150 - Aufbruch in die Silberwelt
voraussehen, wie sie ausgingen.
Der Pilot kam hinter der Scheune hervor. Vermutlich dauerte ihm das Warten schon zu lange. Ich bedeutete ihm – ohne Cardia zu stören –, sich zurückzuziehen. Er verstand und kehrte um.
Die Kraft der Hellseherin aktivierte die Zauberkugel auf eine mir unerklärliche Weise. Ein helles Strahlen ging davon aus. Es hatte den Anschein, als hielte Cardia einen grellen Scheinwerfer in ihren Händen, der über eine ungemein breite Streuung verfügte.
Mir fiel auf, daß der Geisterbaum in der Kugel verschwand.
Er kam heraus .
Jetzt war die Kugel mit einem leistungsstarken Projektor vergleichbar.
Die riesige Eiche wurde dreidimensional auf einen unsichtbaren Hintergrund projiziert.
Der Galgenbaum ragte vor uns auf, so täuschend echt, daß man meinen konnte, ihn berühren zu können. Aber er war ein Trugbild.
Cardia schaltete ihren »Projektor« ab – der Baum blieb; und wir alle sahen die grausame Hexe Xandia Scwarcz, die so lange schon die Menschen dieses Dorfes knechtete.
Sie hing schlaff an einem waagrechten, dicken Ast, den dicken Hanfstrick um den dürren Hals, ein altes, häßliches Weib, dem man die Bosheit ansah, zu der es fähig war.
Sie sah so tot aus, daß selbst ich mir nicht vorstellen konnte, daß sie für Crickford noch eine Gefahr darstellte, aber Victor McGoohan hatte die Geschichte, die er uns erzählte, bestimmt nicht erfunden.
Sie wollte uns täuschen, spielte die Harmlose, doch ich fiel nicht darauf herein. Ich schob die Hand in die Hosentasche, ohne die Hexe aus den Augen zu lassen.
Cardia trat zurück. Sie hatte ihre Aufgabe erfüllt, hatte Xandia Scwarcz sichtbar gemacht. Nun war ich dran. Ich holte meinen magischen Flammenwerfer aus der Tasche.
McGoohan fühlte sich sichtlich nicht wohl in seiner Haut. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn er in sein Gasthaus zurückgekehrt wäre, aber er blieb davor stehen.
Anscheinend war er doch nicht so davon überzeugt, daß ich scheitern würde, und im Falle eines Erfolgs wollte er dabeisein, um den Leuten im Dorf als einziger Augenzeuge berichten zu können.
Cardia und Cnahl nahmen Sammeh gespannt in ihre Mitte, damit er geschützt war, wenn die Hexe loslegte.
Auch ich konnte nicht glauben, daß sie nichts unternehmen würde.
Ich warf einen Blick auf mein silbernes Feuerzeug, das so harmlos aussah, jedoch zur gefährlichen Waffe wurde, wenn ich auf einen bestimmten Knopf drückte.
Langsam setzte ich mich in Bewegung, und ich fragte mich, wie nahe die tückische Hexe mich an sich heranlassen und was sie dann gegen mich unternehmen würde. Ich war auf der Hut, damit sie mich nicht überraschen konnte.
Xandia Scwarcz trug ein schlichtes, zerschlissenes, erdbraunes Kleid, dessen Saum ausgefranst war. Der Stoff war grob gewebt und bestimmt kratzig wie grob gekörntes Sandpapier.
Die Füße der Hexe waren nackt und befanden sich nur wenige Zentimeter über dem Boden. Als man sie hinrichtete, konnte man sie nur auf einen niedrigen Schemel gestellt haben.
Ich stellte mir die Menschenmenge vor, die damals diesen Platz gefüllt hatte. Keiner davon lebte mehr. Xandia hingegen gab es immer noch.
Als mich nur noch zwei Meter von der Hexe trennten, öffnete sie die Augen und grinste mich so unverschämt an, daß es mir kalt über den Rücken lief.
In ihren Körper kam Leben!
Sie hob die Hände, griff nach der Schlinge und zog sie auf, was normalerweise nicht möglich war, aber ihr Körper schien kein Gewicht mehr zu haben.
Daß schwarze Magie der Erdanziehungskraft trotzen konnte, wußte ich schon lange.
Die Hexe zog den Kopf aus der Schlinge und stieß ein markerschütterndes Gelächter aus.
Und dann griff sie an…
***
Mortimer Kulls Wangen blähten sich, wurden zu riesigen Kugeln, die, als sie dem Druck nicht mehr gewachsen waren, knallend zerplatzten. Die Ohren schrumpften zu unansehnlichen Knorpeln zusammen, und das Haar fiel büschelweise aus.
Der Professor trat und schlug wie verrückt um sich, sein Körper zuckte konvulsivisch, bekam riesige Beulen, und seine Hände verkrüppelten sich immer mehr.
Was sich in dieser primitiven Hütte auf dem fernen Haspiran abspielte, schien Professor Mortimer Kulls Todeskampf zu sein. War er zu vertrauensselig gewesen? Stellte sich nun heraus, daß Yora sein Vertrauen nicht verdiente? Hatte sie ihm einen Todestrank gebraut?
Die Totenpriesterin stand unbewegt da. Es schien sie nicht im mindesten zu berühren, daß es mit Mortimer Kull zu Ende ging. Sie war nicht
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