1503 - Krisenfall Topsid
Manko topsidischen Wissens. Ein guter Saboteur hatte zeitgemäßes Wissen nötig.
Gorgol wies sie immer tiefer in die Feinheiten galaktischer Technik ein. „Topsid wird eine neue Welt", pflegte der Klon zu sagen. „Aber wir sind keine Entwicklungshelfer. Wir sind Zerstörer. Gute Zerstörer. Und euer Lebensziel sollte klar sein. Irgendwann im Leben Kmurko-Kim oder Trukrek-Anur beseitigen ... oder jemanden mit ähnlich hohem Rang. Wäre das nicht schön?"
Manchmal lief Shakian ein Schauer über die trockene Haut. Politischer Mord war ein Todeskommando. Wer immer weit genug zum Schuß vordringen konnte, wurde hinterher gestellt.
Gorgol lieferte ihnen umfangreiches Datenmaterial. Erfolgreiche Sabotageunternehmen, solche ohne Erfolg, denkbare Gegenmaßnahmen. Mehr als seine Kameraden gewann Shakian einen Überblick.
So fand er Zeit, sich mit persönlichen Konsequenzen zu beschäftigen. Sabotage. War das wirklich das Ziel seines Lebens?
Hatte sich nicht alles verändert seit den Tagen, da Alker-Grod ihn hier untergebracht hatte?
Zwei Tage lang bereitete er einen kleinen Ausflug vor. Die richtige Zeit war nachts, zwei Stunden vor Ende der Schlafperiode. Shakian erhob sich lautlos, tappte zur Tür hinaus. Weiches Tuch an den Sohlen dämpfte seine Schritte.
Heimlich schlich er ins Kellergeschoß an die schuleigene Syntronik.
Sämtliche für ihn verwertbaren Dateien waren versiegelt. Dennoch verschaffte er sich Zugang. Zum erstenmal zog er praktischen Nutzen aus Gorgols Lektionen - und zum ersten Mal spürte er, wie sehr er den anderen wirklich überlegen war. Er war kein einfacher Saboteur. Shakian fühlte sich zu Höherem berufen.
Da war die Datei. ERFOLGSQUOTE JAHRGÄNGE 1140-1153 NGZ. Er rief Kurven und Statistiken als Überblick auf.
Auffällige Sprünge füllten den Bildschirm. Zunächst, in den Jahren vor dem Galaktikum, wies die Datei hohe Erfolgsquoten und geringe Sterblichkeit aus. Mit einem Schlag allerdings wurde dies anders. Seit zwei Jahren starben fünfzig Prozent der Saboteure während ihres Auftrages. Die Erfolgsquote blieb konstant.
Shakian rief den Jahrgang 53 gesondert auf.
Die Hälfte war beim ersten Einsatz gestorben. Davon wiederum hatten vierzig Prozent einen zweiten Einsatz absolviert; mit derselben Todesziffer. Das machte dreißig Prozent Überlebende insgesamt.
Sein Herz klopfte, ihm brach der Schweiß aus. Siebzig Prozent nach zwei Einsätzen ...
Schlechte Aussichten. Vom Jahrgang 52 lebten noch dreizehn Saboteure, von den Jahren davor nur je zwei bis drei.
Unter dem Stichwort „Kulturschock" stand ein Querverweis. Shakian rief die Seite auf.
Analyse GGHJ geheim, stand da. Per Schlüssel sichern.
Die hohe Sterblichkeitsquote unter Saboteuren wird von der Generalität auf den Kulturschock zurückgeführt.
Viele Saboteure stehen geistig noch auf vorgalaktischem Boden - müssen sich jedoch in galaktotechnischer Umgebung bewegen. Die Sterblichkeit unserer Klone wird dagegen mit lediglich zwei Prozent beziffert.
Verbesserungsvorschläge: Werden von einer Kommission der Triumvirn erarbeitet.
Fälligkeit zum Ende übernächsten Jahres. Zwischenergebnisse können unter GGHJ-VRI abgerufen werden.
Shakian rief die Datei namens GGHJ-VRI auf. Sie enthielt ein paar Namen plus Sitzungsdaten mit viermonatigem Abstand. Ergebnisse allerdings gab es nicht.
*
In den folgenden Tagen suchte Shakian fünfmal heimlich die Syntronik auf. Immer mehr drang die Erkenntnis an seinen Geist: Er wollte nicht sterben. Auch nicht als Held für ihr herrschendes Dreigestirn.
Doch was dagegen unternehmen? Saboteure konnten nicht einfach ihren Abschied nehmen.
Saboteure waren so gut wie Leibeigene - der Bund hatte viel Geld in ihre Ausbildung investiert.
Daher wurde ein entsprechender Gegenwert erwartet, und dieser Gegenwert hieß Tod.
Shakian dachte sich nicht viel dabei. Krieg und Sterben, das war eine übliche Sache auf Topsid, so lange die Geschichte zurückreichte. Er war nur nicht damit einverstanden, daß es gerade ihn treffen sollte. Im Kampf um eigenes Land oder die Ehre, ja. Aber nicht im Austausch gegen irgendeinen General.
Zwei Wochen lang dachte er nach.
Dann reifte in ihm der Plan heran. Shakian traf erste Vorbereitungen, formulierte exakt den Befehl, den er per planetarem Syntronverbund ins Datennetz speisen wollte. Drei Stunden bis zum Beginn der Nachtperiode.
Doch Gorgol kam ihm zuvor.
Der Klon betrat das Schulungszimmer, als wolle er jeden Augenblick die Waffe ziehen und um
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