1514 - Das Muschelschiff
Stipho-Arramo lebte noch, und Holder übergab ihn rasch der Obhut des SERUNS. Der Anzug injizierte mehrere Medikamente und Seren, aber seine Hilfe kam zu spät. Der Körper des Springers war bereits zu sehr vergiftet. Er starb zwei Minuten später, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.
Fennegal stützte den Vater, als dieser zu ihrem Unterschlupf zurückwankte und seinen Strahler holte.
Gemeinsam brannten sie ein Grab in den Boden am Rand des Dschungels und bestatteten den Toten mitsamt seinem Anzug, nachdem Arramo den Inhalt des Pikosyns gelöscht hatte. Sie füllten das Grab mit Erde und kehrten in die Kaverne zurück.
Fennegal legte den Kopf in die Hand und sah den Alten durchdringend an. „Steht im Log immer noch zu lesen, daß der Flug ein Erfolg ist?" fragte er unvermittelt. „Ist bei den Programmen wirklich etwas schiefgelaufen?"
Arramo schwieg verblüfft, und Fennegal wiederholte seine Frage. „Nein", gab der Patriarch zu. „Es war Absicht. Unsere ganze Tarnung wäre sinnlos geworden, wenn der Inhalt des Logs nicht mit unseren Erwartungen und unseren Ansichten übereingestimmt hätte. Die ganze Tarnung hätte nichts genützt!"
„Und wegen dieser Tarnung hast du die Existenz der gesamten Sippe aufs Spiel gesetzt!"
„Nein!" Holder Arramo fuhr auf. Er bückte sich zu seinem Sohn hinab, packte ihn an den Schultern und hob ihn mühelos empor. Unter seinem Griff hing Fennegal wie eine leblose Puppe. „Du darfst so etwas nicht sagen.
Ich habe nicht damit gerechnet, daß aus der stolzen ARRAMO ein Wrack würde. Niemand konnte ahnen, daß die Schergen der Macht, die sich Bewahrer von Truillau nennt, gewissenlose Schlächter sind!" Er hielt inne, ließ Fennegal zu Boden fallen und schüttelte den Kopf. „Schlächter ist nicht der richtige Ausdruck. Die Gallertwesen in ihren lederartigen Hüllen führen Befehle aus!"
Er begann einen Rundgang durch die Kaverne, wie er es in der Zentrale seines Schiffes immer getan hatte. Ab und zu hielt er für einen kurzen Augenblick inne. „Unsere Tarnung ist unser einziges Kapital", sagte er. „Hörst du mir überhaupt zu? Ohne die Tarnung müßten wir damit rechnen, daß der Bewahrer diesen Planeten vernichten läßt, um ganz sicherzugehen."
„Du kennst dieses Wesen, nicht wahr? Zumindest hast du von ihm gehört!"
„Ich habe von der Macht gehört, die diese Galaxis beherrscht. Mehr nicht. Ich weiß nicht, wie der Bewahrer heißt, und ich bin ihm nie begegnet."
„Und dennoch ist das nur die halbe Wahrheit!" beharrte Fennegal Arramo. „Halt den Mund!" fuhr der Patriarch ihn an. Er selbst sagte die nächsten vier Wochen kein einziges Wort mehr, und er schwieg auch dann, als die Vorräte an Eiweiß zu Ende gingen und einer den beschwerlichen Weg zum Schiff unternehmen mußte, um aus den Lagern Nahrungsmittel zu besorgen.
Von Anfang an hatten sie auf die Benutzung der Flugaggregate verzichtet und sich geeinigt, diese nur im Gefahrenfall einzusetzen. Die Muscheln waren weg, aber Arramo rechnete damit, daß Beobachtungsgeräte zurückgeblieben waren, die jede Energieentfaltung registrieren würden. Im Schiff selbst hatte der Gegner zwar Unordnung angerichtet, aber keine Spione zurückgelassen. Arramo hatte es in mühevoller Kleinarbeit und unter Lebensgefahr herausgefunden.
Fennegal belud sich mit den großen Säcken und machte sich auf den Weg.
Als er nach einer Woche noch nicht zurückgekehrt war, da wußte Holder Arramo, daß er endgültig allein war auf dieser heimtückischen Welt.
*
Der Walzenraumer war im Lauf der Jahre immer tiefer in den Schlamm eingesunken. Inzwischen reichte die stinkende Brühe bis auf die Höhe der Kommandozentrale, und Holder Arramo ließ sich hinüberschweben bis zu der Luke in der Nähe der Hyperfunkantenne. Er hatte dem Automaten einen neuen, auf ihn abgestimmten Kode verpaßt, und ein mit minimaler Energie arbeitender Taster kommunizierte mit dem Pikosyn seines SERUNS und ermittelte die Identität des Besuchers. Die Luke schwang auf, und der Patriarch ohne Sippe stieg die Leiter hinab in das Innere. „Guten Tag!" sagte er. „Endlich bin ich zurück. Wie sieht es aus? Alles klar, ja?"
Er hatte im Laufe der Zeit begonnen, Selbstgespräche zu führen. „Es ist alles in Ordnung", antwortete er sich. „Die Gänge sind in einem tadellosen Zustand, und die Vorräte reichen für eine Einzelperson an die zweihundert Jahre. Wie hoch schätzt du die Verspätung, mit der du in ESTARTU ankommen wirst? Bis dahin werden
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