15 Tante Dimity und die Geister am Ende der Welt (Aunt Dimity Down Under)
Hochzeit. Ich erzählte ihnen, dass sie wegen der Krankheit der Schwestern verschoben worden sei, und sie schauten nachdenklich an die Decke.
» Vielleicht kann Nell dafür sorgen, dass es Miss Ruth und Miss Louise besser geht«, sagte Will.
» Sie hat auch Storm geheilt, als der so husten musste«, erinnerte mich Rob.
Storm, Robs geliebtes Pony, hatte vor einer Woche eine milde Kolik gehabt, von der das Tier sich jedoch bereits erholt hatte.
» Nell hat Storm eine Medizin gegeben«, fuhr Rob fort. » Und sie hat ihn im Stall herumgeführt.«
» Und er ist gesund geworden«, sagte Will.
» Ich bin sicher, dass Nell alles für Miss Ruth und Miss Louise tun wird«, sagte ich. » Aber manchmal sterben die Menschen, auch wenn man alles für sie tut, was man kann.«
» Wie Mistys Fohlen«, sagte Will.
» Wie Mistys Fohlen«, bestätigte ich.
» Lies uns eine Geschichte vor, Mammi«, sagte Rob.
Ich verschwendete keine Zeit damit, ein » bitte« zu verlangen, sondern griff nach Pu der Bär und las meinen Jungen daraus laut vor, in der Hoffnung, dass sie in Gedanken an Tieger und Ferkel und Ruh einschliefen und nicht mehr über Mistys Fohlen nachgrübelten.
Bill und Willis senior warteten im Wohnzimmer, als ich herunterkam. Offenbar dachte keiner der beiden an Schlaf. Bill saß in seinem Lieblingssessel, Stanley, unser schwarzer Kater, hatte es sich in seinem Schoß gemütlich gemacht. Willis senior stand am Eckfenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. Ich ließ mich in die Ecke des Chintz-Sofas fallen und schaute in das Feuer, das Bill nach dem Essen im Kamin entfacht hatte.
» Wollten sie noch mehr wissen?«, fragte er.
» Sie hoffen, dass Nell eine Wundermedizin für die beiden hat«, antwortete ich.
» Tun wir das nicht alle?«, seufzte Bill und strich Stanley über das Fell.
Willis senior drehte sich um und kam herüber, um seine penibel manikürten Finger am Feuer zu wärmen. Bill und ich trugen Jeans und Wollpullover, mein Schwiegervater hingegen einen dreiteiligen Anzug, ein weißes Hemd und eine Seidenkrawatte. Auch als Rentner hatte er gewisse Gewohnheiten noch nicht abgelegt.
» Du hast beim Essen eine einfache Wahrheit ausgesprochen«, sagte er zu seinem Sohn. » Ich werde die lieben Damen sehr vermissen, sollten sie von uns gehen. Es gibt nicht viele Menschen wie sie.«
Ich erinnerte mich an eine Begebenheit und warf meinem Schwiegervater ein verschmitztes Lächeln zu. » Weißt du noch, wie du zum ersten Mal ihren Himbeerlikör probiert hast?«
» Allerdings.« Willis senior lächelte und setzte sich in den Sessel neben Bill. » Er sah aus wie ein völlig harmloser, stärkender Trank, aber…«
» Er haut rein, als würde einen ein Esel treten«, vollendete Bill. » Köstlich, aber tödlich.«
» Die beiden haben ihr Gebräu runtergekippt, als sei es Muttermilch«, erinnerte ich mich bewundernd.
» Während ich hustete und keuchte wie ein Motor, der nicht anspringen will«, sagte Willis senior. » Eine äußerst lehrreiche Erfahrung.«
» Lehrreich?«, fragte Bill. » Wieso?«
» Weil mir danach klar war, dass man die scheinbar harmlosen alkoholischen Getränke älterer Damen, die regelmäßige Kirchgänger sind, nicht unterschätzen darf«, antwortete Willis senior. » Ihr Pflaumenwein war auch nicht ohne. Nachdem ich den genossen hatte, habe ich nur noch Tee aus ihren zarten Händen entgegengenommen.«
» Und Sahnetörtchen«, ergänzte ich.
» Und Mohnkuchen«, sagte Bill.
» Und Schokoladen-Eclairs«, fuhr ich fort. » Und Kokosmakronen und Baisers.«
» Ah, diese Baisers …« Willis senior seufzte selig.
Unser Gang durch die imaginäre Backstube der Pyms wurde durch das Schrillen des Telefons jäh unterbrochen. Bill nahm ab, und ich wappnete mich für die Nachricht, die keiner von uns hören wollte, doch nach ein paar kurzen Worten mit dem Anrufer reichte Bill mir den Apparat.
» Es ist Kit«, sagte er. » Er möchte dich sprechen.«
Ich sprang auf und nahm das Telefon entgegen.
» Kit, wo bist du?«
» Nell und ich sind noch immer bei den Pyms«, antwortete er. » Ich glaube, du solltest auch herkommen. Ruth und Louise haben nach dir gefragt.«
» Ich bin in fünf Minuten da«, sagte ich, beendete das Gespräch, warf Bill das Telefon zu und eilte zur Haustür.
» Lori?« Bill schob einen unwilligen Stanley von seinem Schoß und folgte mir in den Flur. » Wohin gehst du?«
» Ruth und Louise möchten mich sehen.« Ich nahm eine Wolljacke von der Garderobe und zog sie
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