1493 - Höllenschwur der Zwillinge
verschwand wieder in ihrem Büro.
Vor der Arbeit das Vergnügen. Der Kollege testete den Kaffee und nickte. »Gut, und das sage ich nicht nur so. Wenn ich da an unsere Automatenbrühe denke…« Er winkte ab. »Vergessen wir das.« Er holte tief Luft. »Das Leben bietet leider auch andere Dinge, und deshalb sitze ich hier bei Ihnen.« Er holte seine Tasche heran und öffnete sie.
»Mord?« fragte ich.
»Ja.« Hamlin blickte mich an. »Und zwar ein verdammt scheußlicher. Er passierte in einem Altenheim, aber das werden Sie gleich alles sehen können. Nur sind die Fotos nicht sehr erbaulich.«
Suko fragte: »In einem Altenheim?«
»Ja.«
»Das ist selten.«
Hamlin holte die Beweise noch nicht hervor. Er musste noch mal indirekt darauf zu sprechen kommen. »Man kann es kaum glauben, dass es in dieser kleinen Welt des Altenheims soviel Schreckliches gegeben hat. Ich bin selbst wie vor den Kopf geschlagen. Mit so etwas kann niemand rechnen. Die Tote saß in einem Rollstuhl. Eine ehemalige Lehrerin Mitte sechzig, glaube ich. Kein Alter.«
»Aber war sie gebrechlich?« fragte ich.
»Ja, in gewisser Weise schon. Sie war dabei, sich von einem Schlaganfall zu erholen. Ihre Zeit im Heim sollte begrenzt bleiben. Sie wäre bald in die eigentliche Reha gekommen. Den Schlaganfall hat sie überstanden – den Mordanschlag nicht.«
Bisher hatte er noch nicht erzählt, warum er gerade uns mit dieser Tat konfrontierte. Wir wollten ihn auch nicht darauf ansprechen und warteten ab.
Rick Hamlin war schon leicht nervös, als er in die Tasche griff und die Beweisstücke hervorholte. Die Aufnahmen befanden sich in einer Klarsichthülle.
»Sie sind in Farbe, meine Herren, und das macht ihr Betrachten nicht eben leichter. Scheußlich, sage ich nur – scheußlich.«
Danach schwieg er. Auch wir hielten uns zurück. Es waren nur die schabenden Laute zu hören, als er die Fotos auf dem Schreibtisch ausbreitete.
Fünf waren es.
Die Bilder lagen so, dass Suko und ich sie von zwei Seiten gut betrachten konnten. Beide schauten wir hin, und keiner von uns gab zunächst einen Kommentar ab.
Ich musste feststellen, dass der Kollege nicht übertrieben hatte.
Mein Magen drehte sich um, und ich holte ebenso scharf durch die Nase Luft, wie es Suko tat.
Blut – viel Blut!
Der Killer hatte mehrmals zugestochen und auch Adern getroffen, sodass der Lebenssaft hatte herausspritzen können. Er musste auf diese im Rollstuhl sitzende Frau einen wahnsinnigen Hass gehabt haben. So etwas konnte ich mir nicht vorstellen. Wie war ein Mensch überhaupt in der Lage, so etwas zu tun?
Es gefiel mir nicht, aber ich schaute trotzdem auf die Frontalaufnahme.
Hamlin bemerkte meinen Blick und gab einen leisen Kommentar ab. »Man hat ihr zuerst die Kehle durchgeschnitten, damit sie schnell tot war und nicht schreien konnte. Dann wurde auf sie eingestochen, und das mit einer sehr langen Klinge, denn die Wunden sind verdammt tief.«
»Das sieht man an den Folgen«, sagte Suko mit leiser Stimme. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, und sein Gesicht sah aus wie eingefroren.
Die Umgebung der Toten bestand aus einem schlichten Zimmer, das mit einem Bett, einem Schrank und einem Stuhl möbliert war.
Neben dem Bett stand noch ein Nachttisch. Auf ihm lag eine Schachtel Pralinen.
Die Tat war schlimm. Sie war grausam. Sie war nicht zu fassen, aber wir sahen beide nicht, was uns dieser Fall anging. So schlimm und unfassbar der Mord auch war, er fiel nicht in unseren Fachbereich. Das war etwas für Rick Hamlin und seine Mannschaft.
Darauf sprach ich ihn an, und Tanners Vertreter dachte kurz über die Antwort nach.
»Im Prinzip haben Sie ja recht, Mr. Sinclair, aber ich denke, dass Sie etwas übersehen haben.«
»Und was?«
Hamlin holte ein Foto hervor, das sich etwas unter den anderen versteckt hatte. Darauf war nicht die Tote zu sehen, sondern das Bett und dessen Umfeld.
»Bitte, schauen Sie mal gegen die Wand neben dem Bett. Dort kann kein Blut hingespritzt sein, und trotzdem ist es vorhanden. Man hat es dort verschmiert und eine Zeichnung hinterlassen. Eigentlich gut zu erkennen, aber wer die Fotos ansieht, der wird von den anderen Szenen abgelenkt. Wenn Sie eine Lupe benötigen, ich habe eine mitgebracht.«
»Nein, nein, nicht nötig.«
Suko und ich beugten uns erneut vor. Jetzt sahen wir das, weshalb der Kollege gekommen war.
An der hellen Wand hatte jemand eine Zeichnung hinterlassen.
Ein Symbol, und das konnte uns nicht gefallen, denn es war
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