1509 - Standbild des Grauens
Staub.
Ich verteilte den Speichel in meinem Mund, um ihn anzufeuchten, denn ich hatte den Eindruck, ebenfalls Staub geschluckt zu haben, was jedoch Einbildung war.
Der Vampir verlor den Halt. Sein Körper war einfach zu schwer. An der Seite des Jeeps sank er dem Boden entgegen, und unter seiner Kleidung löste sich der Körper ebenso auf wie sein Gesicht.
Da rieselte es aus den Ärmeln und Hosenbeinen, was mal sein Körper gewesen war.
Jetzt sahen wir nur Staub und ein Gemisch, das aussah wie grauer Sand. Da blieb kein Stein mehr auf dem anderen, so konnte man das auch sagen.
»Das war’s«, sagte Suko nur und nickte mir zu. »Der Zweite…«
»Und wie viele sind es noch?«
»Keine Ahnung.« Suko steckte die Dämonenpeitsche ausgefahren und mit dem Griff zuerst in den Gürtel. So hatte er sie jederzeit zur Hand, wenn es sein musste.
Ich stieß die Luft aus, schaute auf den Rest und meinte: »Eigentlich müssen wir ihm dankbar sein, dass er erschienen ist. So brauchen wir nicht mehr lange zu suchen.«
»Eine Frage habe ich aber trotzdem. Wie ist es möglich, dass wir es mit derartigen Vampiren zu tun haben? Verdammt, wir haben so einiges erlebt, aber das noch nicht. Kannst du mir darauf eine Antwort geben?«
»Nein. Aber wir werden sie finden. Ich gehe jede Wette ein, dass wir in dieser so kompakten Felswand die entsprechende Lösung finden. Und ich bin gespannt, was Justine zu sagen hat. Schließlich hat sie einen guten Vorsprung.«
»Die kocht doch nur ihre eigene Suppe.«
»Das glaube ich auch.«
Wie die Dinge auch lagen, für uns war es wichtig, wieder mit im Spiel zu sein. Und diesen Trumpf würden wir uns nicht nehmen lassen, das stand fest. Gemeinsam schauten wir uns die Felswand jetzt näher an. Wülste, Spalten, Risse. Wir leuchteten hinein und mussten feststellen, dass die meisten zu eng und auch nicht tief genug waren.
Bis Suko eine Entdeckung machte. Er sagte mir nichts davon. Ich sah ihn im Fels verschwinden. Fünf Schritte brauchte ich, um an der doch recht breiten Öffnung zu sein.
Ich rief seinen Namen.
»Ich denke, du kannst kommen, John! Hier geht es wohl weiter.«
»Wer sagt es denn«, sprach ich leise und ging dann in die breite Spalte hinein.
Suko war gut zu erkennen, obwohl es recht düster war. Er hatte seine Leuchte eingeschaltet, deren Strahl mich traf und dann verlosch.
»Die brauchen wir nicht mehr, komm…«
***
Lucius Clay hatte noch niemals von Vampiren geträumt. Was er jetzt allerdings durchmachte, das erinnerte ihn schon an einen Alb träum im allerschlimmsten Sinne. Er empfand auch seinen Fall als übel, weil er mit dem Hinterkopf so hart aufgeprallt war. Durch den Schmerz und auch den Schleier von seinen Augen verlor er etwas die Orientierung, doch es gab noch den Überlebenswillen in ihm, und der befahl ihm, dass er sich aufraffen musste, um die Flucht zu ergreifen.
An seine Begleiterin dachte er nicht mehr. Er gab sich den nötigen Schwung und schaffte es tatsächlich, in eine sitzende Stellung zu gelangen. Doch aufzustehen, das war für ihn nicht so ohne Weiteres zu schaffen, die Folgen des Aufpralls hinderten ihn daran.
Er schwankte. Ihm war schwindlig. Er schloss die Augen, doch es wurde nicht besser.
Dann sah er den Schatten über sich. Für einen winzigen Moment erschien das verzerrte Gesicht seiner ehemaligen Freundin in seinem Sichtfeld, und gerade dieser Anblick machte ihm klar, dass er nicht mit Hilfe rechnen konnte.
Sie warf sich auf ihn.
Myrna war zwar kein Schwergewicht, aber es reichte aus, um Lucius nach hinten zu werfen.
Abermals prallte er auf den Rücken. Nur hatte er diesmal Glück und schlug nicht mit dem Hinterkopf auf. Viel brachte ihm das nicht, denn Myrna hatte ihn jetzt da, wo sie ihn haben wollte.
Lucius konnte das alles nicht mehr nachvollziehen. Er glaubte, in einem Film zu sein, den er vor Jahren mal gesehen hatte. Da hatte auch ein Mann am Boden gelegen, und eine nackte Blutsaugerin hatte sich über ihn gebeugt, um ihm ihre spitzen Zähne in den Hals zu hacken.
Hände packten seinen Kopf und drehten ihn nach links. Durch diese Bewegung straffte sich die Haut an seiner linken Seite, und sie bot die perfekte Fläche für den Biss.
Er hörte noch ein leises und lustvolles Stöhnen, dann war Myrna über ihm und biss sich fest.
Ein erster Schmerz wühlte sich durch Lucius’ Hals. Er lag steif wie ein Brett und verkrampfte sich zudem. Aber der Schmerz war rasch vorbei.
Eine Ohnmacht überkam ihn trotzdem nicht, denn er
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