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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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waren wir durch das Tor gelangt, so wateten unsere Pferde bereits in den tiefen vegetabilischen und animalischen Resten, welche ihre Gegenwart den Geruchsorganen in nicht gerade lieblicher Weise bemerkbar machten.
    „Ej gözel koku, ej nimet burundan – o Wohlgeruch, o Wohltat der Nase!“ rief Halef. „Ja, das ist eine Herberge der Bequemlichkeit. Wer sich hier niederlegt, der liegt sehr weich. Sihdi, willst du es versuchen?“
    „Du bist mein Freund und Beschützer; ich werde tun, was du mir vormachst“, antwortete ich.
    Damit war unser Gedankenaustausch zu Ende, denn eine ganze Meute borstiger Hunde kam heulend auf uns zugestürzt. Es sah aus, als ob die Bestien uns zerreißen wollten. Ich gab meinem Rappen die Sporen und schnellte mitten in sie hinein. Da stoben sie auseinander und flohen davon.
    Nach Menschen sahen wir uns vergebens um. Die Gebäude rechts und links von uns schienen landwirtschaftlichen Zwecken zu dienen, während das uns gegenüberliegende Gebäude das Wohnhaus zu sein schien; aber auch nur schien, denn es war nichts zu sehen, was diese Vermutung zur Gewißheit hätte erheben können. Löcher mit Läden gab es, aber keine Fenster. Auch einen Schornstein sah ich nicht. Die Tür war eng und niedrig. Dennoch ritten wir hin und stiegen vor derselben ab.
    Erst jetzt ließ sich ein menschliches Wesen am Eingang erblicken. Ich wußte nicht zu sagen, ob diese Person eine männliche oder eine weibliche sei. Die Gestalt trug außerordentlich weite, krapprote Beinkleider, welche oberhalb der Knöchel zusammengebunden waren. Ob die Füße in Schuhen steckten oder ob sie unbekleidet waren, das konnte ich nicht unterscheiden. Schwarz aber waren sie; das war sicher. Von dem Hals ging ein Hemd bis zu den Knien herab. Es wurde über den Hüften mit einem Riemen zusammengehalten, und ich vermutete, daß es einmal eine weiße Fustanella gewesen sei. Jetzt aber sah es aus, als ob es zehn Generationen hindurch den Ahnen und Uhrahnen eines Stubenmalers als Arbeitskittel gedient habe und dann noch extra durch den Schlamm eines Teiches gezogen worden sei. Hals und Gesicht waren wohl kaum jemals mit Seife und Wasser in Berührung gekommen. Der Kopf wackelte hin und her, wie bei einer chinesischen Pagode. Unter den Tuchfetzen, welche ihn bedeckten, hingen einige graue, wirre Haarsträhnen hervor.
    „Güniz chajir ola – guten Tag!“ grüßte ich. „Wer bist du?“
    „Im basch dscharije – ich bin die Obermagd“, wurde mir in würdevollem Ton geantwortet.
    „Wo ist der Herr?“
    „Drinnen.“
    Bei diesem Wort deutete die Schaffnerin des gastlichen Hauses mit dem Daumen über ihre Achsel in das Innere des Gebäudes hinein.
    „Selamlariz onu – so werden wir ihn begrüßen.“
    „Pek ei sultanum – sehr wohl, mein Herr!“
    Sie trat heraus, um uns Platz zu machen. Ich mußte mich bücken, um nicht oben anzustoßen. Einen Hausflur gab es nicht, wie ich jetzt bemerkte. Das Gebäude bestand nur aus den vier Umfassungsmauern und aus dem darüberliegenden Strohdach. Das Innere war, wie es in dieser Gegend oft vorkommt, durch Weidengeflechte in mehrere Abteilungen gesondert.
    „Sol tarafda – links!“ rief uns die Obermagd nach.
    Wir folgten dieser Weisung und traten also in die uns von ihr bezeichnete Abteilung, in welcher wir aber den Wirt nicht fanden.
    Der Raum wurde von zwei Maueröffnungen erhellt, vor welchen die Läden zurückgeschlagen waren. Ein Fenster gab es nicht, wie bereits erwähnt. In der Mitte stand ein Tisch mit vier Bänken herum. Er war weiß gescheuert und hatte ein so sauberes Aussehen, daß ich mich schier wunderte. Nach dem Aussehen der Obermagd hätte ich diese Reinlichkeit nicht erwartet. Auch die Bänke waren rein und fleckenlos. Da ich kein Heiligenbild erblickte, vermutete ich, daß der Besitzer dieser Herberge ein Moslem sei.
    In den Maueröffnungen standen einige blühende Blumentöpfe, welche dem Gemach ein trauliches Aussehen gaben, und der hölzerne, gefüllte Wasserständer in der Ecke war so blank gescheuert, daß man mit Appetit von seinem kühlen Inhalt schöpfen konnte.
    Ich klopfte mit dem Knopf der Reitpeitsche auf den Tisch. Sogleich wurde die eine Zwischenwand ein wenig zur Seite geschoben, und es erschien ein Mann, der nach unserem Begehr fragte.
    Er war türkisch gekleidet und trug einen roten Fez auf dem Kopf. Seine Gestalt war kräftig, und der lange, dunkle Vollbart, welcher ihm fast bis auf die Brust wallte, gab ihm ein imponierendes Aussehen.
    „Bist

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