1515 - Die Balkan-Bestie
sich behalten, denke ich. Er wird den Nachbarn davon erzählen, und so spricht es sich schnell herum.«
»Das ist möglich. Woher wissen Sie das?«
»Weil ich die Menschen kenne.«
In diesem Augenblick meldete sich erneut das Telefon. Ich war sicher, dass der Anrufer das gleiche Anliegen haben würde, und sah, wie der Kopf des Kollegen erneut rot anlief. Eine sehr laute und scharfe Antwort verließ seinen Mund. Noch immer wütend, warf er den Hörer zurück auf die Gabel.
»Es hat sich schon herumgesprochen«, flüsterte er. »Das war eine Frau, die Angst um ihre Kinder hatte.«
»Was haben Sie ihr geantwortet?«
»Dass es sich um einen Hund handeln kann. Damit soll sie sich zufrieden geben.«
»Sehr gut«, lobte ich ihn.
Rogowski drückte seine beiden Hände gegen die Wangen. »Damit haben wir den Fall aber nicht gelöst, verdammt.«
»Stimmt.«
Die Hände des Mannes sanken wieder herab. Sehr langsam, ein Zeichen, dass er nicht so recht weiter wusste. »Was können wir denn überhaupt noch tun?«, flüsterte er.
»Jedenfalls werden Sie hier in Ihrer Station bleiben«, erklärte Suko.
»Das ist wichtig.«
»Gut, einverstanden. Sie sind ja auch noch da. Was wollen Sie denn unternehmen?«
Suko warf mir einen Blick zu.
Ich winkte ab. Sollte er die Antwort geben. Wir hatten uns zwar nicht abgesprochen, waren jedoch ein eingespieltes Team, und ich würde schon mit dem einverstanden sein, was mein Freund und Kollege vorschlug.
»John Sinclair und ich werden die Stadt durchstreifen. Wir laufen gewissermaßen Patrouille, und das mit sehr offenen Augen. Wir wissen, dass es die Wölfe gibt, aber wir wissen nicht, wie viele es sind. Bestimmt mehr als vier, die wir aus der Welt geschafft haben.«
»Das glaube ich Ihnen«, sagte Jonny Rogowski. »Aber ich frage mich, warum das alles hier passiert? Was hat die verdammten Tiere veranlasst, sich aus den Wäldern zu wagen?«
»Auch das werden wir herausfinden. Halten Sie hier die Stellung. Es kann allerdings sein, dass wir Ihre Hilfe brauchen oder Informationen haben wollen. Deshalb führen Sie Ihre Telefongespräche so kurz wie möglich. Alles klar?«
»Ja, das habe ich verstanden.« Der Kollege nickte. »Aber mich würde noch etwas anderes interessieren. Es geht doch eigentlich um ein Tier, um die BalkanBestie, von der ich gehört habe. Alte Geschichten sterben nie, und so - nun ja, Sie wissen schon.«
»Was?«, fragte ich, weil ich glaubte, dass er noch nicht richtig mit der Sprache herausgerückt war, weil er sich nicht traute.
»Sie haben ja die Wölfe getötet. Können Sie sich vorstellen, dass dieser bestimmte Wolf darunter war? Ich spreche von der BalkanBestie? Glauben Sie das?«
»Bestimmt nicht«, erwiderte ich. Es brachte nichts ein, wenn ich ihm etwas vormachte. »Die Tiere, die wir erledigt haben, sahen einfach zu normal aus.«
»Und die Bestie? Was glauben Sie?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie war effektiv nicht dabei. Bitte, da müssen Sie sich auf uns verlassen.«
Jonny Rogowski starrte uns an. Dann senkte er den Kopf. »Ja, etwas anderes bleibt mir wohl nicht übrig. Ich hatte mich nur schon gefreut, aber irren ist ja menschlich.«
»Sie sagen es.«
»Und wie geht es jetzt weiter? Wollen Sie nur durch die Straßen fahren und die Augen offen halten?«
Wir erklärten es ihm abermals und ließen uns dann seine Telefonnummer geben. Als wäre es ein längerer Abschied, so brachte er uns bis zur Tür und zeigte uns seine Fäuste.
»Ich drücke Ihnen nicht nur die Daumen, sondern auch die Finger.« Er lächelte dabei und schaute an uns vorbei in den noch leichten Dunst, der noch einiges erkennen ließ, aber trotzdem eine Behinderung darstellte, denn der Tag würde sich bald verabschieden und der Dunkelheit weichen. Das würde uns nicht eben behilflich sein, der BalkanBestie allerdings schon…
Es gab Zeiten, da hatte Manescu über sein Leben geflucht, weil es ohne Perspektive gewesen war. Ohne Arbeit, herumlungern, auf dumme Gedanken kommen, ab und zu einen nicht astreinen Job annehmen, wie das Überführen gestohlener Wagen, aber das konnte es nicht sein. So sollte sein Leben nicht ablaufen.
Seine Frau hatte sich von ihm getrennt und war mit den beiden Kindern verschwunden. Sie lebte jetzt in Konstanza und hatte ihm nicht erlaubt, sie zu besuchen. Es war ihm letztendlich egal gewesen. Er blieb in Craia und lebte in einem Anbau in einem größeren Zimmer, wo er auf bessere Zeiten wartete.
Die kamen tatsächlich.
Es hing mit der EU zusammen
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