1515 - Die Balkan-Bestie
die Wut in mir hoch.
»Wir können nur durch die Straßen fahren oder gehen. Das ist zwar ziellos, aber vielleicht haben wir Glück.«
»Zu wenig, Suko.«
»Und woran denkst du?«
»An Manescu.«
»Wieso?«
»Er ist gebissen worden. Und ich denke, dass sich Graham Ford die Dinge anders vorgestellt hat, als sie abgelaufen sind. Er hat ihn bestimmt für sich haben wollen. Wenn er jetzt zum Brunnen geht, wird er ihn nicht mehr finden. Aber wenn er ihn braucht, dann wird er ihn auch finden.«
»Verstehe. Du rechnest damit, dass er zu Rogowski geht.«
»Ja.«
»Worauf warten wir dann noch?«, fragte Suko und startete die Maschine…
Jonny Rogowski hatte kein gutes Gefühl, als er allein in seinem beruflichen Zuhause zurückblieb. Obwohl Manescu in der Zelle lag und ihm dort nicht gefährlich werden konnte, wollte das ungute Gefühl nicht von ihm weichen.
Er kam sich vor wie der Mann, dem man eine Laus in den Pelz gesetzt hatte.
Als die beiden Engländer bei ihm gewesen waren, da hatte er sich noch sicher gefühlt. Das war nun vorbei, und der Druck in seinem Magen wollte nicht mehr verschwinden.
Er trank wieder einen Schnaps. Das gab ihm etwas Wärme. Dann ging er zum Fenster. Seine Waffe nahm er mit, als er nach draußen schaute, aber nichts sah, denn es gab keinen zweiten Wolf, der sich seinem Haus genähert hätte.
Eine leere Straße, über die lautlos der Dunst zog und den Ort in eine gespenstische Kulisse verwandelt hatte. Hier war alles anders geworden. Die Angst hielt Craia in ihrem Würgegriff, und Rogowski fühlte sich mit einbezogen.
Er ging wieder zurück. Zuvor hatte er beide Fenster geschlossen.
Obwohl die Scheiben nicht aus Panzerglas bestanden, fühlte er sich so trotzdem sicherer. Er wartete. Er hoffte, dass es die beiden Engländer schafften. Diese Pest musste ausgerottet werden.
Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Jetzt, wo die Fenster nicht mehr offen standen, kam ihm die Luft drückend vor. Ihm brach der Schweiß aus den Poren, und er hörte sein Herz noch immer so schell und heftig schlagen.
Wer war die BalkanBestie? Und wo steckte sie?
Er fand keine Antworten auf die Fragen, aber Jonny ging davon aus, dass sie sich in seiner Nähe aufhielt, und das gefiel ihm gar nicht.
Etwas ließ ihn starr werden!
Sekundenlang lauschte er in die wieder eingetretene Stille. Er war sich nicht sicher, ob das Geräusch wirklich aufgeklungen war, und so lauschte er weiter.
Ja, es war da!
Ein leises Schreien. Einige dumpfe Schläge, die metallisch klangen.
Mein Gott, das war in der Zelle…
Nach dieser Feststellung rieselte es eiskalt seinen Rücken hinab. Im Mund spürte er den schlechten Geschmack, und er wünschte sich seine beiden Helfer zurück.
So schnell würde das nicht eintreten, und so war Jonny weiterhin auf sich allein gestellt.
Er verließ sein Büro. Die Waffe nahm er mit, obwohl sie nicht mit silbernen Kugeln geladen war. Der tote Wolf lag noch immer im Gang, und Jonny ging an ihm vorbei die wenigen Schritte bis zur Zelle. Das Licht hatte er nicht ausgeschaltet, er konnte alles gut sehen, und sein Blick fiel durch die Lücken zwischen den Stäben.
Manescu war noch da.
Aber er lag nicht mehr auf seiner Pritsche, sondern stand jetzt davor und glotzte durch die Gitterstäbe.
Er verhielt sich ganz ruhig. Nicht mal ein keuchender Atemzug verließ seinen Mund. Stattdessen glotzte er starr nach vorn und direkt in Jonnys Gesicht.
Rogowski schaute zurück. Es fiel ihm nicht leicht, diesem Blick standzuhalten, denn er sah, dass sich die Augen im Gesicht des Mannes verändert hatten. Sie schienen zu winzigen Teichen geworden zu sein, auf deren Oberfläche es schimmerte. Und die Haut in seinem Gesicht befand sich in ständiger Bewegung. Von der Stirn bis zum Kinn zuckte es hin und her. Seine Hände konnte er ebenfalls nicht ruhig halten, denn sie glitten an den Seiten seines Körpers auf und ab.
Er war verletzt worden. Er blutete aus zwei Wunden, die noch deutlich zu erkennen waren, denn sie nässten. Die Bisse schienen ihm nichts mehr auszumachen. Er stöhnte nicht vor Schmerzen, er kämpfte gegen etwas anderes an.
Jonny Rogowski hatte nicht viel über Werwölfe gehört, obwohl er in dieser Einsamkeit lebte, aber er wusste trotzdem, dass Werwölfe Menschen waren, die sich in Wolfsgestalten verwandelt hatten, und so konnte es sein, dass auch Manescu so weit war. Wenn er sich dann als diese Bestie präsentierte, dann besaß er auch übermenschliche Kräfte, und ob die alten
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