1515 - Die Balkan-Bestie
und mit den Leuten, die von ihr geschickt worden waren. Graham Ford hatte er durch Zufall kennen gelernt. Die beiden waren ins Gespräch gekommen, und Ford hatte von der Autoleidenschaft des Rumänen erfahren.
Er hatte ihn augenblicklich als Fahrer eingestellt. Manescu kannte nicht nur die kleine Stadt, er kannte sich auch in der Umgebung aus und wusste, wie man auf dem schnellsten Weg zu einem bestimmten Ziel gelangte.
Also bekam er sein Geld von der EU. Für ihn war es viel, und so sah Manescu seine Zukunft wieder rosiger. Er hatte jetzt jedenfalls ein Bein in der Tür, wie er immer sagte.
Natürlich war auch er durch den Mord geschockt worden. Nicht nur, weil er den Mann gekannt hatte. Es machte ihm auch zu schaffen, wie dieser Frank Tyler ums Leben gekommen war.
Das war alles andere als normal. Daran trugen auch keine Wölfe die unmittelbare Schuld, dieser Biss war einfach schlimm gewesen. Die Kehle des Engländers war völlig zerfetzt gewesen, und ein normaler Wolf schaffte so etwas nicht.
Da kam ihm wieder die BalkanBestie in den Sinn, von der die Menschen hier berichteten. Er hatte es für ein Märchen gehalten, wenn die Leute von früheren Zeiten sprachen, aber nun dachte er anders darüber.
Er hasste die Bestie!
Er hasste es auch, dass sie Unruhe über die Menschen brachte, und dagegen wollte er etwas unternehmen. Wenn es hier Ärger gab, sah er seinen Job in Gefahr. So einfach war seine Logik.
Der Anbau, in dem er seit dem Verschwinden seiner Frau lebte, war früher mal ein Stall gewesen. Für den Besitzer hatte es sich nicht mehr gelohnt, Schafe zu züchten, und so war der kleine Stall umgebaut worden. Der Raum reichte ihm. Es war auch wichtig für ihn, dass seine Behausung einen separaten Eingang hatte und dass man ihn in Ruhe ließ. Alles andere würde sich ergeben.
Er hatte Graham Ford zu seiner Pension gefahren und wurde nicht mehr gebraucht. Erst am anderen Morgen sollte er sich melden, so hatte er den Abend und die anschließende Nacht für sich. Eine lange Zeit, um über die neue Konstellation nachdenken zu können, die ihm so ganz und gar nicht gefiel.
In Craia oder der Umgebung gab es einen Killer. Eine Bestie. Einen Unhold, der nicht normal war. Bei den Leuten in Craia war oft genug der Begriff Werwolf gefallen, und auch er glaubte inzwischen daran, dass dieser Mörder des Engländers etwas ganz Besonderes war. Ein Killer, wie es ihn nicht geben durfte. Einer der bösen Extraklasse.
Manescu beschäftigte sich immer mehr mit dem Gedanken, als er in seinem Anbau hockte und hin und wieder zur Flasche griff, die auf dem Tisch stand. In ihr befand sich Wacholderschnaps. Ein paar Schlucke hatte er schon getrunken. Das gehörte zu seinem Feierabendritual.
Betrunken wurde er so leicht nicht. Er befand sich im Training, aber er wollte es auch nicht übertreiben, ließ die Flasche in Ruhe, stand auf und ging zu einem kleinen Schrank, dessen schmale Tür er aufzog und mit einem Griff das alte Gewehr hervorholte, das immer geladen bereit stand. Man konnte schließlich nie wissen, was noch kam.
Er lächelte, als seine Hände über das Metall des Laufs strichen. Jetzt fühlte er sich sicherer, und er dachte daran, was er sich schon länger vorgenommen hatte.
Es brachte ihm nichts ein, wenn er sich weiterhin in seiner Bude aufhielt.
Manescu fühlte so etwas wie eine Verantwortung in sich. Er wollte mithelfen, den Killer zu finden. Erst wenn der erledigt war, würde sein Job wieder sicher sein.
Das war die Logik, die ihn aus dem Haus trieb.
In der offenen Tür wartete er ab. Er schaute hinaus und zog die Augenbrauen zusammen. Was er zu sehen bekam, gefiel ihm nicht.
Über dem kleinen Feld zogen die Nebelschwaden dahin wie stumme Totengeister. Sie hüllten vieles ein, aber sie ließen noch eine gewisse Sicht zu. So konnte er auch die Straße am Rand des Feldes sehen, die von einigen Autos befahren wurde, deren Scheinwerfer nicht mehr so klar leuchteten. Es war auch noch nicht ganz dunkel geworden, aber die Straßenlampen brannten bereits und gaben ihr milchiges, verschwommenes Licht ab, wenn der Nebel gegen die Laternen wehte.
Manescu schloss die Tür und machte sich auf den Weg. Er ging nicht schnell und hielt das Gewehr eng gegen den Körper gepresst. Sein Anbau lag zwar in der Stadt, jedoch am Rand, und so musste er noch einige Schritte gehen, bis er den inneren Bereich erreichte, denn genau dort wollte er patrouillieren.
Er horchte in die Stille hinein, die eigentlich keine war, aber der
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