Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
du der Herbergsvater?“ fragte ich ihn.
    „Ja, aber ich beherberge niemand mehr“, antwortete er.
    „So mußt du die Inschrift deines Tores entfernen.“
    „Das werde ich noch heute tun. Ich lasse sie übertünchen.“
    Er sagte das in einem grimmigen Ton, aus welchem zu vermuten war, daß er als Wirt böse Erfahrungen gemacht habe.
    „Wir sind auch nicht gekommen, um hier bei dir zu bleiben“, erklärte ich ihm. „Wir wollen uns nur ausruhen und etwas trinken.“
    „Das will ich gelten lassen. Auch einen Imbiß könnt ihr haben.“
    „Was hast du zu trinken?“
    „Einen Raki und ein sehr gutes Bier, welches ich euch empfehlen kann.“
    Also Bier hatte er! Hm! Das war ja überraschend!
    „Wer hat es gebraut?“ fragte ich.
    „Ich selbst.“
    „Wie bewahrst du es auf?“
    „In großen Krügen. Es wird täglich neues gekocht, da ich es meinen Leuten zu trinken gebe.“
    Das war nun freilich keine Empfehlung. Er mochte dies meinem Gesicht ansehen, denn er sagte:
    „Du kannst es getrost versuchen. Es ist ganz neu, erst heute früh fertig geworden.“
    Er war also wohl der Ansicht, daß das Bier um so besser munde, je jünger es sei. Ich hegte eine ganz andere Meinung, bestellte aber doch von dem Trank; denn ich war neugierig, welch ein Gebräu man hier mit dem Namen Bier bezeichne.
    Er brachte einen großen, gefüllten Krug und setzte denselben auf den Tisch.
    „Trink!“ munterte er mich auf. „Es gibt Kraft und verscheucht die Sorgen.“
    Ich nahm allen meinen Mut zusammen, ergriff den Krug mit beiden Händen und führte ihn zum Mund. Das Zeug roch nicht übel; ich tat einen kühnen Zug, noch einen und – trank weiter. Dünn war es, außerordentlich dünn, Münchener Gebräu, mit dem fünffachen Volumen Wasser vermischt, aber es schmeckte doch nicht übel. Es war ein Mittel gegen den Durst, weiter aber nichts.
    Auch die andern tranken und gaben dann ein befriedigendes Gutachten ab, vielleicht nur, weil ich kein abfälliges Urteil gesprochen hatte. Das freute den Wirt sichtlich. Sein finsteres Gesicht heiterte sich für einige Augenblicke auf, und er meinte in selbstbewußtem Ton:
    „Ja, ich bin selbst Bierbrauer. Das tut mir hier niemand nach.“
    „Wo hast du das gelernt?“
    „Von einem Fremden, welcher aus dem Bierland gebürtig war. Er hatte längere Zeit in Stambul gearbeitet und war eigentlich ein Schuster. Aber in jenem Land brauen alle Bier, und darum verstand auch er es gut. Er war sehr arm und wanderte in seine Heimat zurück. Ich hatte Mitleid mit ihm und gab ihm für einige Zeit Herberge nebst Speise und Trank. Dafür hat er mir aus Dankbarkeit das Rezept des Bieres gegeben.“
    „Wie heißt das Land, aus welchem er stammte?“
    „Ich habe mir den Namen ganz genau gemerkt. Es heißt Elanka.“
    „Du hast, wie es scheint, dir den Namen doch nicht ganz genau gemerkt.“
    „O Doch! Er lautete wirklich Elanka.“
    „Oder wohl Erlangen?“
    „Erla – – – Herr, du hast recht. So wie du sagst, so heißt das Land. Ich besinne mich. Das Wort ist nicht leicht auszusprechen. Kennst du es denn?“
    „Ja, aber Erlangen ist nicht ein Land, sondern eine Stadt in Bawaria.“
    „Ja, ja, du weißt es ganz genau. Er war ein Bawarialy. Jetzt fällt es mir ein. Bawaria ist ein Teil von Alemanja, wo alle Leute Bier trinken. Sogar die Säuglinge schreien schon danach.“
    „Hat dir das dieser Schuster gesagt?“
    „Ja, er tat es.“
    „Nun, ich kenne ihn nicht und weiß also auch nicht, ob er bereits in so früher Jugend Bier getrunken hat. Jedenfalls aber hat er dir bewiesen, daß dieser Trank den Menschen nicht undankbar macht. Können wir auch etwas zu essen bekommen?“
    „Ja, Herr; sage nur, was dein Herz begehrt!“
    „Ich weiß doch nicht, was du hast.“
    „Verlange nur – Brot, Fleisch, Geflügel; es ist alles da, alles.“
    „Hm! Könnten wir nicht noch eine Eierspeise bekommen?“
    „Ja, das kannst du haben.“
    „Aber wer wird es bereiten?“
    „Meine Frau.“
    „Nicht die Basch dscharija, die uns draußen empfangen hat?“
    „O nein, Herr! Ich weiß, warum du fragst. Sie ist die Oberste und Fleißigste im Stall, aber mit der Zubereitung der Speisen hat sie gar nichts zu tun.“
    „Nun, so wollen wir's versuchen.“
    Er ging hinaus, um das Verlangte zu bestellen. Meine Kameraden gaben ihre Befriedigung zu erkennen, daß die wackere Schaffnerin nicht auch zugleich das Amt einer Küchenfee bekleidete.
    Als der Wirt zurückkehrte, setzte er sich zu uns, und es schien,

Weitere Kostenlose Bücher