1505 - Der blinde Blutsauger
den Vorgarten schritt, in dem es bald wieder anfangen würde zu blühen.
Nach einer kurzen und festen Umarmung bat Jane mich ins Haus und meinte: »Jetzt bin ich verdammt gespannt darauf, was dieser überfallartige Besuch zu bedeuten hat.«
Ich zog meine Jacke aus und sagte: »Nichts Gutes.«
»Das habe ich mir schon gedacht.« Sie deutete zur Treppe hin. »Du kommst ja nie nur, um einen Kaffee zu trinken oder so.«
»Das stimmt auch nicht.«
»Egal, komm hoch.« Jane lebte in der ersten Etage. Dort hatte sie genügend Platz, den sie allerdings mit Justine Cavallo teilen musste. Die Vampirin hauste in einem Zimmer, das sie stets recht dunkel hielt.
Bevor ich die Wohnung betreten konnte, stoppte mich Janes Stimme.
»Hast du nicht auch von Justine gesprochen, als du angerufen hast?«
»Habe ich.«
»Sie ist da.«
»Sehr gut.«
»He«, beschwerte sich Jane. »Ich habe angenommen, du wolltest mich mal besuchen.«
»Das eine schließt das andere nicht aus.« Ich wollte das Zimmer betreten, als sich mein Handy meldete. Es war Sir James, den ich gebeten hatte, etwas über das Blindenheim herauszufinden. Und jetzt gab er mir das Ergebnis bekannt.
Ich erfuhr, wo das Heim lag und dass es von dieser Stella Doyle geleitet wurde, deren Namen mir schon Corti genannt hatte. Es war nichts Negatives über das Heim bekannt. Dort hatten blinde Menschen eine Heimat gefunden. Sie lebten, schliefen und arbeiteten dort.
Finanziert wurde es vom Staat und auch von privaten Spenden. Sogar den Computer beherrschten einige der dort lebenden Menschen.
Natürlich waren die Geräte für die Zwecke der Blinden umgebaut worden.
»Danke, Sir, aber ich denke, dass ich mir später selbst ein Bild davon machen kann.«
»Ja, tun Sie das.«
»Und was ist mit Corti?« Er lachte. »Einiges, aber man kann ihm nichts beweisen. Dass er sich um blinde Menschen kümmert, ehrt ihn. Er gehört zudem zu den Sponsoren des Heims.«
»Das hat er uns gesagt.«
»Glauben Sie denn, dass er und dieser Vorfall in einem Zusammenhang stehen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber möglich ist alles.«
»Und wie gehen Sie jetzt vor, John?«
»Im Moment bin ich bei Jane Collins. Eigentlich geht es mehr um Justine Cavallo. Möglich, dass sie etwas weiß, was uns weiterhelfen kann.«
»Gut. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Werde ich machen, Sir.«
Ich betrat Janes Wohnung, in der es nach Kaffee roch. Sie schenkte zwei Tassen ein und fragte wie nebenbei: »Worum geht es eigentlich in diesem seltsamen Spiel?«
»Das weiß ich nicht genau. Aber ich habe es mit einem blinden weiblichen Vampir zu tun bekommen.«
Jane stutzte. »Wer tut denn so etwas?«, fragte sie leise.
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Um Näheres herauszufinden, bin ich bei dir.«
»Du denkst wohl eher an Justine.«
»Auch das.«
»Soll ich ihr Bescheid sagen?«
Ich winkte ab. »Gleich. Erst mal können wir beide uns unterhalten.«
Ich ließ mich in einen der kleinen, aber bequemen Sessel sinken, rührte etwas Zucker in den Kaffee und hob die Tasse an.
Es tat mir gut, mich für einige Sekunden zurückfallen zu lassen, und ich schloss sogar die Augen. Dann allerdings war ich schnell wieder obenauf, als ich Janes Frage hörte.
»Was hast du eigentlich mit diesem Corti zu tun?«
»Du kennst ihn?«
Jane lehnte sich zurück und lachte. »Sagen wir mal so. Wer kennt diesen Mann nicht? Den großen und selbstlosen Spender und zugleich eiskalten Geschäftsmann.«
»Jetzt hat er ein Problem.«
»Wieso?«
Ich redete nicht lange um den heißen Brei herum und kam zur Sache. In Jane Collins hatte ich eine aufmerksame Zuhörerin, die mich nicht unterbrach und nur hin und wieder die Stirn krauste. Schließlich hatte ich ihr alles erzählt, und jetzt schüttelte sie den Kopf.
»Dass es so etwas gibt, das kann ich kaum fassen. Das ist ein verdammt hartes Stück.«
»Meine ich auch.«
»Und jetzt willst du dir das Heim genauer anschauen.«
»Zwangsläufig, aber mit Justine will ich auch reden. Ich muss wissen, ob sie etwas gehört hat. Diese Eve ist ja nicht grundlös zu einer Blutsaugerin geworden.«
Jane schaute mich prüfend an und spielte mit den Ärmeln ihres hellblauen Pullovers. »Hast du etwa Justine in Verdacht?«
»Nein, das habe ich nicht. Das glaube ich auch nicht. Derartige Spuren würde sie nie hinterlassen und…«
Ich hörte mitten im Satz auf, denn nach einem kurzen Klopfen wurde die Tür geöffnet, und Justine betrat das Zimmer.
»Dann habe ich mich doch
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