1505 - Der blinde Blutsauger
Vampir!«
Ich lag auf dem Boden in einem mir unbekannten Kellerraum. Nur das wusste ich. Mehr aber nicht, denn ich war nicht mehr in der Lage, über mein Schicksal nachzudenken. Ich befand mich in einem Zustand zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit. Ich war groggy, und so etwas konnte eigentlich nur ein Boxer nachvollziehen, der auf die Bretter geschickt worden war.
Aber dem Boxer gab man die Chance, sich auszuruhen. So nett würde man bei mir nicht sein.
Ich hatte nicht gesehen, wer mich niedergeschlagen hatte, aber die Warnung durch mein Kreuz war deutlich genug gewesen. Ein Wesen von der anderen Seite, und in meinem Fall konnte das nur ein Vampir sein, denn seinetwegen war ich hier in dieses Heim gekommen.
Ich dachte daran, dass ich hier nicht mehr lange liegen bleiben durfte.
Ein Killer hätte mich längst totschlagen oder erschießen können. Aber ein Vampir reagierte anders. Er tötete nicht im eigentlichen Sinne des Wortes, er verpflanzte mich nur in eine andere Existenz. Was für uns ein Wiedergänger war, das bedeutete bei diesen Blutsaugern ein anderes Leben, obwohl dies beim besten Willen nicht zutraf. Das war kein Leben mehr. Das war nur noch ein Vegetieren.
Der Treffer hatte auch mein Gehör leicht angeschlagen. Ich vernahm nichts in meiner Nähe, im Kopf war es dumpf, aber die Gedanken waren noch da.
Wenn der Vampir, dieser blinde Blutsauger, gierig war, dann würde er nicht länger zögern und mir so schnell wie möglich die spitzen Zähne in den Hals schlagen.
Schon oft hatten es die Wiedergänger bei mir versucht. Bisher hatte es nie geklappt, und ich wollte, dass es auch so blieb. Deshalb musste ich mich zusammenreißen und versuchen, an meine Waffe zu kommen, die noch immer unter der Kleidung steckte.
Es war auch nicht wichtig, dass mein Gehör nicht mehr so richtig funktionierte, ich musste etwas unternehmen und hatte Glück, dass ich auf der linken Seite lag. So war es recht einfach, die rechte Hand in Richtung Beretta zu bewegen.
Dennoch fiel es mir schwer, weil ich sehr langsam war. Die Finger krochen der Waffe praktisch entgegen.
Ich berührte den Griff.
Diese Tatsache verursachte bei mir einen wohligen Schauer. Jetzt musste ich den Griff nur umfassen und die Waffe hervorziehen. In meinem Zustand musste ich mit Zeit lassen und nur Schritt für Schritt vorangehen.
Aber mein mir unbekannter Feind machte mir einen Strich durch die Rechnung. Er war schneller als ich. Er musste es geahnt haben, denn seine Sinne waren sensibler als die meinen.
Er packte mich!
Seine Hände glichen langen Stahlklauen, die sich in die Haut meiner Achselhöhlen bohrten. Ich wurde so wuchtig in die Höhe gerissen, dass mir auf dem Weg dorthin schwindlig wurde und ich nicht mehr wusste, wo ich mich befand. Es gab kein Oben und Unten mehr für mich, und ich kam mir vor, als hätte man mich einige Male sehr schnell im Kreis gedreht.
Aber ich blieb stehen, denn mein Gegner hielt mich fest. Er wollte nicht, dass ich wieder zusammensackte. In meiner Nähe hörte ich Geräusche, die wie heftige Atemzüge klangen. Aber Vampire atmeten nicht. Die Laute waren ein Beweis für den Triumph, den der Blutsauger vor mir verspürte.
Da das Licht gelöscht war und von nirgendwo her auch nur ein Streifen Helligkeit fiel, konnte ich weiterhin nicht die Hand vor Augen sehen.
Es war ein Kampf gegen die Schwäche. Und die nutzte der Blutsauger aus, denn er stieß mich von sich weg. Ich taumelte nach hinten, fiel aber nicht, sondern wurde von der Wand aufgehalten, die sich in meinen Rücken zu bohren schien.
Ein Ächzlaut drang aus meinem Mund. Schmerzen tobten erneut in meinem Kopf, und mir wurde bewusst, wie wehrlos ich war. Der Gedanke, die Beretta zu ziehen, war jedoch nicht aus meinem Kopf verschwunden, und wieder nahm ich einen Anlauf, ihn in die Tat umzusetzen.
Meine rechte Hand fiel nach unten, ich brachte die Finger an die Waffe und packte sie.
Jetzt sah alles anders aus!
Der Gedanke belebte mich nur für einen kurzen Augenblick, denn mein Gegner überrumpelte mich abermals. Er hatte es mitbekommen.
Plötzlich wurde mein Arm in die Höhe gerissen und nach hinten gegen die Wand geschlagen.
Ich ließ die Beretta sofort los, denn ich wollte nicht, dass meine Hand noch einige Male gegen das harte Mauerwerk geschmettert wurde. Aber dabei blieb es nicht. Wehrlos hatte ich mich noch nie ergeben, und da der Vampir in meiner unmittelbaren Nähe stand, nutzte ich die Gunst des Augenblicks. Ich senkte meinen Kopf und
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