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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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soll ich heute für dich tun?“
    Das Geschenk hatte sie in eine Art von Begeisterung versetzt. Sie befand sich in der Stimmung, sich sogar in Gefahr zu begeben, wenn ich es verlangt hätte.
    „Meinst du, daß es unmöglich sei, zu erfahren, was sie beschließen?“ fragte ich.
    „Das wird schwer sein. Ich habe Matten und Wein in die Erker schaffen müssen. Dort werden sie ihre Unterredung halten, und da sind sie nicht zu belauschen.“
    Mit dem Worte ‚Erker‘ meinte sie wohl eine Giebelkammer. Die Schurken verfuhren mit großer Vorsicht.
    „Trinken sie denn Wein, sie, die Anhänger des Propheten?“
    „O, sie trinken oft, bis sie keinen Verstand mehr haben; nur darf es kein anderer wissen. Die Kammer liegt ganz versteckt. Man muß auf einer alten Treppe hinaufgehen. Ich wollte wohl lauschen, aber da oben kann man nicht schnell entfliehen. Würde die Tür geöffnet, so wäre ich verloren. Der Herr hat verboten, heute da hinaufzugehen.“
    „In eine solche Gefahr sollst du dich auch gar nicht begeben! Und doch möchte ich gern wissen, was sie sprechen.“
    „Da fällt mir ein – ich werde sie doch belauschen! Ich lege mich auf die Decke der Kammer.“
    „Wie meinst du das?“
    „Es gibt da oben einen Taubenschlag. Ich krieche hinein und werde alles hören.“
    Das war lustig – ein Taubenschlag!
    „Kann man denn da hinein?“ fragte ich.
    „Ja. Es sind seit vielen Jahren keine Tauben drin gewesen. Das Türloch ist so groß, daß ein Mensch ganz gut hineinkriechen kann.“
    „Aus was besteht der Boden?“
    „Aus hölzernen Knütteln, einer neben den andern gelegt.“
    „Liegen sie fest?“
    „Sehr fest; aber es sind doch Lücken dazwischen, und man kann ganz gut in die Kammer hinabblicken und alles hören. Da hinauf gehe ich, und dann komme ich wieder hierher, um dich zu benachrichtigen.“
    „Hm! Ich möchte dich nicht zu einem solchen Wagnis veranlassen, und sodann ist es –“
    „Herr“, fiel sie ein, „ich tue es; ich tue es gern!“
    „Das glaube ich dir; aber es könnte vieles gesagt werden, was du nicht recht zu deuten wüßtest. Dein Bericht würde mich dann vielleicht irreführen, anstatt mir zu nützen. Könnte ich selbst hinauf in den Taubenschlag, so wäre es viel besser.“
    „Es ist sehr schmutzig da oben!“
    „Das darf mich nicht abhalten. Die Frage ist nur, ob ich glücklich hinaufgelangen könnte, ohne bemerkt zu werden.“
    „Das kannst du ganz gut.“
    „Wieso?“
    „Es ist dunkel, sonst würdest du hier an diesem Gebäude eine Leiter sehen. Steigt man da hinauf, so kommt man dahin, wo der Herr das Stroh aufbewahrt, mit welchem er handelt. Noch eine kleine Leiter, und du bist oben, wo sich das Heu befindet. Gehst du dann unter dem Dach hin, so gelangst du unter das Dach des Hauptgebäudes und grad an die Tür des Taubenschlages. Kriechst du da hinein und ziehst die Tür hinter dir zu, so kann kein Mensch auf den Gedanken kommen, daß jemand darin ist. Links von dieser Tür geht eine Stiege hinunter in das Hauptgebäude.“
    „Meinst du, daß ich es versuchen könnte?“
    „Ja; aber ich muß dich hinaufführen.“
    „Gut. Herunter finde ich mich dann von selbst wieder.“
    „Wenn die Männer wieder herabkommen, so weiß ich, daß du auch fort bist. Dann werde ich wieder hierherkommen. Vielleicht kann ich dir dann noch von Nutzen sein. Soll ich dich jetzt hinaufführen? Die Stunde wird nun bald vorüber sein.“
    „Ja; aber warte vorher noch einen Augenblick!“
    Ich kroch in den Stall zurück. Dort stieß ich auf Halef, welcher sich nicht entfernt hatte.
    „Sihdi, ich habe alles gehört“, sagte er.
    „Gut; so brauche ich dir keine Erklärung zu machen. Sind Osco und Omar noch nicht da?“
    „Nein.“
    „Ich habe sie nach Mundvorrat geschickt. Ich weiß nicht, wie das Abenteuer abläuft. Halte die Pferde gesattelt, ganz so, als ob wir sofort aufbrechen sollten; doch muß es möglichst unbemerkt bleiben.“
    „Ahnst du Gefahr?“
    „Nein; aber man muß auf alles vorbereitet sein.“
    „So gehe ich mit hinauf!“
    „Das ist unmöglich.“
    „Sihdi, es gibt Gefahr, und ich bin dein Beschützer!“
    „Du beschützt mich am besten, wenn du meine Aufträge erfüllst.“
    „So nimm wenigstens deine Gewehre mit!“
    „Gewehre in einem Taubenschlag? Unsinn!“
    „Ich sehe, daß du zugrunde gehen willst. Aber ich werde über dich wachen.“
    „Tu das; doch entferne dich nicht von den Pferden. Ich habe das Messer und zwei Revolver; das ist genug.“
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