaner, um auf sich aufmerksam zu machen.
»Soll ich sie mir mal vornehmen?« fragte er mit seidenweicher Stimme.
»Nein, noch nicht. Sie wird bestimmt noch vernünftig werden und den Zaster rausrücken.«
»Scheiße, ich habe – ahhh…« Der Schrei löste sich aus Lauras Mund, denn Keene hatte zugeschlagen und sie hart am Kinn und an der Wange getroffen. Durch die Wucht wurde sie herumgewirbelt, geriet ins Rutschen und fiel auf die Knie.
Ihr Gesicht brannte, als wäre es von einer Feuerlohe berührt worden. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie hörte, dass Keene sie ansprach, aber sie wusste nicht, was er sagte.
Das erfuhr sie wenig später, als er an ihren Haaren zerrte und ihr die Worte entgegenzischte: »Ich werde dich jetzt durchsuchen. Ich weiß, dass du Kohle hast und sie immer bei dir trägst. Das hat man uns gesagt. Die Schwuchtel in deiner Bude hat gern geredet.«
»Ich muss aber…«
Keene zerrte ihren Kopf hin und her. »Du musst gar nichts, verdammt noch mal! Du musst dein Maul halten und nichts tun, wenn wir dir das Geld abnehmen. Wir holen uns schon das, was uns zusteht, und ich denke, dass wir die Summe ab dem nächsten Monat erhöhen. So springt man mit uns einfach nicht um.«
Keene zerrte wütend an den Trägern des Rucksacks und riss ihn Laura vom Rücken.
Der Koreaner war zu ihnen getreten. In seiner Hand hielt er ein Messer mit schmaler Klinge.
»Achte auf unsere Freundin. Ich schaue mir den Rucksack mal von innen an.«
»Ist okay.«
Keene hatte den Klettverschluss
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