1519 - Das Symbol der Taube
auf Außenbeobachtung. „Wagen wir es?" fragte Alaska. „Letzte Bedenken?"
„Nur ein Vorschlag", gab Testare zurück. „Falls der Schemen wirklich irgendwo wartet, sollten wir ihm aus dem Weg gehen."
„Gut. Also ein Start mit Katastrophenwerten."
Testare und die beiden anderen schnallten sich in ihren Sesseln fest. Alle Kontrollen zeigten Grün-Werte. Die Reaktoren fuhren in Sekundenschnelle auf volle Leistung, kurz darauf folgten die Triebwerke.
Natürlich war in Planetennähe nicht dieselbe Beschleunigung möglich wie im freien Raum.
Dennoch erreichte die QUEBRADA innerhalb von sechs Minuten die Eintauchgeschwindigkeit in den Hyperraum. „Keine Ortung", stellte Alaska ohne Regung fest. „Wir haben es geschafft. Sprung!"
Ein Teil der Kontrollen erlosch, ein anderer leuchtete in beruhigendem Grün auf. Das Schiff war wieder unterwegs - mit insgesamt fünf Wochen Verspätung.
*
Der restliche Weg lief ohne Unterbrechung ab.
Kembayan gehörte zu einem Kugelsternhaufen im Halo der Milchstraße, der die Bezeichnung M70 trug. Vor langer Zeit war hier einmal der Sotho Tyg Ian tätig gewesen. Die Distanz zu Sol betrug 26.000 Lichtjahre, die zum Ausgangspunkt Akkartil 30.000 Lichtjahre.
Als die QUEBRADA aus dem Hyperraum fiel, hatten sie inklusive Orientierungsstopps 15.000 Lichtjahre in vier Tagen zurückgelegt.
Die Sonnenballung des Sternhaufens war ein majestätischer, blendender Anblick. Dies war das Zentrum von M70; der mittlere Abstand von Stern zu Stern betrug lediglich ein paar Lichttage.
Testare behielt die Orter im Auge, Alaska besetzte mit Ellert als Helfer den Pilotensessel. Die gelbe Sonne, die sie suchten, fiel inmitten der Lichterfülle ringsum weniger auf als ein Staubkorn. Sie gehörte dem Spektraltyp G2V zu, strahlte also in blassem Gelb. Einen Namen hatte sie nicht.
Kembayan, der einzige Planet, war vier Lichtstunden entfernt.
Testare starrte ein paar Sekunden angestrengt auf seine Anzeigen. „Nichts", meldete er dann. „Der Raum um Kembayan ist ruhig."
Nur ein paar Störungen huschten als wirre Muster über einen Monitor. „Ich muß dich korrigieren", sagte der Syntron plötzlich.
Testare zog unwillkürlich furchtsam den Kopf ein. „Inwiefern? Droht doch Gefahr?"
„Möglich wäre es. Ich habe nahe bei Kembayan ein sonderbares Ortungsmuster erkannt. Du hast es wahrscheinlich nur als Rauschpegel wahrgenommen."
„Die Störung eben?" fragte Testare zurück. „Was soll das gewesen sein?"
„Wenn man hohe Toleranzwerte einrechnet, könnte es dem Muster entsprechen, das ich bei Struktur 112 erstmals geortet habe."
„Der Schatten?" mischte sich Ellert ein, nun ebenfalls angespannt. „Es könnte sein."
„Wahrscheinlichkeit?" fragte Alaska in seiner typischen bedächtigen, Art. „Knapp neun Prozent", gab der Syntron zurück. „Das ist wenig. Wir haben gerade eine Periode übertriebener Furcht hinter uns."
„Ich errechne soeben, daß der Schatten vor einiger Zeit von Kembayan gestartet sein könnte."
Unaufgefordert setzte der Syntron hinzu: „Wahrscheinlichkeit dafür achteinhalb Prozent."
„Das ist noch weniger", stellte Alaska trocken fest. „Und wenn der Syntron recht hat?" fragte Testare. „In dem Fall müßte der Schatten auf unsere Ankunft gewartet haben."
Eine Weile herrschte Schweigen. „Vielleicht ...", meinte Ellert dann, „vielleicht ist Kembayan eine Falle."
Wiederum schwiegen die drei Männer.
Doch irgendwann gab sich Alaska Saedelaere einen sichtbaren Ruck. „Neun Prozent Wahrscheinlichkeit, Freunde. Ich schlage vor, wir wagen es. Mit der nötigen Vorsicht."
*
Die QUEBRADA fiel zehn Lichtminuten vor Kembayan in den Normalraum zurück.
Hier hatten er und Ellert nach langer Suche ihre jetzigen Körper erhalten - sterbliche Barkonidenkörper. Und von unbeseelten Körpern derselben Art kannten sie das Bild der Taube.
Damals hatten sie sich unter Barkons Anleitung jeder einen Körper ausgesucht. In der Gruft der Schläfer, unter Felsen verborgen. Auf den Stirnen von sechs der leblosen Barkoniden hatte das Taubensymbol gestanden.
Heutzutage erhielt diese Beobachtung ungeahntes Gewicht. Langsam rückte der Planet näher. In vielerlei Hinsicht ähnelte Kembayan Terra. Die Gravitation unterschied sich kaum, die durchschnittliche Temperatur betrug 19 Grad. Auch die Luft von Kembayan ließ sich problemlos atmen.
Ebenso wie Terra besaß Kembayan einen Mond; doch der hiesige Trabant war nur zweiundzwanzig Kilometer groß und ausgesprochen
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