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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein. Es fiel mir das nicht auf; das war jedenfalls nur ein Zufall. Später aber sah ich ein, daß er nur auf uns gewartet hatte.
    Er führte uns an ein Haus, welches einen so breiten und hohen Eingang hatte, daß wir gleich in den Hof reiten konnten. Dort standen zwei Ochsenwagen, jedenfalls das Eigentum des Fuhrherrn. Uns gegenüber, im hinteren Teile des Hofes, war ein Brettergebäude, welches unser Führer uns als den Stall bezeichnete. Er sagte, daß wir unsere Pferde hineinführen sollten.
    „Meinst du nicht, daß es für uns nötig ist, erst mit deinem Herrn zu sprechen?“
    „Warum?“
    „Noch wissen wir ja nicht, ob er überhaupt bereit ist, uns bei sich aufzunehmen.“
    „Er nimmt euch auf. Er hat Platz, und Männer, welche die Koptscha besitzen, sind ihm stets willkommen.“
    „So ist er auch ein Bruder?“
    „Ja. Da kommt er.“
    Es kam ein kleiner, dicker Kerl in den Hof, welcher nicht den allerbesten Eindruck auf mich machte. Er schielte. Zwar bin ich keineswegs gegen Leute, welche an diesem Naturfehler leiden, voreingenommen; aber der Mann hatte einen schleichenden, katzenartigen Gang und eklig gebogene Kinnbacken, und ich habe stets gefunden, daß solche Personen einen falschen Charakter besitzen.
    „Wen bringst du da?“ fragte er den Knecht.
    „Es sind Freunde; sie besitzen die Koptscha und fanden keinen Platz in den Hans. Du erlaubst doch, daß sie hier bleiben?“
    „Sie sind mir willkommen. Wie lange bleibt ihr hier?“
    „Einige Tage vielleicht“, antwortete ich. „Wir werden dich gern ebenso bezahlen, wie wir im Han zahlen müßten.“
    „Sprich davon nicht. Meine Gäste haben nichts zu bezahlen. Schafft eure Pferde in den Stall, und kommt dann herein zu mir. Ihr werdet finden, was ihr braucht.“
    Er ging wieder fort. Es war mir, als ob er einen sehr befriedigten Bick mit dem Knecht gewechselt habe.
    Der Stall war lang und hatte zwei Abteilungen. In der einen Abteilung standen mehrere Ochsen; die andere war leer und wurde uns angewiesen. Der Knecht stieg eine schmale Stiege empor und sagte:
    „Ich werde euch Heu holen. Oder wünscht ihr ein anderes Futter?“
    „Bringe, was du hast!“
    Als er oben verschwunden war, blickte ich durch ein Astloch der hinteren Stallwand und sah einen ziemlich großen Hof. Dort stand ein langer, starker Mann in lauschender Stellung. Er schien nach uns herüber zu horchen. Da hustete der Knecht oben, und der Mann antwortete, indem er auch hustete. Dann verließ er den Hof.
    Das fiel mir natürlich auf, doch ließ ich mir nichts merken, als der Knecht zurückkehrte. Wir versorgten unsere Tiere und begaben uns dann in die Stube, in welcher uns der Dicke erwartete. Er saß auf einem Polster vor einem Dreifuß, auf welchem eine Platte mit Kaffeetassen stand. Er hieß uns abermals willkommen und klatschte in die Hände. Da erschien ein Knabe, welcher die Tassen füllte.
    Das klappte so gut, als ob man uns erwartet hätte. Auch ein Gefäß mit Tabak stand da. Wir stopften unsere Pfeifen und erhielten glühende Kohlen zum Anbrennen.
    „Du hast ein sehr gutes Pferd“, sagte er. „Verkaufst du es?“
    „Nein.“
    „Das ist schade! Ich hätte es sofort behalten.“
    „So bist du ein reicher Mann. Es vermag nicht jeder, ein solches Pferd zu bezahlen.“
    „Fuhrleute müssen Geld haben. Woher kommst du heute?“
    „Von Nevrekup.“
    „Und wohin wirst du von hier reiten?“
    „Nach Seres.“
    Es fiel mir nicht ein, ihm die Wahrheit zu sagen. Er machte ein Gesicht, wie einer, der irgendeine Sache besser weiß, es aber nicht sagen will, und fragte:
    „Welche Geschäfte machst du hier?“
    „Ich möchte Getreide und so ähnliches kaufen. Gibt es hier einen, bei dem man so etwas bekommen kann, einen Fruchthändler?“
    Es gelang ihm nicht, ein verschlagenes Lächeln zu unterdrücken. Er antwortete:
    „Es gibt einen Mejwedschi hier. Er heißt Glawa und wird dich gut bedienen, denn er ist auch ein Bruder.“
    Da hatte ich also das Gespräch auf diesen Glawa gebracht, bei welchem Manach el Barscha abgestiegen sein sollte.
    „Wohnt er weit von hier?“ erkundigte ich mich.
    „In der anderen Straße. Ich kenne ihn gut. Ich war vor kaum einer Viertelstunde bei ihm.“
    „Ist er beschäftigt?“
    „Ja. Heute wirst du nicht bei ihm ankommen.“
    „Er hat wohl viel Gäste bei sich?“
    „Noch keinen; aber er erwartet Gäste. Deselim aus Ismilan, der Kaffeewirt und Waffenschmied, will auch kommen. Kennst du diesen Mann vielleicht?“
    „Ja. Er ist auch ein

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