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1519 - Das Leichenbild

1519 - Das Leichenbild

Titel: 1519 - Das Leichenbild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Archer keine Anstalten traf, zur Seite zu gehen und wir auch unsere Richtung nicht veränderten, blieben wir in Sprechweite von ihm entfernt stehen.
    Keiner sagte etwas. Wir schauten uns nur an, und ich sah dabei, dass sich der Blick des Pfarrers verdüsterte, als ihm klar wurde, wer ihn da besuchte.
    »Sie, Jackson?« Er zischte die Frage über seine Lippen, und ich hörte daraus sogar einen Hass hervor.
    »Ja, ich bin es.«
    »Ein Mörder!«
    »Nein, ich…«
    »Hören Sie auf. Sie haben Amy Shannon getötet!«
    »Sie hieß Jackson«, sagte ich. »Außerdem ist es ein Unfall gewesen.«
    Erst jetzt schien der Pfarrer mich zu bemerken. Er schaute mich mit einem Blick an, als wollte er mich fressen. Da war nicht die Spur eines gütigen Ausdrucks zu sehen. Hätte er gelächelt und dabei zwei Vampirzähne gezeigt, es hätte mich auch nicht gewundert.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich begleite Mr Jackson.«
    Der Pfarrer sah aus, als wollte er ausspucken.
    »Mr Jackson gehört in die Zelle und nicht hierher. Oder haben Sie ihn aus diesem Loch befreit, sodass Ihnen jetzt die Polizei auf den Fersen ist?«
    »Nein, das…«
    »Ich werde es herausfinden«, fauchte er uns beide an. »Ich werde mich erkundigen und…«
    »Das ist nicht nötig.«
    Ich war ihm in die Parade gefahren, und er stand plötzlich starr und schwieg.
    Deshalb fühlte ich mich animiert, das Wort erneut zu ergreifen.
    »Falls Sie an die Polizei gedacht haben, die steht bereits vor Ihnen.«
    Nach diesem Satz zückte ich meinen Ausweis, den ich dem Pfarrer entgegenstreckte.
    Zu dritt standen wir zwischen den Trauerweiden mit den leicht zittrigen Blättern, und ich kam mir vor wie in einer Filmszene, in der zunächst nicht passierte, denn Kevin Archer war überrascht.
    Schließlich verengte er die Augen, kam einen Schritt näher und griff nach dem Ausweis. Er hatte keine guten Augen und musste das Dokument dicht vor sein Gesicht halten, um es lesen zu können.
    »Also Scotland Yard!«
    »Wie Sie sehen können.«
    Der Pfarrer gab mir den Ausweis wieder zurück. »Dann hat man den Mörder also freigelassen«, fasste er zusammen.
    Ebby Jackson fühlte sich von dieser Feststellung provoziert.
    »Ich bin kein Mörder, verdammt!« Er wollte noch mehr hinzufügen, doch da war ich schneller und griff ein.
    »Nicht, Ebby, lassen Sie das mal.«
    Ich wandte mich an den Pfarrer, der wieder einen Schritt zurückgewichen war.
    »Dieser Mann neben mir hat einen Hafturlaub erhalten, um etwas zu regeln. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass er sich in Ihrem schönen Ort schlecht benimmt. Wir werden auch bald wieder verschwunden sein, sollte alles normal laufen. Aber das Recht, das Grab seiner Ehefrau zu besuchen, hat jeder. Und ich betone noch einmal: Es war kein Mord! Ebby Jackson hat seine Frau nicht vorsätzlich umgebracht.«
    Kevin Archer ließ nicht locker. Er konnte seine Wut nur mühsam unterdrücken und sagte mit heiserer Stimme: »Er ist von einem Gericht verurteilt worden. So haben wir es alle hier in Blackwater gehört. Und dabei bleibt es. Von einem Gericht, verstehen Sie?«
    »Sie haben laut genug gesprochen. Aber Sie als Pfarrer sollten auch wissen, dass selbst ein Richter in seinem Urteil irren kann. Und das ist hier geschehen.«
    Archer lachte nur. Dann wischte er mit seiner rechten Hand durch die Luft. »Hören Sie auf, mir so etwas zu erzählen. Ich glaube Ihnen kein Wort. Für mich ist dieser Mensch ein Mörder, und er gehört bis zu seinem Lebensende in die Zelle.«
    Der Pfarrer hatte genug gesagt. Auf dem Absatz machte er kehrt und ging mit schnellen Schritten der Kirche entgegen, für die er verantwortlich war.
    Noch auf dem Weg dorthin zuckten Jackson und ich leicht zusammen, denn ohne Vorankündigung fingen die Glocken an zu läuten, was ganz natürlich war, denn wir hatten Sonntag.
    Ebby Jackson musste lachen.
    »Jetzt werden Sie den Großteil der Bevölkerung erleben, Mr Sinclair. Sie eilen zur Kirche, so ist es immer gewesen.«
    »Das ist ja nichts Schlechtes im Allgemeinen, aber was war mit Ihrer Frau? Ist sie am Sonntag ebenfalls immer zur Kirche gegangen?«
    »Ja und nein. In London nicht. War sie allerdings hier in Blackwater, dann schon.«
    »Aus Überzeugung?«
    Er hob die Schulter an. »Die nahm im Laufe der Zeit wohl immer mehr ab, Sir.«
    »Und dann hat sich ihre Einstellung gedreht, nicht wahr?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nun ja, sie sprach vom Teufel.«
    Er nickte heftig. »Stimmt, Sir, das stimmt genau. Sie hatte sich plötzlich gedreht,

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