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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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größter Spannung des Entschlusses, welcher gefaßt werden sollte. Es verursacht einem ein gar eigentümliches Gefühl, zu hören, daß es einem an den Kragen gehen soll.
    Natürlich war ich bemüht, mir kein Wort entgehen zu lassen. Um so ärgerlicher war es, daß ich grad jetzt draußen ein Rascheln des Heues vernahm. Ich hob den Kopf empor. War das vielleicht die Katze, von welcher der Hausherr gesprochen hatte? Das Tier spazierte zu einer Zeit hier oben herum, welche mir gar nicht ungelegener sein konnte. Unten erhoben sich laute Stimmen. Fast noch lauter aber wurde es in diesem Augenblick vor dem Taubenschlag. Es gab einen sehr geräuschvollen Rutsch – plumps – ein ärgerliches „Ah!“ und dann war es draußen still, unter mir aber auch.
    Ein Blick, den ich hinunter warf, zeigte mir, daß alle horchten. Auch sie hatten das Geräusch vernommen. Es war ein Glück, daß sie eben jetzt lauter als vorher gesprochen hatten.
    „Was war das?“ fragte der Bettler.
    „Wohl die Katze“, antwortete der Fruchthändler.
    „Hast du so viele Mäuse da oben?“
    „Mäuse und Ratten.“
    „Aber wenn es ein Mensch gewesen ist, der uns belauscht!“
    „Wer sollte das wagen?“
    „Sieh doch selber einmal nach!“
    „Es wird nicht nötig sein; ich will es aber tun.“
    Er stand auf und verließ die Kammer. Jetzt befand ich mich in Gefahr. Ich zog die Beine möglichst an mich. Er hatte zwar kein Licht bei sich; aber wenn er fühlte, daß die Tür zum Taubenschlag offen war, schöpfte er wohl Verdacht und griff hinein. Ich hörte die Stiege knarren. Er kam wirklich herauf – zum Glück aber nicht ganz.
    „Ist jemand da?“ fragte er.
    Niemand antwortete; aber es raschelte leise im Heu, so daß auch er es sicher hörte.
    „Wer ist da?“ wiederholte er.
    „Miau!“ antwortete es jetzt.
    Und darauf folgte ein zorniges Fauchen. Es war wirklich die Katze, welcher er vorhin die Verdammnis angewünscht hatte. Er brummte unmutig einige Worte in den Bart und kehrte dann in die Kammer zurück.
    „Habt ihr es gehört?“ fragte er. „Es war das Vieh.“
    Ich hatte bereits die Hand am Messer gehabt; jetzt fühlte ich mich beruhigt – aber nicht für lange Zeit, denn als das Gespräch wieder begann, hörte ich ein leises, streichendes Geräusch hinter mir, als ob jemand mit der tastenden Hand die Räumlichkeit untersuche. Ich horchte auf. Ah, da fühlte eine Hand an meinem Fuß.
    „Sihdi!“ flüsterte es.
    Jetzt kannte ich die Katze.
    „Halef?“ antwortete ich so leise wie möglich.
    „Ja. Habe ich die Stimme der Katze nicht prächtig nachgeahmt?“
    „Mensch, was fällt dir ein! Du bringst dich und mich in die allergrößte Gefahr!“
    „Mußte ich nicht? Du bliebst so lange fort. Ich hatte Sorge um dich. Wie leicht konnte man dich erwischen!“
    „Das hättest du abwarten sollen!“
    „So! Soll ich warten, bis man dich getötet hat? Nein, ich bin dein Freund und Beschützer.“
    „Der mich aber in Verlegenheit bringt. Verhalte dich jetzt ganz ruhig!“
    „Siehst du sie?“
    „Ja.“
    „Und hörst du sie?“
    „Ja, ja doch!“ antwortete ich ungeduldig. „Aber ich werde sie nicht hören, wenn du weiter plauderst.“
    „Gut, ich schweige. Aber zwei hören mehr als einer. Ich lausche auch – ich komme hinein.“
    Ich hörte, daß er Anstalten machte, in den Taubenschlag zu kriechen.
    „Mensch, bist du des Teufels?“ raunte ich ihm zu. „Ich kann dich nicht brauchen. Bleibe draußen!“
    Leider aber hatte eben jetzt der Ismilaner seine Stimme erhoben, daß Halef meine Worte gar nicht verstehen konnte. Er kam zu mir hereingekrochen – wahrhaftig, er kam! Ich gab ihm zwar einen tüchtigen Tritt mit dem Fuß; aber der kleine Kerl meinte es gut – zu gut für die Verhältnisse. Er war ganz erpicht darauf, den Lauscher zu machen, und mochte glauben, daß der Fußtritt nur eine ganz zufällige Bewegung von mir gewesen sei.
    Jetzt war er da. Ich drückte mich so weit nach links, wie es mir möglich war.
    „O Allah! Wie stinkt es hier!“ flüsterte er.
    „Her zu mir! Hierher, hierher, ganz zu mir!“ gebot ich ihm. „Dort rechts brichst du durch!“
    Er machte eine hastige Bewegung zu mir herüber und hatte dabei ganz sicher eine ganze Menge von dem Guano aufgewühlt, denn unten fluchte der Fruchthändler:
    „Zur Hölle mit dieser Katze! Da ist sie jetzt über uns und wirft allen Kot herab!“
    „Puh! Ah – oh – – – uh!“ pustete Halef, dem der scharfe Staub in die Nase und Lunge geraten

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