1493 - Höllenschwur der Zwillinge
gezerrt und mich verprügelt. Die Schläge trafen nie mein Gesicht, nur den Körper, aber sie haben verdammt wehgetan, und vergessen werde ich sie nie.«
Mirjas Augen weiteten sich. »Ja, jetzt erinnere ich mich. Es war schrecklich für dich. Ich habe dir damals noch geholfen, indem ich mich für dich ausgegeben habe.«
»Stimmt.«
»Wir haben nichts gesagt.«
Maureen nickte. »Aber auch nichts vergessen.«
»Genau.«
Maureen schaute über den Rand des Kreises mit den abgebrannten Kerzen hinweg. Die Umgebung hatte ihren gruseligen Charme der Nacht verloren. Der Wald sah aus, als wäre er abgestorben. Es war schwer vorstellbar, dass er irgendwann wieder in voller Blätterpracht stehen würde.
»Bleibst du noch immer bei deinem Vorschlag, Schwesterherz?«
»Ja.«
»Und wann willst du ihn in die Tat umsetzen?«
Maureen drehte sich mit einer schnellen Bewegung um, weil sie ihre Schwester anblicken wollte.
»So schnell wie möglich.«
»Also heute!«
»Genau. Gestern haben wir unsere Rache begonnen, heute führen wie sie fort, und morgen darfst du jemanden vorschlagen. Diese verdammte Schule soll nicht mehr zur Ruhe kommen.«
»Schwesterlein, du sprichst mir aus dem Herzen. Unsere Rache geht weiter.«
Beide liefen aufeinander zu und umarmten sich. Sie waren davon überzeugt, dass ihnen der Teufel auch weiterhin zur Seite stehen würde…
***
Phil Cusacks Reich war der Teil der Schule, der für die Schüler immer ein Geheimnis bleiben sollte. Der Keller mit seinen zahlreichen Räumen, in denen Werkzeuge und Vorräte gelagert wurden, in denen aber auch die Energieversorgung untergebracht war. In diesem Reich war Cusack seit Jahren der King.
Hier war er zu Hause. Hier kannte er jeden Winkel, und er dachte mit Schrecken daran, dass er in fünf Jahren in Rente gehen musste und damit praktisch alles verlor. Dann war er beschäftigungslos.
Einen anderen Job würde er in seinem Alter kaum finden.
Cusack war mal verheiratet gewesen, aber seine Frau hatte ihn vor fünfzehn Jahren verlassen, weil er etwas mit einer jungen Lehrerin angefangen hatte. Da war sie gegangen und hatte den gemeinsamen Sohn gleich mitgenommen, der inzwischen längst erwachsen war.
Seit dieser Zeit lebte Cusack allein in der Hausmeisterwohnung, die aus drei Zimmern bestand und im Erdgeschoss des Schulgebäudes lag, wo er seine Ruhe hatte.
Phil Cusack hatte vom Lehrkörper freie Hand bekommen. Sollte er einen Schüler oder eine Schülerin bei Dingen erwischen, die nicht ganz koscher waren, überließ man es ihm, sie zu bestrafen. Und das kam immer wieder mal vor, wenn welche in sein Reich schlichen.
Wenn er die Wohnung verließ, lag in der Nähe der direkte Zugang zum Keller, und das war gut.
An diesem Morgen war er von einer Hiobsbotschaft überrascht worden. In der Zeitung wurde vom Mord an einer Eartha Boone berichtet, einer Frau, die hier in der Schule unterrichtet hatte. Einzelheiten hatten die Reporter noch nicht herausgefunden, aber der Killer musste wohl sehr gewütet haben.
Beim Lesen des Berichts war Cusack sehr nachdenklich geworden.
Seinen Kontakt zu den Lehrkräften bezeichnete er als neutral. Hin und wieder gab es jedoch die eine oder andere Person, mit der er sich gut verstand. Zu diesem Kreis hatte auch die Ermordete gezählt, und da war ihm beim Lesen schon ein Schauer über den Rücken gelaufen. Denn er und Eartha hatten ungefähr die gleichen Ansichten vertreten, was die Erziehung der Jungen und Mädchen anging.
Härte!
Sie sollten merken, wo sie waren. Das Heim war kein Kindergarten, und wer hier gelandet war, der hatte schon etwas auf dem Kerbholz, das stand fest.
Jetzt war Eartha Boone tot. Ermordet in dem Heim, in dem sie sich für ein begrenzte Zeit aufgehalten hatte. Der Schlaganfall hatte sie aus der Bahn geworfen, aber sie hatte versprochen, wieder in die Schule zurückzukehren.
Das war nun nicht mehr möglich.
Aber warum sie? Was hatte Eartha Boone ihrem Mörder getan?
Wer hatte sie so gehasst, dass er ihr auf diese schreckliche Weise das Leben genommen hatte?
Er fand keine Antwort, aber in seinem Kopf begann sich ein bestimmter Gedanke zu bilden. Es konnte unter Umständen sein, dass diese Tat mit der Schule in einem Zusammenhang stand.
Eartha Boone hatte hier nicht nur Freunde gehabt. Die meisten waren sogar ihre Feinde gewesen, aber in dieser Heimschule war das eben so. Da gab es keinen Spaß.
Cusack hatte an diesem Tag etwas Bestimmtes vor. Schon lange wollte er seinen privaten Keller
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