1524 - Schreckens-Zoo
dicht und warf seine Schatten über das flache Gelände, denn er selbst breitete sich auf einer Anhöhe aus.
Noch sahen sie kein Haus, das zur Vogelwarte gehörte. Es gab auch keinen Wegweiser mehr. Sie hatten immer mehr den Eindruck, in eine tiefe Einsamkeit zu fahren.
»Ich könnte es vielleicht mal mit einem kleinen Rundflug versuchen«, schlug Carlotta vor.
»Untersteh dich!«
»Warum nicht? Ein Blick von oben würde uns viel helfen.«
»Du bleibst bei mir.«
»Okay, okay.«
Sie holperten weiter über die Unebenheiten des Untergrunds, doch es dauerte nicht lange, da rissen beide die Augen auf. Etwas abseits von der Strecke und zum Wald hin stand ein schwarzes, recht großes Auto.
»Was ist das denn?«, flüsterte Carlotta. »Was hat der Wagen hier zu suchen?«
»Es muss der Wagen sein, von dem mir das Mädchen im Dorf erzählt hat«, erklärte die Tierärztin.
»Dann sind die Besucher noch da.«
»Kann sein.«
»Und jetzt?«
»Ich denke, dass ich mir den Wagen mal aus der Nähe anschaue. Bleib du hier.«
»Immer ich.«
»Ja, es ist besser so.« Maxine duldete keine Widerrede.
Sehr wohl war ihr nicht, als sie die Tür öffnete und das Fahrzeug verließ.
Sie trat ins hohe Gras und spürte unter ihren Füßen die Weichheit des Bodens.
Es sah alles so friedlich aus. Das stellte sie mit einem Blick fest. Nichts deutete auf eine Gefahr hin, aber Maxine Wells war trotzdem misstrauisch. Sie konzentrierte sich nicht nur auf das Fahrzeug, sondern auch auf die Umgebung.
Nichts störte sie. Es gab keinen großen Vogel, der über ihr seine Kreise gezogen hätte. Der warme Wind streichelte ihr Gesicht. Das Gras roch nach Sommer.
Neben dem Auto hielt sie an. Es war ein großer Mercedes der Luxusklasse. Allerdings eine Limousine und kein Geländewagen, der besser hierher gepasst hätte.
Da die Scheiben verdunkelt waren, fiel es ihr nicht leicht, im Innern etwas zu erkennen. Mehr aus Zufall zog sie am Griff der Beifahrertür und zerrte sie auf.
»Nicht abgeschlossen…«, flüsterte sie und beugte sich in den Mercedes hinein.
Sie war darauf eingestellt gewesen, etwas Schlimmes zu sehen, doch das bestätigte sich nicht. Das Fahrzeug war leer. Nur etwas fiel ihr auf.
Es war ein Geruch, der nicht in diese Gegend passte. In ihre Nase stieg ein fremdes Aroma. Sie dachte dabei an Gewürze, die weniger hier verwendet wurden als im Orient.
So gelangte sie zu dem Schluss, dass die Besucher Fremde sein mussten. Das hatte man ihr auch in Newtyle gesagt. Sie waren am vergangenen Tag eingetroffen.
Maxine empfand es als komisch, dass der Wagen noch immer hier stand. Eigentlich hätten die Fremden das Gelände längst wieder verlassen haben müssen.
Als ihr dieser Gedanke kam, verspürte sie ein ungutes Gefühl. In ihrem Hals saß plötzlich ein Kloß, und sie merkte, dass ihre linke Hand zu zittern begonnen hatte. Das Gefühl, in einer Falle zu stecken, verdichtete sich immer mehr.
Langsam ging sie wieder zu ihrem Geländewagen zurück.
Ihr Blick war zur Seite gerichtet, wo die Vogelwarte liegen musste. Sie musste noch ein ganzes Stück entfernt sein, denn bisher hatte sie noch nichts von ihr gesehen. Kein Haus, kein umzäuntes Gelände und auch keine Vögel, die auf Angriff programmiert waren.
Carlotta öffnete die Tür und winkte die Tierärztin zu sich heran.
»Was ist denn?«, fragte Maxine.
»Da vorn kommt jemand.«
»Wo?«
Carlotta deutete an der Kühlerhaube vorbei. Dort wuchsen einige Sträucher, die ihnen einen Teil der Sicht nahmen. Sekunden später jedoch sah Maxine, dass sich ihr Schützling nicht geirrt hatte.
Dort bewegte sich tatsächlich ein Mann in ihre Richtung. Er ging nicht normal. Er schwankte bei jedem Schritt und hielt die Arme ausgebreitet, um das Gleichgewicht zu bewahren.
Maxine stieg nicht mehr ein. Sie stand vor der offenen Beifahrertür und schaute nur in die eine Richtung.
»Was meinst du?«, fragte Carlotta.
Maxine hob die Schultern. »Ich weiß nicht. Normal sieht mir das jedenfalls nicht aus.«
»Genau.«
»Er scheint verletzt zu sein.«
»Und er muss jemand von den vier Typen sein, die im Mercedes gesessen haben. Ich erkenne ihn jetzt ziemlich gut. Es ist kein Europäer.«
»Wir werden mit ihm reden«, sagte Maxine.
»Gut.«
»Aber du bleibst im Wagen.«
»Keine Angst, Max.«
Der Ankömmling schien den Geländewagen nicht gesehen zu haben. Er bewegte sich schnurstracks auf den Mercedes zu, und sein Gang wurde nicht besser. Er schwankte wie ein Betrunkener, doch das
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