15 Gruselstories
der Lösung so nahe, daß es gefährlich wurde. Für dich – und für ihn. Und als dir das deutlich zum Bewußtsein kam, hast du ihn umgebracht.«
»Nein.«
»Warum streitest du das ab? Du hast mir gegenüber schon einen Mord zugegeben. Also –«
»Es war kein Mord, Donna zu töten«, sagte er. »Das war bare Selbstverteidigung. Das ist vorbei. Aber mit Patridges Tod habe ich nichts zu tun. Ich nicht. Es ist mir gleichgültig, was du denkst: Aber sie hat es getan!
Ich habe dir erzählt, daß sie ihn Nacht für Nacht aufgesucht hat. Sie hat ihn gequält und an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Sie wollte ihn dazu bringen, daß er freiwillig aus dem Fenster springt.
Als es mir Patridge an jenem Nachmittag berichtete, war ich mit meinen Nerven am Ende. Ich war bereit, ihm alles zu erklären. Ich wollte ihm die Wahrheit über den Schatten und über mich sagen.
Ich weiß noch genau, wie sich Patridge über mich beugte und mich nach Einzelheiten über den Unfall befragte. Aber ehe ich sprechen konnte, ehe ich das sagen konnte, was ich endlich loswerden mußte, nahm sein Gesicht einen verwunderten Ausdruck an, und er richtete sich auf. Meine Augen folgten seiner Blickrichtung, und ich sah, daß sie da war. Donna, der Schatten! Aber es war kein Schatten an der Wand. Der Schatten befand sich mitten im Raum. Er bewegte sich auf Patridge zu und umklammerte seinen Arm. Patridge wollte schreien, aber etwas verschwommen Dunkles – ihre Hand – legte sich auf seine Lippen. Seine Füße schlurften über den Teppich, als sie ihn zum Fenster zerrte. Er machte einen verzweifelten Versuch, sich am Fensterrahmen festzuhalten, doch der Schatten war stärker. Und der Schatten lachte. Der Schatten lachte.
Das Lachen war so laut, daß es die entsetzten Schreie des Mannes, der tiefer und tiefer stürzte, übertönte …«
Joe holte tief Luft, ehe er fortfuhr: »Es ist schade, daß du nicht etwas früher gekommen bist. Dann hättest du sie sehen können und würdest mir glauben. Sie kam kurz vor dir und hat mich aufgeweckt. Sie sagte, daß sie eine Überraschung für mich hätte und ich sollte zum – dahin gehen. Sie wollte mir etwas zeigen. Ich konnte mir zuerst überhaupt nicht vorstellen, was sie meinen könnte. Aber jetzt weiß ich es. Weißt du, ich habe angefangen, nachzurechnen, und – aber was rede ich da! Das kannst du nicht verstehen. Du würdest mich auslachen. Selbst wenn ich dich mitnähme, würdest du nur lachen …«
»Wie du siehst, Joe, lache ich nicht«, sagte ich mit einer Stimme, die nicht meine eigene zu sein schien.
»Da tust du auch gut daran«, murmelte Joe. »Du würdest sonst ihr Mißfallen erregen. Und sie würde es nicht dulden, wenn ihr irgend jemand im Wege steht. Sie ist jetzt so stark … stärker als irgend jemand … Ich werde das tun, was sie fordert. Denn jetzt, wo sie einen echten Anspruch auf mich hat, kann sie nichts aufhalten.«
Ich sprang auf. »Natürlich kann sie etwas aufhalten! Und du weißt auch genau, was.«
»Willst du damit sagen, daß du inzwischen an Geisterbeschwörung glaubst?«
»Joe«, sagte ich eindringlich, »du bist schon auf dem besten Wege, von ihr befreit zu werden. Dadurch, daß du es mir gestanden hast, hat sie bereits einen Teil ihrer Macht über dich verloren. Wahrscheinlich hättest du sie für immer verbannt, wenn du Patridge die Wahrheit gesagt hättest, denn Patridge stellte für dich eine Autorität dar. Das ist die Lösung für dich. Du mußt es einer maßgebenden Behörde berichten. In dem Augenblick, in dem das geschehen ist, werden deine Schuld-komplexe und somit der Schatten verschwunden sein. Es wird dir wieder einfallen, was wirklich mit Patridge passiert ist. Und sobald du ihnen alles gesagt hast und sie sich ein genaues Bild von der Situation machen können, stellst du einen Antrag auf Gewährung mildernder
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