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1505 - Dorina, die Friedensstifterin

Titel: 1505 - Dorina, die Friedensstifterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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darauf anlegte, sie zu beruhigen, aber dieser Versuch scheiterte ganz einfach daran, daß sie nicht bereit war, sich beruhigen zu lassen. Sie wollte nur eines: Endlich allein sein.
    Sie ging in das Zimmer und schloß die Tür.
     
    *
     
    Da saß sie nun, auf diesem kargen, ungewohnt harten Bett, das nicht einmal genug Kissen hatte, um sich richtig einzukuscheln, zwischen den kahlen, weißen Wänden, und wußte nicht, was sie tun sollte. Ein Mi’inah pfiff draußen im Park sein melancholisches Lied. Es klang sehr traurig. Dabei hatte das Tier gar keinen Grund, sich zu beklagen: Es war immerhin frei und würde es auch bleiben, denn kein Linguide würde je auf die Idee kommen, einen Mi’inah einzusperren.
    Bei einem Kind aus ihrem eigenen Volk kannten die Linguiden dagegen weniger Skrupel, dachte Dorina ärgerlich.
    Der Mi’inah kam näher und landete auf dem Fensterbrett. Er betrachtete Dorina mißtrauisch. Sie pfiff etwas Freundliches. Der Mi’inah antwortete mit einem langgezogenen Pfiff und flatterte aufs Bett.
    In diesem Augenblick klopfte es. Der Mi’inah, nervös wie alle von seiner Art, erschrak und flog eilig davon. „Ich bin nicht da!" knurrte Dorina zur Tür hinüber.
    Die Tür hatte entweder verstopfte Sensoren oder unmögliche Manieren - auf jeden Fall öffnete sie sich.
    Draußen stand ein junger Linguide, ungefähr neun Jahre alt. Er trug schreiend bunte Kleidung und eine sehr auffällige Frisur: Die seitlichen Kopfhaare waren grün gefärbt und zur Seite gebürstet, so daß sie wie Vogelschwingen vom Schädel abstanden. „Ich bin Virram", sagte der Linguide. „Garyo hat dich meiner Gruppe zugeteilt. Komm mit, es ist Zeit zum Essen."
    „Du hast den Mi’inah verscheucht", erwiderte Dorina böse. „Paß auf, daß ich dir nicht genauso einen Schrecken einjage, wie du es mit ihm getan hast!"
    „Komm endlich!" befahl Virram unbeeindruckt „Ich habe keine Lust, deinetwegen zu spät zu kommen."
    Dorina war notfalls noch bereit, sich dem Schlichter zu beugen, denn der saß auf jeden Fall am längeren Hebel.
    Aber diesem Jungen? „Laß mich in Ruhe!" knurrte sie. „Tür zu!"
    Die Tür hatte nicht nur verstopfte Sensoren, sondern sie mußte wohl stocktaub sein - sie rührte sich nicht.
    Virram setzte gerade zum Sprechen an - Dorina wußte schon im voraus, daß sie nichts von dem hören wollte, was er zu sagen hatte - als plötzlich Garyo hinter ihm auftauchte. Er klopfte Virram beruhigend auf die Schulter, und der junge Linguide entfernte sich mit offensichtlicher Erleichterung. „Zeit für die erste Lektion", sagte Garyo und trat ein. „Ich habe keinen Hunger und möchte jetzt nichts essen", erklärte Dorina störrisch. „Und ich habe nicht die Absicht, dich dazu zu überreden", erwiderte Garyo gelassen. „Abgesehen davon werde ich veranlassen, daß dir dein Essen in der nächsten Zeit hierher in dein Zimmer gebracht wird."
    Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, daß dies keineswegs als Auszeichnung gemeint war, aber das war ihr egal. „Wir können es nämlich nicht zulassen", fuhr Garyo fort, „daß du Schülern drohst, wie du es vorhin mit Virram getan hast."
    „Ich werde ihnen schon nichts tun", versicherte Dorina verächtlich.
    Garyo lächelte. „Du hast das falsch verstanden", sagte er bedächtig. „Aber ich nehme an, daß dies auf einem grundsätzlichen Irrtum beruht, den du erst einmal überwinden mußt. Deine Eltern sagten, daß du dich über Friedensstifter und Schlichter informiert hast. Da-, nach hast du dich einmal ziemlich abfällig über deren Fähigkeiten geäußert."
    Sie konnte nicht glauben, daß Warna und Segur das tatsächlich erzählt haben sollten. Aber woher hätte Garyo es sonst wissen können? „Deine Verachtung", fuhr der Schlichter fort, „rührt sicher daher, daß du an ihren Reden nichts Ungewöhnliches entdecken konntest. Das brachte dich zu der Überzeugung, daß es mit ihrem angeblichen Talent nicht weit her sein kann. So ist es doch, nicht wahr?"
    Dorina schwieg. „Du hältst dich selbst für einmalig", stellte Garyo fest. „Du meinst, daß du eine ganz besondere Fähigkeit hast - ein einzigartiges Talent. Aber glaube mir: Das haben schon viele gedacht. Es ist typisch für jene, die ihre Begabung sehr früh und auf eigene Faust entdecken. Ich habe es von mir auch mal angenommen." Er lächelte. „Ja, ich habe das Talent, ob du es nun glauben magst oder nicht."
    Obwohl Dorina von sich selbst meinte, daß sie all ihre Reaktionen sehr gut kontrollieren

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