1520 - Schöhneit, die der Satan schenkte
dass er sich in einer Klinik befand. Dunkles Holz an den Wänden. Einige Sessel standen herum, dazwischen Tische, und er kam sich vor wie in einem altehrwürdigen Wartezimmer, das die Zeiten überdauert hatte.
Und doch war er gehört worden. Er vernahm ein Räuspern, und wenig später löste sich aus dem Hintergrund ein Mann, der mit schnellen Schritten auf Bill zukam.
»Ah, Sie sind ja pünktlich, Mr Conolly. Das ist wohl in Ihrem Beruf so üblich.«
»Sie sagen es.«
»Ich bin Dr. Mason Morris.«
Der Mann reichte dem Reporter die Hand.
Bill drückte sie und zeigte ein neutrales Lächeln. »Danke, dass Sie mich empfangen.«
»Keine Ursache. Es ist immer wieder interessant, mit bestimmten Menschen zu sprechen. Auch wenn ich nicht mehr praktiziere, bin ich dem Thema, über das Sie schreiben, doch sehr verbunden.«
»Das dachte ich mir.«
»Dann darf ich Sie bitten, mir zu folgen.«
»Gern.«
Von der Tanzschule oder auch nur einen Hinweis darauf, bekam Bill nichts zu Gesicht. Es ärgerte ihn schon, aber er wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Es konnte ja sein, dass sich im Laufe der Zeit noch etwas ergab.
Auch die weiteren Räume des Hauses erinnerten nicht an eine Klinik.
Alles wirkte sehr konservativ, auch wuchtig, und dieser Stil setzte sich auch im Büro des Chirurgen fort.
Das war Bill schon etwas suspekt.
Er versuchte sich in eine Frau hineinzuversetzen, die an sich eine sensible Operation vornehmen lassen wollte. Da musste auch die Umgebung stimmen, und die stimmte seiner Meinung nach hier nicht. Bill hätte freundliche Räume erwartet mit einem großen Lichteinfall, aber davon war nichts zu sehen.
Dr. Morris führte ihn in sein Büro. Einen sympathischen Eindruck hatte der Arzt auf Bill nicht gemacht.
Trotz der hohen Fenster fiel nicht besonders viel Licht in den Raum. Dafür sorgten die Bäume, die dicht an der Hausmauer wuchsen.
Auch das Büro war mit schweren und dunklen Möbeln ausgestattet. Die beiden Männer saßen sich in zwei schweren Sesseln gegenüber. Der Arzt hatte darauf verzichtet, an seinen Schreibtisch Platz zu nehmen.
»Sie sind verwundert, stimmt’s?«, fragte Dr. Morris.
»In der Tat.«
»Und warum?«
»Ich will Ihnen nicht nahetreten, Mr Morris, aber ich habe mir das Innere einer Klinik immer anders vorgestellt. Heller, moderner und auch lichter.«
»Das ist bei manchen auch so.« Er deutete auf eine geschlossene Flasche Wasser, die zwischen zwei Gläsern auf dem runden Tisch stand. »Bedienen Sie sich.«
»Danke. Vielleicht später.«
Dr. Morris beugte sich vor. »Und Sie wollen also über Schönheitskliniken schreiben, wenn ich das mal so platt sagen darf.«
Bill lächelte. »Das trifft mein Thema nicht ganz. Ich schreibe über die Schönheit im Allgemeinen.«
»Aha.«
»Ja, so ist es. Und deshalb beschäftige ich mich auch mit dem Thema Frau, das für mich so etwas wie ein Star ist. Wie erlebt die Frau ihre verschiedenen Altersstufen? Wie geht sie damit um? Was tut sie, um den Prozess aufzuhalten? Ich habe gelesen, dass sie über Jahre hinweg Spezialist auf diesem Gebiet waren und es sicherlich noch sind, auch wenn Sie nicht mehr praktizieren.«
»Man verlernt nichts. Allerdings habe ich meine Klinik geschlossen.« Er lächelte jetzt. »Und zwar freiwillig, wenn Sie verstehen. Auch wenn in der Presse etwas anderes zu lesen stand, aber ich habe freiwillig aufgehört. Ich wollte nicht mehr, weil ich keine Lust mehr verspürte, all die Angriffe gegen mich zu ertragen. Es hing mir zum Hals raus, wenn Sie verstehen.«
»Ja, das kann ich nachvollziehen.« Bill schlug die Beine übereinander.
»Aber es gab auch Anklagen gegen Sie, und ich meine, dass man da sieht, wie brüchig das Thema Schönheit letztendlich ist.«
Dr. Morris winkte ab. »Ach, lassen Sie das, Mr Conolly. Es kam nie zu einer Verurteilung. Ich habe nie vor einem Richter gestanden, das müssen Sie mir schon glauben. Die Frauen, die gegen mich ausgesagt haben, waren Megären. Unzufriedene Geschöpfe. Ich sage Ihnen, dass auch der beste Chirurg der Welt aus einer Fünfzigjährigen keine Zwanzigjährige machen kann. Das ist einfach nicht drin.«
»Das verstehe ich.«
»Eben, Mr Conolly. Aber das wollten die Frauen nicht wahrhaben.«
Bill stellte Weitere Fragen, die nichts mit seinem eigentlichen Besuchsgrund zu tun hatten. So sprachen sie allgemein über den Jugendwahn, auch über strichdünne Models, über Bulimie und andere Dinge, bis der Reporter sein eigentliches Thema ansteuerte.
»Wie
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