15 Gruselstories
langsam auf das Haus voller Schatten senkte; auf das Haus, in dem um jede Ecke etwas zu lugen schien, etwas, das einen auf Schritt und Tritt verfolgte und einem aus den Spiegeln entgegengrinste.
Er setzte sich hin und wartete auf ihre Rückkehr. Er schaltete alle Lampen an und stellte das Radio auf volle Lautstärke. Er war heilfroh, daß er keinen Fernsehapparat hatte. Denn der hätte einen Bildschirm, und ein Bildschirm hätte eine Spiegelung, und eine Spiegelung war das letzte, was er jetzt sehen wollte.
Aber heute passierte nichts weiter, und als sie mit Paketen beladen nach Hause kam, hatte er sich schon wieder in der Gewalt. Sie aßen und unterhielten sich ganz natürlich. So natürlich, daß es wenn es zugehört hätte, nichts von ihrer Furcht gemerkt hätte.
Nach dem Essen machten sie sich an die Vorbereitungen für die morgige Party. Sie riefen ein paar Leute an, und ihm kam der plötzliche Einfall, die Hackers ebenfalls einzuladen. Als dann wirklich nichts mehr zu tun war, gingen sie schlafen. Das Licht war überall aus. Das bedeutete, daß die Spiegel dunkel waren. Sie konnten beruhigt schlafen.
Am nächsten Morgen bereitete ihm nur das Rasieren einige Schwierigkeiten. Und dann ertappte er sie, jawohl, er ertappte sie. Sie erledigte in der Küche hastig ihr Make-up, wobei sie die Hand schützend um den kleinen Taschenspiegel gelegt hatte, um die Spiegelung auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Aber er sagte nichts, und sie sagte nichts, und es unternahm nichts.
Er fuhr zur Arbeit, und sie bereitete die Sandwiches, und wenn das Haus an diesem langen, trüben, trostlosen Sonnabend hin und wieder seufzte und krächzte und flüsterte, dann war das nur natürlich.
Als er wieder nach Hause kam, schwieg das Haus völlig; und das war noch unangenehmer. Es war, als würde irgend etwas auf den Einbruch der Nacht warten. Deshalb machte sie sich auch so zeitig zurecht. Sie summte, während sie sich puderte und schminkte, und wirbelte vor dem Spiegel herum (man kann nicht so klar sehen, wenn man sich dreht). Deshalb mixte er für sie und für sich ein paar kräftige Drinks, ehe sie eine Kleinigkeit aßen (man kann nicht so klar sehen, wenn man trinkt).
Dann strömten die Gäste herbei. Die Teters, die sich über die windigen, verwahrlosten Straßen durch die hügelige Landschaft beklagten. Die Valliants, die sich wortreich über die antike Täfelung und die hohen Decken äußerten. Die Ehrs, die lachten und kreischten, wobei Vic bemerkte, daß das Haus so aussähe, als wäre es von Charles Addams entworfen. Das war das Startzeichen zum Trinken. Als Mr. Hacker mit seiner Frau dazukam, war die Stimmung schon so ausgelassen, daß man nicht wußte, ob das plärrende Radio das Stimmengewirr der Gäste übertönte oder umgekehrt. Er trank und sie trank, aber sie konnten es nicht aus ihren Gedanken verbannen. Die Bemerkung über Charles Addams machte alles auch nicht gerade besser. Und dann waren da die anderen Dinge, die nicht zu übersehen waren. Kleinigkeiten nur, aber dennoch … Die Talmadges hatten Blumen mitgebracht. Sie war in die Küche gegangen, um die Blumen in eine Kristallvase zu stellen. Als sie Wasser in die Vase füllte, verdunkelte sich plötzlich das geschliffene Glas zwischen ihren Fingern, und irgend etwas reflektierte von dem Kristall. Sie drehte sich rasch um, aber sie war allein. Ganz allein und hielt hundert nackte Augen in ihren Händen.
Die Vase fiel klirrend zu Boden, und die Ehrs und die Talmadges und die Hackers und die Valliants und er stürzten in die Küche und versammelten sich um sie. Talmadge verurteilte sie wegen Trunkenheit, und das war Grund genug für eine neue Runde. Er sagte kein Wort, sondern holte stillschweigend eine andere Vase. Aber er mußte genau wissen, was
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