1497 - Unternehmen Exitus
erschütternden Erlebnisse während der eigenen Vernetzung in Simusense zu berichten. Er beschränkte sich auf eine Kurzfassung, weil er fürchtete, wertvolle Zeit zu vergeuden - und weil die Erinnerungen daran die furchtbaren Wunden in seiner Seele, die Simusense ihm zugefügt hatte, erneut aufrissen. „Wahnsinn!" flüsterte Gesil, als er geendet hatte.
Treffender hätte sie es nicht charakterisieren können. Doch jetzt war nicht die Zeit, sich lange damit aufzuhalten. Irgendwo in der Nähe ihrer Zuflucht lauerten die 15 Cantaro-Schiffe, falls es inzwischen nicht noch mehr geworden waren. Und außerhalb des Solsystems kam der Zeitpunkt Null immer näher. „Komm, gehen wir dorthin!" sagte er und deutete in die Richtung der Bugspitzen. Die andere Richtung erschien ihm uninteressant. Hinter dem Heck der TARFALA gab es nur eine massive, glatte, den Hohlraum lückenlos abschließende Wand. Jenseits des Bugs dagegen verschwamm alles wie in einem goldfarbenen Nebel.
Sie gingen in den Nebel hinein und hielten sich dabei an den Händen. Innerhalb des Nebels war die Sicht gleich Null. „Nein, wir befinden uns nicht im Netz", sagte Rhodan nach einer Weile. „Wir haben unsere Identität behalten. Ich hoffe es jedenfalls."
Als Antwort drückte Gesil lediglich seine Hand.
Sekunden oder Minuten oder Stunden später riß der goldfarbene Nebel auf.
Gesil und Perry blieben stehen. Sie blickten erstaunt auf eine graubraune Ebene, über die dünne Sandoder Staubschwaden trieben. Darüber wölbte sich ein trüber Himmel. Im Zenit hing eine orangefarbene Scheibe und verbreitete ungefähr so viel Licht wie Sol in einer terranischen Mittsommernacht. „Ich wollte, ich wäre Atlan", sagte Rhodan grübelnd.
Gesil erwiderte nichts, sondern sah ihn nur fragend von der Seite an. „Dann hätte ich ein fotografisches Gedächtnis und wüßte, wo ich eine solche Landschaft schon einmal gesehen habe", erklärte Rhodan. „Es sieht wahrscheinlich auf vielen Planeten so aus", meinte Gesil. „Aber vielleicht hilft dir das weiter."
Sie deutete mit ausgestrecktem Arm auf etwas, das in zirka 500 Metern Entfernung größtenteils hinter Staubschleiern verborgen war. „Ruinen", vermutete Rhodan. Sie gingen auf die Objekte zu. Ihre Hände hatten sich voneinander gelöst.
Es bestand keine Gefahr mehr, sich zu verlieren. Als sie dicht herangekommen waren, konnten ihre Blicke die Staubschleier durchdringen. Erstaunt sahen sie, daß die Objekte eine Anordnung pyramidenförmiger Bauwerke waren, drei relativ niedrige Pyramidenstümpfe, die einen kuppelförmigen Bau einschlossen.
Das war jedoch nicht alles. Etwa hundert Meter weiter stachen zwei mindestens 150 Meter hohe vollständige Pyramiden durch den Staubdunst, eine Art Stufenpyramide, wie es sie beispielsweise in Mexiko gab, und eine, die verblüffend der Cheopspyramide ähnelte. Beide Bauwerke waren durch Mauern eingefaßt, die sich jenseits von ihnen zu einer vereinigten. Diese eine Mauer, an die Große Mauer von China erinnernd, aber doch ganz anders, führte weiter von den Pyramiden fort und verlor sich schon nach kurzer Strecke in einer undurchdringlichen Nebelwand. „Was bedeutete das?" flüsterte Gesil tonlos. „Es scheint sich um eine Art Museum zu handeln."
„Eine Hinterlassenschaft", gab Perry, ebenfalls leise und beklommen, zurück. „Die Erinnerungen an eine vergangene Zivilisation."
Seine Augen weiteten sich. „Zeut!" flüsterte er kaum hörbar. „Du meinst den vor mehr als 50.000 Jahren zerstörten fünften Planeten des Solsystems?" vergewisserte sich Gesil.
Perry nickte. „Es stimmt fast alles: die Landschaft, das trübe Licht, das an terranische Mittsommernächte erinnert. So sah ich es vor rund 200.000 Jahren, als ich mit Atlan, Ovaron und anderen Freunden in die Vergangenheit gereist war, um auf Zeut den Bau des Todessatelliten zu verhindern." Seine Lippen zuckten kaum merklich. „Jedenfalls, bevor die Bestien aus ihrem langen Winterschlaf erwachten - und bevor wir mit dem Vorstoß nach Exilot uns die Möglichkeit zur Heimkehr erkämpften."
„Ich habe es alles nachgelesen", gab Gesil zurück. „Das müssen turbulente Zeiten gewesen sein, damals." Sie lachte humorlos. „So wie heute."
„Mein, Gott, ja!" entfuhr es Perry. „So wie immer. Warum das alles? „Wie können Menschen diese unendliche Kette katastrophaler physischer und psychischer Belastungen aushalten?"
„Vielleicht, wenn sie Zellaktivatorträger und damit unsterblich sind", erwiderte Gesil.
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