1522 - Teuflische Gespielinnen
nicht daran erinnern, jemals einen derartigen Druck erlebt zu haben.
Er war an der Tür. Er stieß sie auf!
Alma sah es, sie erlebte auch den Luftzug, der sie im Gesicht streifte.
Und dann sah sie ihn! Es war das Gesicht aus dem Spiegel. Nur gehörte jetzt zu ihm noch ein Körper…
***
In Augenblicken wie diesen hatte sie das Gefühl, nicht mehr vorhanden zu sein oder wünschte es sich zumindest. Aber sie stand noch immer neben dem Tisch und fühlte sich wie eingefroren. Da die Lampe nicht weit von der Tür ihren Platz gefunden hatte, war die Gestalt gut zu erkennen, da der Restschein des Lichts sie erreichte.
Alma hatte im Spiegel ein gelbliches Gesicht gesehen. Eine dermaßen intensive Farbe sah sie hier nicht. Die Haut sah eher aus wie kaltes Rinderfett. Sie war auch fleckig, und man konnte das Gesicht mit einem einzigen Wort beschreiben: widerlich.
Von dem Körper sah sie nicht viel, denn ein langer, nach unten hin weit werdender schwarzer Mantel verdeckte ihn. So fielen ihr nur die dunklen Schuhe auf, die halb unter dem Saum hervorschauten.
Wäre dieser Eindringling anders gekleidet gewesen, sie wäre auch enttäuscht gewesen. Das Schwarze, das Abweisende passte einfach zu ihm. Es sollte das Böse dokumentieren.
Alma brachte nicht ein Wort hervor, und der Eindringling sprach auch nicht. Stumm schob er die Tür weiter auf, damit er den Raum völlig normal betreten konnte. Aus den Ärmellöchern schauten die Hände mit Fingern hervor, die sehr lang waren und zudem noch kräftig aussahen.
Sie wollte nicht, dass sie sich um ihren Hals legten und zudrückten.
Dieser Unhold sah aus wie der perfekte Würger.
Ihre Angst verschwand nicht. Sie hatte sich regelrecht in ihr festgefressen und war wie ein böses Tier, das nicht verschwinden wollte.
Noch hatte er kein Wort gesprochen, doch das würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
»Bitte, ich-ich…«
Er wollte nicht, dass Alma sprach. »Pssst!«, machte er und legte einen Finger auf seine Lippen.
»Ja, schon gut. Ich halte den Mund. Aber ich frage Sie, ich meine, warum sind Sie gekommen?«
»Ich will dich!«
»Aber ich…«
»Du bist zu neugierig.«
Klar, das hatte ja so kommen müssen. Irgendwann musste ihre Spannerei auffallen, und sie ärgerte sich darüber. Dabei hatte sie versucht, vorsichtig zu sein, was ihr letztendlich nicht gelungen war. Jetzt musste sie dafür die Zeche zahlen.
Trotz der Bedrängnis ging ihr nicht aus dem Kopf, auf welch eine Weise sie die Gestalt zum ersten Mal gesehen hatte. Das hässliche Gesicht in einer dunklen Spiegelfläche, das sie jetzt in natura vor sich sah. Sie schüttelte sich innerlich. Sie wollte weg, aber sie schaffte es nicht, sich zu bewegen.
»Wer sind Sie?«
Der Mann lachte. Es klang sehr rau und kratzig.
»Ich bin ein besonderes Wesen. Die einen nennen mich Teufel, die anderen Satan. Du kannst es dir aussuchen.«
»Das stimmt nicht.«
»Zweifelst du an mir?«
»Den Teufel gibt es nicht.«
»Tatsächlich?«
»Nicht so wie du, verflucht noch mal. Nein, das kann ich nicht glauben.«
Sie schrie plötzlich los. »Du bist ein Hundesohn, ein menschliches Schwein, aber du bist nicht der Teufel, verdammt noch mal. Du willst mir nur Angst einjagen. Was habe ich denn getan? Ein bisschen zugeschaut. Gönnst du das einer alten Frau nicht? Darf man das nicht? Kann man nicht seinen eigenen Träumen nachgehen? Ich finde es einfach zum Kotzen.«
»Du bist mutig, Frau.«
»Ja, das bin ich auch.«
»Aber ich werde dir den Mut schon nehmen, darauf kannst du dich verlassen. Ich will nicht, dass man die Frauen beobachtet, zumindest nicht von dir.«
»Gut, gut, ich verspreche dir, dass ich es nicht noch mal tun werde. Ist das okay für dich?«
»Nein!«
Diese klare Antwort schockte Alma schon. »Was willst du dann?«, flüsterte sie.
»Dich.«
»Und weiter?«
»Deine Bestrafung.«
Hatte Alma Sorvino ihre Angst bisher durch eine gewisse Forschheit überspielen können, so war das jetzt vorbei. Sie fühlte sich in einen ähnlichen Zustand versetzt wie vor der Begegnung. Nur ahnte sie jetzt, dass es schlimm kommen würde.
»Bitte, ich…«
»Du brauchst nicht zu flehen. Du brauchst auch nicht zu hoffen. Ich habe mich entschieden.«
»Und wofür?«
»Ich werde es dir zeigen«, erwiderte er mit ruhiger Stimme. Er fügte nichts mehr hinzu und handelte.
Ein langer und ein kurzer Schritt brachten ihn bis an die Frau heran. Und da griff er mit seinen langen und starken Fingern zu. Sie krallten sich in
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