152 - Die Tochter des Magiers
hob das Höllenschwert erneut und versenkte die fluoreszierende Klinge in die Schwärze des Mauls. Knirschend brachen die Arme ab, und ringsherum bildeten sich Risse im Stein. Er war erledigt.
Doch Mr. Silver erkannte, daß er nicht verschnaufen durfte. Auch das hatte ihm Shrogg nicht gesagt: Der Kraftstein war im Begriff, auszutrocknen, zu zerfallen. An vielen Stellen rieselte bereits trockener Sand herab. Vielleicht war die große Kraft von Shavenaar daran schuld.
Nervös suchte Mr. Silver nach einem Tropfen Blut. Wenn es ihm nicht gelang, seine Zunge damit zu benetzen, war alles umsonst gewesen, dann mußte er so zurückkehren, wie er hergekommen war.
Er entdeckte einen glänzenden Fleck auf dem Boden. Das ganze Blut, das aus den Armen geschossen war, war bereits versickert.
Der Ex-Dämon warf sich auf die Knie, legte das Höllenschwert beiseite und berührte die glänzende Stelle.
Einen Tropfen,, nur einen einzigen Tropfen brauchte er.
Und er bekam ihn!
Kalt lag das Blut der Kraft auf seiner Zungenspitze, verteilte sich in seiner Mundhöhle. Er spürte ein unbeschreibliches Erwachen in sich.
Das mußte seine Silbermagie sein!
Sie füllte ihn allmählich wieder aus, während der Kraftstein mehr und mehr zu Sand zerrieselte.
Mr. Silver erhob sich und schob Shavenaar in die Lederscheide. Er war nicht sicher, aber er glaubte, daß es geklappt hatte. Er schien seine magischen Kräfte wiederzuhaben. Wenn er es wissen wollte, mußte er einen Versuch wagen. Er hob seine rechte Hand und beobachtete sie genau. Ein Gedanke genügte, und sie wurde zu purem Silber. Der Ex-Dämon stieß einen Freudenschrei aus. Die lange Schwächeperiode, die seine Feinde so oft genützt hatten, um ihn zu bekämpfen und zu demütigen, war zu Ende. Er war wiedererstarkt, und diese neue Kraft würden seine Feinde schon beim nächsten Zusammentreffen zu spüren kriegen.
Sie hatten es nun wieder mit dem alten Mr. Silver zu tun.
Eine Menge offenen Rechnungen hatten sich angesammelt. Es war Zeit, sie zu begleichen!
***
Wir freuten uns alle über die wiedergewonnene Stärke des Ex-Dämons. Es hatte sich letzten Endes doch gelohnt, die Silberwelt aufzusuchen - wenngleich es einige Male nicht so ausgesehen hatte.
Shrogg und seine Tochter wollten in die Einsamkeit ziehen. Thermac war kein Ziel mehr für sie, denn dort hatte sich Ronsidor eingenistet, und da er nun über die doppelte Macht verfügte, würde es niemandem gelingen, ihn zu vertreiben.
Wir brauchten ein Zeittor, durch das wir auf die Erde zurückkehren konnten.
Cardia, Sammeh, Cnahl, Roxane, Metal - und jetzt auch Mr. Silver - vereinten ihre Kräfte und lenkten sie auf die Zauberkugel der Hellseherin. Von Shrogg kam ein wertvoller Hinweis, und so wurden meine Freunde rasch fündig. Das Zeittor befand sich nicht weit vom Tempel des Lebens entfernt. Wenn wir es durchschritten, würden wir - mit ein bißchen Glück - in Crickford herauskommen. Diesmal würden wir darauf achten, daß uns die Wirbel und Strömungen nicht trennen konnten.
Shrogg und seine Tochter begleiteten uns ein Stück Weges.
Dann mußten wir Abschied nehmen.
»Du hast sehr viel für mich getan«, sagte Mr. Silver dankbar.
»Ihr habt mehr für mich getan«, erwiderte der Weise. »Ihr habt mir Lomina zurückgebracht, habt uns beiden damit das Leben gerettet. Mit meiner Hilfe konnte ich nur einen geringen Teil meiner Schuld abtragen.«
»Paß gut auf ihn auf«, sagte ich lächelnd zu Lomina, während ich auf ihren weißbärtigen Vater wies. »Er ist ein Juwel.«
»Das weiß ich. Ich werde noch viel von ihm lernen. Eines Tages Werde ich -das hoffe ich - so weise sein wie er.«
»Das wünsche ich dir«, sagte ich und drückte die Hand des Mädchens, mit dem mich einiges verband, seit wir beide in der Nacht des Silbermondes dem Barbarengott Ronsidor geopfert werden sollten.
Unsere Wege trennten sich. Wir verloren Shrogg und Lomina bald aus den Augen. Dafür sahen wir etwas anderes.
Etwas Grauenvolles!
»Oh, nein!« schrie Mr. Silver wütend.
In der Ferne hatte sich der Himmel blutrot gefärbt. Er schien zu brennen.
»Wißt ihr, was das ist?« fragte Mr. Silver aufgeregt. »Wißt ihr, in welcher Zeit wir uns befinden?«
Ich ahnte es. Wir erlebten den Untergang der Silberwelt mit. Ronsidor, dieser Wahnsinnige, hatte Asmodis zu einer Kraftprobe herausgefordert, und der Höllenfürst hatte die Herausforderung angençmmen. Shrogg hatte gesagt, Asmodis wäre nie stärker gewesen und würde nie stärker sein.
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