1505 - Der blinde Blutsauger
hier haben Sie ihn.«
»Danke.« Suko fragte mich. »Willst du?«
»Nein, das ist deine Sache.«
»Okay, John.«
Ich schaute zu, wie Suko den Käfig aufschloss und ihn danach betrat.
Von Eve drohte keine Gefahr mehr. Da waren wir uns beide sicher. Und ich war mir auch sicher, dass wir erst am Anfang standen, denn ich glaubte nicht daran, dass Eve das einzige Opfer des Blutsaugers war. Es musste jemanden geben, der sich auf blinde Menschen spezialisiert hatte, und das empfand ich einfach als furchtbar und auch pervers.
Bisher war mir so etwas noch nicht widerfahren, und zum wiederholten Male stellte ich mir die Frage, wer dahintersteckte.
Möglicherweise konnte mir jemand eine Antwort geben. Das war Justine Cavallo, die blonde Bestie und ebenfalls Blutsaugerin. Sie kannte sich in dem Gebiet zwischen normaler und Schattenwelt aus. Wenn ich nicht weiterkam, wollte ich sie auf jeden Fall konsultieren. Suko befand sich noch immer im Käfig. Er hatte die Leiche mittlerweile auf den Rücken gedreht, kniete neben ihr und untersuchte sie. In dieser Haltung bleibend, drehte er den Kopf, schaute mich an und nickte beruhigend.
»Alles im grünen Bereich?«, fragte ich.
»Ja, John, du hast sie erlöst. Sie hat ihren ewigen Frieden gefunden.« Er richtete sich wieder auf.
»Das ist gut.«
Corti hatte sich noch immer nicht beruhigt. Als er auf mich zukam, schnaufte er. »Können Sie mir sagen, Mr Sinclair, wie es jetzt weitergehen soll?«
»Sicher kann ich das. Ich werde dafür sorgen, dass die Leiche hier abgeholt wird.«
»Auch das noch.«
»Wollen Sie Eve etwa hier lassen?«
»Nein, nein, das nicht.« Er schaute zu Boden, als könnte er dort die Antwort ablesen. »Eve ist endgültig tot, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ich meine - ich habe gewisse Möglichkeiten. Ich könnte sie irgendwohin schaffen, um sie dort verbrennen zu lassen. Es würde wirklich alles ohne Aufsehen ablaufen.«
»Das wollen Sie wirklich?«
»Klar!«
»Nein, ich bin dagegen. Ich kenne Eve nicht, aber ich weiß, dass sie ein schweres Schicksal hinter sich hat. Und ich werde dafür sorgen, dass sie ein normales Begräbnis bekommt. Ich kann mir auch vorstellen, dass sie Angehörige hat, die informiert werden sollten, dass Eve nicht mehr lebt. So leicht machen wir es uns nicht.«
Corti wusste, dass er mich nicht überzeugen konnte. Er machte einen Rückzieher. »Dann sorgen Sie bitte dafür, dass alles ohne großes Aufsehen abläuft.«
»Es geht seinen normalen Gang. Sie müssen sich schon damit abfinden, dass ein Leichenwagen über Ihr Grundstück fährt. Wer lebt, der muss sich auch mit dem Tod auseinandersetzen.«
»Ich weiß.«
»Dann sind wir uns ja einig.«
Diesmal sagte er nichts. Es kam mir auch gelegen, denn ich wollte noch mit Sir James sprechen. Er hatte uns auf den Fall angesetzt und lauerte bestimmt schon darauf, eine Nachricht zu bekommen.
Sehr schnell merkte ich, dass es hier unten zwischen den Betonwänden keinen Handyempfang gab, deshalb zog ich mich in Cortis Büro zurück und telefonierte dort.
»Klären Sie den Fall so schnell wie möglich auf«, hatte Sir James zu mir gesagt.
Er war nach meinem Bericht geschockt gewesen, denn blinde Vampire waren auch ihm bisher fremd gewesen.
Ich wollte mehr erfahren und hatte mich deshalb bei Jane Collins angemeldet, denn bei ihr lebte Justine Cavallo, die Blutsaugerin, die sich bei der Detektivin regelrecht eingenistet hatte. So etwas gab es nicht noch mal auf dieser Welt, aber Jane hatte sich damit abgefunden und ich ebenfalls, denn trotz aller Gegensätze zwischen uns hatten wir auch von der Cavallo profitiert, denn sie sah uns mittlerweile als Partner an, auch wenn ich anders darüber dachte.
Suko war nicht mitgefahren. Er musste bei Corti bleiben. Zumindest so lange, bis die Tote weggeschafft worden war. Erst dann konnten wir weitersehen.
Die Zeit wollte ich nutzen. Zudem war der Weg zwischen den beiden Zielen nicht besonders weit. Kensington und Mayfair lagen dicht beieinander. Aber ich brauchte trotzdem meine Zeit, bis ich die Straße erreicht hatte, in der Jane Collins zusammen mit Justine Cavallo in dem von Lady Sarah geerbten Haus wohnte.
Einen Parkplatz fand ich nicht. So stellte ich meinen Wagen halb auf den Gehsteig und legte die Sirene sichtbar auf den Fahrersitz, damit man mir keine Reifenkralle verpasste.
Wie so oft hatte mich Jane Collins schon gesehen. Ich brauchte erst gar nicht an der Tür zu klingeln, sie öffnete schon, als ich über den schmalen Weg durch
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