1505 - Der blinde Blutsauger
rammte ihn sofort nach vorn.
Treffer!
Ich musste die Brust des Vampirs erwischt haben, denn ich verspürte einen verdammt harten Widerstand, hörte einen wütenden Laut, und dann war ich die Bestie los.
Wo war der Ausgang? Wo befand sich der Lichtschalter? Ich wusste es nicht.
Aber ich unternahm einen Versuch in der Dunkelheit. Ich ging nach vorn und damit dorthin, wo ich auch den Blutsauger vermutete. Den Raum hatte er nicht verlassen, das wäre mir aufgefallen. Ich wollte ihn haben, ich würde ihn kriegen, denn die Beretta war nicht die einzige Waffe, die ich bei mir trug.
Da gab es noch das Kreuz!
Es war ein heißer Gedanke, der mir da durch den Kopf schoss. Leider war es noch durch meine Kleidung verdeckt, und es würde auch dauern, bis ich die Kette über den Kopf gestreift hatte.
Deshalb griff ich zur Radikalmaßnahme. Ich packte mein Hemd an beiden Seiten und zerrte es auseinander, dass die Knöpfe absprangen.
Das dünne Unterhemd hatte einen tiefen Ausschnitt, sodass ich keine Mühe hatte, das Kreuz an der Kette hervorzuziehen. Jetzt hing es frei vor meiner Brust.
Ich wusste aber nicht, wo sich der Blutsauger aufhielt. Ich lief in eine bestimmte Richtung und stolperte über einen am Boden liegenden Gegenstand. Er war nicht hart, und mir kam der Gedanke, dass es sich um einen menschlichen Körper handeln musste.
Es brachte mich nicht weiter. Wäre ich im Vollbesitz meiner Kräfte gewesen, hätte ich den Schwung noch ausgleichen können. So aber gelang mir das nicht. Ich fiel nach vorn.
Und da gab es keinen Halt mehr. Aber ich schlug nicht mit dem Gesicht auf den Boden, denn die Wucht trieb mich hinein in ein Regal, von dem ich gestoppt wurde. Diesmal von recht weichen Gegenständen. Meine Finger glitten über die Seiten eines Kartons hinweg. In einer Reflexbewegung klammerte ich mich daran fest.
Nur für Sekunden blieb ich in dieser Haltung, dann war mein Gegner wieder da. Ich hörte einen fast quietschenden Laut, wurde an beiden Schultern gepackt und wieder zurückgerissen. Ich konnte mich nicht mehr halten. Ich musste dem Druck folgen und prallte wieder auf den harten Boden. Diesmal rücklings.
Der nächste Schrei war voller Triumph.
Und mir wurde klar, dass es verdammt schlecht für mich aussah…
Phil Jurado glaubte, sich verhört zu haben. Das konnte doch nicht wahr sein! Er schüttelte den Kopf, wobei sich seine Augen ungläubig weiteten.
Er wollte auch lachen, aber das konnte er nicht, denn er brauchte nur in das Gesicht seiner Chefin zu schauen, um zu erkennen, dass es ihr mit der Antwort verdammt ernst gewesen war.
»Bitte?«, flüsterte er.
»Ja, du hast richtig gehört, Phil. In diesem Haus treibt sich ein Vampir herum. Er hat mich in der Nacht wie ein wahr gewordener Albtraum besucht, das kann ich nur immer wiederholen, aber ich weiß jetzt auch, dass ich nicht die einzige Person gewesen bin. Er ist auch in die Zimmer der anderen gegangen und hat sie gebissen, um schon einen Vorgeschmack auf ihr Blut zu bekommen.«
»Wieso das denn?«
»Da kann ich nur raten«, sagte Stella stockend. »Er will erst den Keim legen, um danach, wenn es ihm passt, richtig zuzuschlagen.«
Jurado stieg das Blut ins Gesicht. In seinen Ohren hörte er ein Rauschen. Noch immer wusste er nicht, wie er die Dinge einschätzen sollte. Das war über ihn gekommen wie ein Sturmwind. Innerhalb von Minuten war er mit Dingen konfrontiert worden, über die er normalerweise nur gelacht hätte. Aber er wollte Stella auch nicht als Lügnerin hinstellen, und er spürte, wie er anfing zu zittern.
»Das ist ja furchtbar«, kommentierte er.
»Du sagst es.«
»Und jetzt?«
»Schau mich an. Er hat mich bereits erwischt. Ich bin schwach, fühle mich ausgepumpt, ich komme kaum aus meinem Stuhl hoch. Aber es gibt trotzdem noch Hoffnung.«
»Dieser Sinclair?«
»Ja.«
»Wie ist er überhaupt auf uns gekommen?«
»Es ging ihm um Eve. Du weißt, dass Corti sie zu sich holte, um sie Klavier spielen zu lassen. Nur hat er sich beim letzten Mal eine Blutsaugerin ins Haus geholt. Das hat er nicht gewusst, und uns war es ebenfalls nicht bekannt.«
Phil Jurado bekam den starren Blick. Er konnte es einfach nicht fassen.
Sein Gesichtsausdruck glich dem einer Maske. Eigentlich hätten durch seinen Kopf die Gedanken rasen müssen, aber er war wie gelähmt. So etwas konnte es nicht geben! Das war der reine Wahnsinn! Doch er musste auch einsehen, dass sich eine Frau wie Stella Doyle so etwas nicht ausdachte.
»Du glaubst mir
Weitere Kostenlose Bücher